In Athen sind Akropolis, antike Kunstschätze, Plaka-Viertel und junges Nachtleben Pflicht – aber auch ein Besuch im großartigen neuen Opernhaus gehört längst auf die To-do-Liste.
Schon in der Antike kam beim Theaterspiel Musik zum Einsatz. Das wusste man auch im Italien des 17. Jahrhunderts, als man versuchte, dem antiken Theater wieder Leben einzuhauchen. Doch die Humanisten meinten es etwas zu gut mit der Musik, und heraus kam das, was wir heute als Oper verstehen. Was läge also näher, als dass Athen, wo die Antike allgegenwärtig ist, die Akropolis majestätisch über die Stadt wacht, auch eine große Operntradition hat.
Doch erst 1939 wurde die Griechische Nationaloper (GNO) institutionalisiert und als Teil des Nationaltheaters installiert.
Ein Beginn mit Strauss und Wiener Know-how
Ausgerechnet „Die Fledermaus“ von Strauss stand als erstes Werk auf dem Programm. Federführend mit dabei waren zwei Wiener: der Dirigent Walter Pfeffer und der Regisseur Renato Mordo. Pfeffer hatte davor bereits mit der Wiener Volksoper in Athen gastiert. Nach dem Anschluss musste er als Jude fliehen und wurde in Athen prägender Dirigent der frühen GNO-Jahre. Unter ihm absolvierte eine gewisse Maria Callas ihren ersten professionellen Bühnenauftritt – in Suppès „Boccaccio“. 1958 weihte man dann das neue Olympia-Theater mit „Aida“ ein und baute eifrig Repertoire auf.
Höhepunkte waren immer auch Freiluft-Produktionen und Gastspiele in den antiken Theatern, vor allem im Herodes Atticus am Fuß der Akropolis, das nach einer imposanten „Turandot“ im letzten Sommer derzeit allerdings wegen Sanierung geschlossen ist. Immer wieder wurde auch im zwei Autostunden entfernten Epidauros Oper gespielt. Legendär sind die Auftritte von Maria Callas, 1960 als Bellinis Norma, 1961 als Medea von Luigi Cherubini.
Das Jahr 2017 markiert einen historischen Moment für die GNO: Man übersiedelte in ein neues Haus im Stavros-Niarchos-Kulturzentrum. Ein großartiges Stück Baukunst, das der berühmte italienische Architekt Renzo Piano federführend geplant hat.
Gelungen ist ein Gebäude, dessen gewaltige Dimensionen man erst begreift, wenn man auf seiner Spitze steht. Renzo Piano hat eine sanft ansteigende Rampe entworfen, deren Dach ein herrlicher Park ist, der viereinhalb Kilometer südlich des Zentrums, in Kallithea, aus der Stadt herauszuwachsen scheint. Am Ende schwebt ein riesiges Flugdach über einer Terrasse, von der man einen prachtvollen Blick aufs nahe Meer hat.
Darunter befinden sich in luzider Glas- und Stahlarchitektur die neue Nationalbibliothek und die Oper. Mit ihrem Stavros-Niarchos-Saal für 1400 Besucher, einem kleinen für 450 und Akustik nach neuesten Maßstäben glänzt sie als hochmodernes Haus. Verbunden sind Bibliothek und GNO durch eine Plaza mit Café, beliebt und fröhlich belebt, wie der Lokalaugenschein im Juni zeigte.
Opernhaus als eigener Stromproduzent Kallithea ist eine der Städte im Athener Großraum Attika mit seinen vier Millionen Einwohnern. Der Name bedeutet „gute Aussicht“. Doch den Blick aufs Meer versperrt eine Stadtautobahn. Renzo Piano hat daher das Meer zum ökologisch alle Stückerln spielenden Kulturzentrum geholt: Ein riesiges Seewasserbecken sorgt davor für Kühlung, so wie die 17.000 m2 Dachbegrünung, und Solarpaneele erzeugen ein Viertel des Energiebedarfs des Zentrums.
660 Millionen Euro hat der stolze – 2012, mitten in der Finanzkrise begonnene – Bau gekostet. Finanziert hat ihn die Stiftung von Stavros Niarchos, dem 1996 verstorbenen Reeder und Onassis-Konkurrenten. 2017 wurden Oper und Nationalbibliothek dem griechischen Staat geschenkt.
Die Stiftung unterstützt auch weiterhin die GNO in ihrem Bemühen, auf die internationale Opernlandkarte zu kommen. Dass der Kurs stimmt, zeigt etwa, dass die renommierten International Opera Awards in diesem Jahr in Athen verliehen werden. Längst kooperiert man mit potenten internationalen Partnern. So demnächst bei Ponchiellis „La Gioconda“ mit Salzburgs Osterfestspielen und Londons Covent Garden. Auf dem Besetzungszettel stehen Namen wie Anna Pirozzi, Arsen Soghomonyan oder Anita Rachvelishvili.
Callas-Hommage: „Medea“ in Epidauro Im April zeigt man in Zusammenarbeit mit der bekannten französischen Bru-Zane-Stiftung Bizets „Carmen“ in der Uraufführungsfassung mit Stars wie Gaëlle Arquez und Charles Castronovo.
Auch der griechisch-russische Superstar Teodor Currentzis kommt: Er dirigiert das „Requiem for the End of Love“, komponiert von Giorgos Koumendakis, dem hochgeschätzten GNO-Direktor. Ein absoluter Höhepunkt folgt dann im Juni. Die auch in Wien gefeierte Anna Pirozzi wandelt auf den Spuren von Maria Callas. Sie singt die Medea im antiken Theater von Epidauros. 65 Jahre nach der legendären Aufführung wagt man eine Annäherung an die originale Inszenierung und Ausstattung – eine Hommage an Griechenlands bis heute glühend verehrte Diva assoluta.
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