In Schönbrunn am Start

Olympiasieger: „Am Ende braucht man viel Geduld“

Sport-Mix
29.09.2025 11:21

Christian Kukuk (35) ist einer der aktuell erfolgreichsten Springreiter der Welt. In Paris gewann er im olympischen Einzelbewerb die Goldmedaille, ritt erfolgreich bei Weltcup-Turnieren und eben auch bei der prestigeträchtigen Longines Global Champions Tour, die aktuell in Wien Station macht. Die „Krone“ traf den sonst eher zurückhaltenden Reiter vor dem Schloss Schönbrunn zum Interview. 

Mit 35 Jahren ist Christian Kukuk an der Weltspitze des Reitsports angekommen. Während die meisten seiner Konkurrenten bereits als Kinder im Sattel saßen, hat der gebürtige Warendorfer tatsächlich aber erst einmal Fußball gespielt. 

Erst als Teenager begann sich Kukuk für den Reitsport zu interessieren, hauptsächlich, weil er seinen Vater auf Turniere begleitete. 2012 heuerte er bei Springreit-Legende Ludger Beerbaum an, was danach folgte, war eine steile, wenn auch nicht immer einfache Karriere.

Nach 13 Jahren trennten sich die beruflichen Wege von Christian Kukuk und seinem bisherigen Chef, Kukuk machte sich selbstständig. Für das hochkarätige Springturnier der Longines Global Champions Tour reiste der Deutsche mit seinen Top-Pferden an. Sein erster Besuch in der Kaiserstadt Wien – und der weckt dennoch Erinnerungen. 

„Krone“: Christian, was ist das für ein Gefühl, vor so einer Kulisse zu reiten?
Christian Kukuk: Es kommen Erinnerungen an letztes Jahr in Paris auf. Das war ja auch vor dem Schloss in Versailles, jetzt sind wir hier vor dem Schloss Schönbrunn. Ich war unheimlich gespannt auf Wien, es ist mein erster Besuch hier. Ich hatte davor schon einiges über Wien gehört und über die Location hier. Aber alle unsere Vorstellungen und Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Ich bin hier hingekommen und hab nur gedacht „Wow!“. Das ist definitiv eine der atemberaubendsten Kulissen, die wir in der Longines Global Champions Tour haben, finde ich. 

Wie erlebst du das Wiener Publikum?
Es ist eine unheimlich tolle Atmosphäre, man hat das Gefühl, die Leute freuen sich, dass wir hier sind. Es ist jeden Tag ausverkauft, die Stimmung ist toll. Das ist für uns Reiter auch immer das Schönste, wenn wir die Emotionen mit den Menschen teilen können, und das passiert hier definitiv. Deswegen finde ich, ist es eine perfekte Veranstaltung. 

Christian Kukuk war mit zwei Pferden in Wien am Start.
Christian Kukuk war mit zwei Pferden in Wien am Start.(Bild: Imre Antal)
Die „Krone“ traf den Olympiasieger von Paris 2024 zum Interview.
Die „Krone“ traf den Olympiasieger von Paris 2024 zum Interview.(Bild: Imre Antal)

Viele Athletinnen und Athleten berichten nach einem Olympiasieg oft von einem Tief, einem Loch, in das sie gefallen sind. Wie hast du das erlebt nach deinem Sieg in Paris 2024?
Ich habe das, Gott sei dank, nicht erlebt, ehrlich gesagt. Ich habe mir relativ schnell nach Paris auch neue Ziele gesteckt, weiter gedacht, wie ich mir die Zukunft vorstelle und nach vorn geschaut. Meiner Meinung nach ist das ganz wichtig, dass man nicht in diesem Erfolg und damit eben in der Vergangenheit hängen bleibt. Natürlich muss man das mitnehmen, das ist ganz klar. Aber mir hat dieser Blick nach vorn auf meine nächsten Ziele geholfen, um eben dieses Tief nicht zu erleben. 

Du bist mit zwei Pferden hier, mit „Chageorge“ und „Checker“, deinem Olympiapferd. Wie bist du bis jetzt zufrieden mit eurer Leistung?
„Chageorge“ hatte ja am Freitagabend schon sein Highlight in der Teamwertung, wo wir den zweiten Platz geholt haben. Ich bin mit der Leistung unglaublich zufrieden, speziell in der zweiten Runde hat er wieder gezeigt, was in ihm steckt. Er ist ja erst zehn Jahre alt und ich führe ihn immer langsam an seine Aufgaben heran, aber er zeigt sich da schon sehr abgeklärt und ich glaube, er ist bald bereit, auch einmal einen Großen Preis zu springen. „Checker“ ist mein routiniertestes Pferd, er hat am Samstag eigentlich nur eine kleine Trainingsrunde gedreht. „Checker“ geht am Sonntagabend im Großen Preis an den Start und ich hoffe, dass wir uns dann von unserer besten Seite zeigen können. 

