Zwei Zylinder weniger als der Vorgänger Huracan, dafür einen Hybrid-Antrieb mit knapp 270 Kilogramm Mehrgewicht. Der Lamborghini Temerario hatte bei seiner Präsentation nicht nur Fans. Die „Krone“ durfte den „Baby-Lambo“ rund um das Werk in Sant‘Agata Bolognese testen. Eines haben wir dabei tatsächlich vermisst.
„Mutig“ und „tollkühn“ bedeutet der Name des jüngsten Kampfstieres. Während die Front eine Weiterentwicklung des Huracan ist, so wurde das Hinterteil mutig gestaltet: Wie beim großen Bruder Revuelto sitzen die Auspuffenden zwischen den Heckleuchten, die breiten Hinterreifen schauen bei der Heckansicht lasziv wie beim legendären Countach hervor. Gleichzeitig bietet der Temerario hinten 103 Prozent mehr Abtrieb als der Vorgänger. Bleibt die Qual der Wahl bei den Farben: 400 (!) Karosseriefarben und Sonderlackierungen werden angeboten.
Der V8 wurde völlig neu entwickelt
Mut ist auch gefragt, wenn man dem Bestseller Huracan mit seinem V10-Sauger einen würdigen Nachfolger hinstellen muss. Und gleichzeitig dem Zeitgeist mit Elektrifizierung entsprechen soll. Lamborghini hat es sich nicht leicht gemacht: Man entwickelte einen völlig neuen V8-Biturbo mit Hochdrehzahl-Konzept. Der dreht bis 10.000 Touren, liefert allein schon 800 PS und 730 Nm.
Dazu gesellen sich drei E-Motoren - einer zwischen dem Verbrenner und dem neuen Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe (der Huracan hatte noch sieben Stufen), je einer an den beiden Vorderrädern. Jeweils 150 PS stark, ergibt in Summe mit dem V8-Aggregat gewaltige 920 PS.
Wir liften also die rote Klappe über dem Startknopf, drücken – und lauschen: Stille. Kein Donnergrollen, keine Nachbarn am Fenster, verdutzte italienische Kinder am Straßenrand. Hier geht es elektrisch los. Mit dem 3,8-kWh-Akku kann man einige Kilometer weit surren, geladen kann er mit 7 kW am Steckerbinnen 30 Minuten. Oder währender der Fahrt über Rekuperation bzw. über den V8 in nur sechs Minuten.
Drei E-Motoren mit 2150 Nm Drehmoment
Der eigentliche Sinn des E-Antriebs ist aber ein anderer: Voller Schub aus dem Stand, gewaltige 2150 Nm der drei E-Motoren stopfen jedes mögliche Turboloch, die 21 Zoll großen 325er an der Hinterachse winseln mit den 20 Zoll großen 255ern vorne im Gleichklang um Gnade. In 2,7 Sekunden ist der Hunderter geknackt, die Spitze von 343 km/h müssen wir glauben, hier auf den italienischen Straßen rund um Bologna.
13 Fahrmodi, davon drei fürs Driften
Das neue 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe ist blitzschnell, wählt man einen der sportlicheren der 13 (!) Fahrmodi – drei davon sind allein dem Driften gewidmet – knallt es die Gänge nach einem Zupfer an der Schaltwippe hinter dem Lenkrad mit spürbarer Vehemenz hinein.
Das Schalten lässt sich aber etwas hinauszögern: Weil der V8 bis 10.000 dreht. Das war früher Rennmotoren vorbehalten. Unglaublich. Und doch fehlt etwas: Beim Motorsound kommt der Temerario an das V10-Orchester des Huracan nicht heran. Ein Detail, das vielleicht nur Nostalgikern auffällt.
Über eine Viertel Tonne mehr
Und das höhere Gewicht gegenüber dem Vorgänger? Lamborghini gibt ein „Trockengewicht“ von 1690 kg an, das sind knapp 270 kg, mehr als beim Allrad-Huracan. Zumindest auf öffentlichen Straßen ist der Unterschied nicht zu merken. Auch nicht auf der Bremse, die 410 bzw. 390 mm großen Carbon-Keramik-Stopper füllen die Felgen fast vollständig aus und ankern brachial. Die Lenkung ist um die Mittellage spitz, reagiert also auf den geringsten Befehl, ist danach überraschend leichtgängig, aber gleichzeitig exakt wie eine Zeichnung von Leonardo da Vinci.
Auf dem Lenkrad selbst wurden so gut wie alle Schalter platziert. Von Fahrmodi-Drehreglern und -Knöpfen bis hin zu den Blinkern. Der Rest wird über ein 8,4-Zoll-Infotainment getoucht, der Beifahrer erfährt auf einem eigenen 9,1-Zoll-Bildschirm alle Fahrdaten. Der Fahrer erblickt diese auf einem 12,3-Zoll-Kombiinstrument.
Extra-Kohle für mehr Kohlefaser
Weil der Temerario mit 4,7 Metern Länge den Vorgänger um 15 cm überragt, versprach Lamborghini im Innenraum auch mehr Platz, so soll ein Zwei-Meter-Mensch auch mit Helm Platz finden. Das gilt wohl für alljene, die das „Alleggerita-Paket“ – erstmals von Beginn an bestellbar – ordern: Dank Carbon-Schalensitzen sitzt man dann etwas tiefer, Splitter, Unterbau, Seitenschweller, hintere Motorhaube, Türverkleidungen und die Felgen sind aus Carbon, das spart rund 25 Kilogramm.
Sparen ist auch angesichts des Preises angesagt: Bei 404.000 Euro geht’s los. Für den Baby-Lambo, wohlgemerkt. Mut kann man also auch kaufen. Nur leider nicht jeder.
Fahrzit
Unheimlich schnell, gleichzeitig leicht beherrschbar. Mit dem Hochdrehzahl-V8 auf seine Weise spektakulär. Auch wenn der Motorsound nicht an den Vorgänger herankommt.
Warum?
Drehzahl-Spitze von 10.000 Touren
Verrückt schnell, aber leicht beherrschbar
Warum nicht?
Der V8-Sound kann das V10-Orchester des Vorgängers nicht ersetzen
Einstiegshürde liegt bei 404.000 Euro
Oder vielleicht ...
... Ferrari 296 GTB
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