Tiefe Trauer bei den großen islamischen Vereinen in Graz: Sie haben beim Amoklauf im BORG Dreierschützengasse zumindest drei junge Mitglieder verloren. „Möge Gott uns beistehen – für unsere Kinder, unsere Stadt, unser Land und unsere Sicherheit“, heißt es tief bewegt.
„Gestern waren wir alle im Schock“, erzählt Elvedin Omerčević am Mittwochvormittag. Der Obmann des steirischen Vereins der Bosniaken erinnert sich zurück, wie er die schrecklichen Stunden erlebt hat: „Aus den Medien habe ich von dem Amoklauf erfahren. Jede Stunde wurden neue Tote bekannt, dann hat sich herausgestellt, dass eines der Opfer Mitglied in unserem Verein war.“
Die Gemeinschaft ist bestürzt, die Vorstände im engen Austausch mit der betroffenen Familie. „Die Kleine war Mitglied in unserem Tanzverein“, sagt Omerčević. Gerade einmal 15 Jahre alt war sie, als der 21-jährige Ex-Schüler am Dienstag ihr junges Leben auslöschte. Ihr Begräbnis soll in Bosnien stattfinden, zuvor ist ein gemeinsamer Abschied in der Moschee im Stadtteil Puntigam geplant. „Unsere Türen sind offen für alle“, betont der Vereinsobmann. Auch ein weiterer junger Bosnier soll unter den Opfern sein.
Über 400 Menschen bei Trauergebet
Am Tag der Horrortat gab es indes schon einen Gedenkgottesdienst in der Moschee des Islamischen Kulturzentrums Graz. „In tiefer Trauer haben wir gestern Abend unsere Bittgebete dem allmächtigen Gott für die Opfer und Betroffenen des gestrigen Amoklaufs gewidmet“, heißt es auf Instagram. Das Gebet richtete sich an alle Opfer, betont Imam Fikret Fazlić – besonders bestürzt ist man aber über den Verlust zweier Mitglieder der Gemeinschaft, ein Mädchen und ein Bub.
„Über 400 Menschen sind gestern zum Gebet gekommen, vor allem Jugendliche“, sagt Fazlić. Bereits am Dienstagvormittag war er als Seelsorger bei der Askö-Halle gewesen, wo sich die Eltern der Schüler getroffen haben – gemeinsam mit den Vereinen und der Stadt will er nun alle weiteren Schritte organisieren: „Möge Gott uns beistehen – für unsere Kinder, unsere Stadt, unser Land und unsere Sicherheit.“
„In solchen Situationen tun Worte der Hoffnung gut“
Am Dienstagabend fanden auch zwei katholische Gedenkgottesdienste in Graz statt. Im Grazer Dom hat sich unter anderem die gesamte Spitze der Bundesregierung versammelt. Weihbischof Johannes Freitag brachte die Bestürzung, mit der man angesichts der Tragödie in der Grazer Schule konfrontiert ist, zum Ausdruck. „Viele sind fassungslos nach dieser unerträglichen Tat. Tragen wir gemeinsam das Unerträgliche“, forderte er die Anwesenden auf. „In solchen Situationen tut es gut, Worte der Hoffnung zu hören und zu sagen“, gab er den Versammelten mit.
Auch in der Grazer Pfarre St. Vinzenz fand – unter Polizeischutz – ein Gedenkgottesdienst für die Opfer statt. Die Kirche befindet sich nur unweit des Tatorts und im Sprengel des betroffenen Gymnasiums. Er sei noch am Dienstag unmittelbar während des Einsatzes an der benachbarten Schule vorbeigegangen und habe an „die jungen Leute“ gedacht, sagte Pfarrer Bernhard Pesendorfer am Abend in seiner Predigt. „In so einem Moment wird einem bewusst, dass es wenig gibt, worauf man im Leben wirklich bauen kann.“
Lichtermeer am Grazer Hauptplatz
Nach 21 Uhr hatten sich auch noch viele Menschen am Grazer Hauptplatz für ein Lichtermeer versammelt. Sie zündeten Kerzen vor dem Erzherzog-Johann-Brunnen an. Unter den trauernden Menschen waren besonders viele Jugendliche, doch auch Pärchen in Abendkleidung waren zu sehen. Manche umarmten sich und spendeten sich so Trost. Hinter den Trauernden hing die schwarze Flagge am Grazer Rathaus und vereinzelt standen Betreuerinnen und Betreuer vom Kriseninterventionsteam bereit, um bei Bedarf den Menschen beizustehen.
Am Mittwoch drückten auch noch die Ordensgemeinschaften ihre Betroffenheit aus: „Wir stehen fassungslos vor dem, was gestern geschehen ist. Es lässt sich kaum begreifen, was einen Menschen zu einer solch erschütternden Tat treiben kann. Vielleicht war da eine so tiefe Kränkung, eine innere Verletzung, die uns allen verborgen blieb, von der wir nichts wissen und nichts ahnen – und doch war sie offenbar so mächtig, dass sie zu dieser tragischen Eskalation geführt hat“, sagt Korbinian Birnbacher, Vorsitzender der Österreichischen Ordenskonferenz. Stellvertreterin Franziska Madl ergänzt: „Aber als Christinnen und Christen glauben wir an die Liebe Gottes und hoffen auf sein Erbarmen und seinen Trost für alle.“
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