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Am Ende braucht man sehr viel Geduld, in unserem Sport geschieht nichts über Nacht. Man muss kontinuierlich und hart an sich arbeiten.

Olympiasieger Christian Kukuk über das Erfolgsrezept im Springreiten. 

Du bist seit Kurzem auch Vater einer Tochter – und als Profi-Springreiter viel unterwegs. Wie bekommst du das unter einen Hut?
Das ist tatsächlich nicht so ganz einfach, hier in Wien bin ich alleine. Meine Frau und ich versuchen, nicht jedes Wochenende mit der Kleinen durch die Welt zu reisen, das ist einfach zu anstrengend. Wir suchen uns ein paar Turniere aus, wo die beiden mich begleiten, da freue ich mich auch immer total. Ansonsten muss ich leider auch damit zurechtkommen, dass ich gelegentlich ein paar Tage getrennt bin von den beiden und die Kleine nicht sehe. Aber das gehört zu unserem Job dazu, das war mir vorher auch klar. Gott sei Dank hab ich eine tolle Ehefrau, die voll hinter mir steht und mich unterstützt. Ich bekomme dann regelmäßig Videos und Fotos, so bin ich auf diese Art und Weise auch dabei.  

Du hast vor deiner Karriere als Profi-Reiter viele Jahre Fußball gespielt, wie ist es, von einem Mannschaftssport kommend, nun plötzlich mit dem Pferd auf sich alleine gestellt zu sein?
So kann man das nicht sagen. Natürlich – im Parcours selbst bin ich mit dem Pferd alleine. Aber grundsätzlich ist das Reiten eigentlich ein Teamsport. Es gibt ein ganzes Team drumherum, ohne das nichts geht. Da gehört die Pflegerin dazu, da gehört das Team zuhause mit dazu, welches sich um die Pferde kümmert. Und natürlich sind wir meistens mit mehreren Pferden unterwegs, auch das gehört dazu. Kurz gesagt: Am Ende ist man immer nur so gut wie das Team um einen herum, das ist enorm wichtig. Somit ist der Unterschied zu einem Mannschaftssport wie Fußball gar nicht mehr so groß. 

Seit Kurzem bist du beruflich selbstständig, warst davor im Stall von Ludger Beerbaum. In den meisten Fällen gehören die Top-Pferde finanzstarken Sponsoren, die den Profi-Reitern die Pferde zur Verfügung stellen. Wie schwierig ist es, deine Spitzenpferde zu halten, auch wenn vielleicht Kaufangebote vorliegen? 
Das ist tatsächlich einer der größten Kraftakte, die ich zu bewältigen habe. Es ist nicht einfach, Pferde zu finden, die auf diesem sportlichen Level mitmachen können und dann auch Leute zu finden, die dazu bereit sind, mich zu unterstützen. Ich selbst kann mir diese Pferde nicht leisten und bin auf die Sponsoren und Unterstützer angewiesen. Da liegt es dann an mir, daran zu arbeiten, das geht auch nicht von heute auf morgen. Das sind Beziehungen, die sich über die Jahre entwickeln, in denen viel gegenseitiges Vertrauen nötig ist. Gott sei Dank habe ich in den letzten Jahren schon einige solche Beziehungen aufbauen können. Deswegen bin ich in der Lage, diese Pferde behalten zu können. Und dafür muss man jeden Tag dankbar sein, ich bin es jedenfalls und werde daran arbeiten, das in den nächsten Jahren auch aufrechtzuerhalten. 

Hier in Wien sind auch sehr viele Nachwuchsreiterinnen und -reiter am Start, was würdest du denen als Tipp mitgeben, wenn sie den Weg in den Profisport beschreiten wollen? Für viele bist du auch ein Vorbild. 
Am Ende braucht man sehr viel Geduld, in unserem Sport geschieht nichts über Nacht. Man muss kontinuierlich und hart an sich arbeiten. Bei der Arbeit mit den Pferden braucht man auch die Ruhe, zu sagen: „Ok, morgen ist ein neuer Tag“, auch wenn etwas schiefläuft. Immer nach vorn blicken. Wenn man das macht, dann hat man die besten Chancen. Wichtig ist, sich selbst Ruhe und Zeit zu geben. Und wenn man dann einmal eine sportliche Chance bekommt, muss man sie auch nutzen. Das liegt an jedem selbst. 

Vielen Dank für das Gespräch und noch viel Erfolg in Wien!
Ich danke euch. 

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