Elektro-Pläne gekippt

Statt Strom: Diese Marken bleiben beim Verbrenner!

Motor
22.10.2025 10:00

Totgesagte leben länger – und der Verbrennungsmotor offenbar am längsten. Während Europas Politiker schon den Countdown zur Elektropflicht gezählt haben, rudern die Autohersteller still, aber deutlich zurück. Noch bevor das Verbrenner-Aus verschoben wurde.

Die E-Revolution ist ins Stocken geraten, die Verkaufszahlen stagnieren – und plötzlich klingt das Brummen eines Achtzylinders wieder wie Zukunftsmusik. Okay, einigen wir uns auf vier Zylinder. Oder vielleicht sechs.

Vom Stromschock zum Strategiewechsel
Noch vor zwei Jahren wollte halb Europa elektrisch fahren, die andere Hälfte musste es bald ohnehin. Doch jetzt zeigt sich: So einfach ist der Abschied vom Auspuff nicht. Strompreise steigen, Ladezeiten nerven, Batterierohstoffe werden teurer, und das Käuferinteresse lässt nach. Für viele Hersteller ist klar: Das war’s mit der Vollelektrik um jeden Preis.

Allein bei Porsche nimmt man Milliarden in die Hand, um die ehrgeizigen Elektro-Pläne über den ...
Allein bei Porsche nimmt man Milliarden in die Hand, um die ehrgeizigen Elektro-Pläne über den Haufen zu werfen.(Bild: APA/dpa/Marijan Murat)

Volkswagen macht den Anfang. Während die ID-Modelle in den Werken von Emden bis Zwickau im Lager stehen, verkauft sich der Golf – ganz klassisch mit Benzinmotor – so gut, dass in Wolfsburg wieder Sonderschichten gefahren werden. Markenchef Thomas Schäfer spricht inzwischen lieber von „Technologieoffenheit“ als vom E-Dogma. Auch Audi soll den Elektroplan entschärfen, Porsche und Bentley sowieso.

Porsche: Strom ja – aber nicht nur
Porsche wollte eigentlich schon 2030 zu 80 Prozent Elektroautos verkaufen. Jüngst haben die Zuffenhausener aber ihre Elektro-Strategie komplett über den Haufen geworfen – und rechnen mit Mehrkosten von mehreren Milliarden Euro. Die künftigen 718-Modelle (Boxster und Cayman) sollen nicht nur elektrisch angetrieben werden, sondern auch mit Verbrennungsmotor. Außerdem wird die bisher vollelektrisch vorgesehene SUV-Baureihe oberhalb des Cayenne vorerst nur als Verbrenner und Plug-in-Hybrid angeboten. Aktuelle Modelle wie der Panamera und der Cayenne bis weit in die 2030er-Jahre mit Verbrennungsmotor erhältlich sein. Und obendrein verschiebt Porsche die Entwicklung einer neuen Plattform für E-Autos für die 2030er-Jahre nach hinten. Dazu kommt, dass neben dem Elektro-Macan auch noch ein Verbrenner-SUV-eingeführt wird.

Der Porsche 718 wird in der kommenden Generation elektrisch angetrieben – aber nicht nur.
Der Porsche 718 wird in der kommenden Generation elektrisch angetrieben – aber nicht nur.(Bild: Porsche)

Auch bei Bentley, der Luxus-Schwester im VW-Konzern, ist der Plan eines reinen E-Portfolios vorerst Geschichte. Statt 2030 kommt der Stromer-Pflichttermin frühestens 2035 – bis dahin surrt, brummt und röhrt es weiter. Der noble Bentayga etwa soll künftig parallel als Hybrid, E-Modell und Verbrenner laufen. Begründung: „Unsere Kunden wollen entscheiden, womit sie fahren.“ Verständlich – wer 300.000 Euro für ein Auto bezahlt, möchte sich nicht mit Reichweitenrechnern quälen.

Bentleys Visionen haben einen Dämpfer bekommen.
Bentleys Visionen haben einen Dämpfer bekommen.(Bild: Bentley)

Stellantis: Von der Stromfront zurück ins Lager
Auch im Multi-Konzern Stellantis, zu dem Marken wie Fiat, Peugeot, Opel, Jeep und Alfa Romeo gehören, ist das große Zurückrudern in vollem Gange. Alfa wollte schon 2027 rein elektrisch fahren – der Plan wurde kassiert. In den USA verkauft sich der klassische Dodge Charger besser als sein Elektro-Nachfolger, also wird jetzt wieder Benzin nachgegossen.

Selbst Fiat, jahrelang mit dem elektrischen 500er als Symbol der urbanen E-Zukunft, nimmt Tempo raus. „Strategisch pragmatisch“ heißt das im Pressedeutsch. Übersetzt: Strom bleibt, aber der Sprit kommt zurück.

Volvo, Honda & Co: Strom ist gut – Sprit auch
Bei Volvo, lange Vorreiter der sauberen Mobilität, läuft es ähnlich. Der Plan, ab 2030 ausschließlich Elektroautos zu verkaufen, wurde gekippt. Neue Modelle mit Benzinmotor kommen, und zwar nicht als Auslaufware, sondern mit voller Produktionspower.

Volvo will länger als erwartet Verbrenner anbieten.
Volvo will länger als erwartet Verbrenner anbieten.(Bild: Volvo)

Auch Honda macht wieder mehr auf Hybrid. Der rein elektrische Acura für die USA wurde gestrichen, und der große Fokus liegt nun auf Verbrennern mit E-Unterstützung. Für eine Marke, die einst den Umweltengel spielte, ein bemerkenswerter Rückschritt – oder eben Realismus.

Auch Ford rudert zurück
Ford, einst einer der lautesten Befürworter der reinen Elektrozukunft, hat inzwischen spürbar den Gang herausgenommen. Der US-Konzern verschiebt mehrere E-Modelle, kürzt Investitionen und setzt wieder stärker auf Hybride – eine Art technologische Rückversicherung. In Europa prüft Ford sogar, Verbrenner und Teilzeitstromer über 2030 hinaus im Programm zu behalten, obwohl ursprünglich der Komplettausstieg aus dem Benzinzeitalter geplant war. Offizielle Begründung: Die Nachfrage nach Elektroautos entwickle sich langsamer als erwartet. Dahinter aber auch ein nüchterner betriebswirtschaftlicher Befund – reine Stromer werfen bislang zu wenig Rendite ab.

Warum alle plötzlich wieder Benzin riechen
Dafür gibt es viele Gründe – und keinen kleinen. In Europa bröckeln die staatlichen Förderungen, die Ladeinfrastruktur hinkt, und Kunden zögern angesichts hoher Preise und niedriger Restwerte. In China überrollt heimische Konkurrenz die westlichen Marken mit Billig-E-Autos, in den USA drohen Zölle auf ausländische Stromer.

Hinzu kommen gigantische Investitionskosten: Für jeden neuen E-Baukasten fließen Milliarden in Batteriefabriken und Softwarezentren, während die Gewinne schrumpfen. Viele Hersteller wollen daher beides: Strom für die Politik – und Sprit für die Bilanz.

Selbst die EU hat das Ohr am Auspuff: Ab 2035 gilt zwar das Verbrenner-Aus, doch Ausnahmen für E-Fuels sind längst beschlossen. Hersteller wittern ihre Chance. „Technologieoffenheit“ heißt das Zauberwort, das inzwischen fast so beliebt ist wie „Nachhaltigkeit“.

Der Verbrenner – tot, lebendig, unsterblich
So wird die Zukunft des Autos nicht schwarz oder weiß, sondern grau – metallic, versteht sich. Die Branche sucht den Mittelweg: Benziner mit E-Boost, Diesel mit E-Kraftstoff, Hybride mit Plug, alles bitte ohne Reichweitenangst.

Das große Ziel bleibt die CO₂-Neutralität, aber der Weg dorthin wird deutlich kurviger. Wer genau hinhört, merkt es schon jetzt: Die Industrie knurrt wieder – und das ganz ohne schlechtes Gewissen.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

KMM
Kostenlose Spiele
Vorteilswelt