Die am Ostersamstag ausgerufene Waffenruhe in der Ukraine galt von Beginn an als brüchig bzw. gar als PR-Gag. Ursprünglich hätte sie noch bis Sonntagnacht andauern sollen, Russlands Machthaber Wladimir Putin teilte aber bereits mit, dass schon um 21 Uhr offiziell Schluss damit sei. Tatsächlich war es aber schon weit früher vorbei.
Seit Samstagabend warfen sich beide Seiten vor, die – eigentlich vom Kreml ausgerufene und von Kiew skeptisch akzeptierte – Feuerpause über Ostern verletzt zu haben.
Das russische Verteidigungsministerium erklärte am Sonntag gar, die Ukraine habe die Feuerpause „mehr als eintausend Mal gebrochen“ – und dabei auch Zivilisten getötet. Es seien mehr als 900 Drohnenangriffe gezählt worden sowie 444 Angriffe auf russische Stellungen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte hingegen, Russland habe die Angriffe am Sonntag verstärkt. Von Mitternacht bis zum frühen Mittag habe Russland 26 Angriffe gestartet.
„Putin hat nicht die volle Kontrolle“
Selenskyj ließ sich dabei auch zu einer Provokation hinreißen. „Entweder hat Putin nicht die volle Kontrolle über seine Armee oder die Situation zeigt, dass Russland nicht die Absicht hat, einen echten Schritt zur Beendigung des Krieges zu unternehmen und nur Interesse an positiver PR hat“, schrieb der Ukrainer auf X. Die russische Führung täusche die Feuerpause ohnehin nur vor, hatte Selenskyj bereits zuvor in den sozialen Medien behauptet.
„Insgesamt lässt sich am Ostermorgen feststellen, dass die russische Armee versucht, den Eindruck eines Waffenstillstands zu erwecken, während sie in einigen Gebieten weiterhin vereinzelte Vorstoßversuche unternimmt und der Ukraine Verluste zufügt“, so Selenskyj schon am Sonntagmorgen. Kiew werde sich der russischen Aggression in seiner Reaktion „angleichen“.
„Kreml entscheidet über Krieg oder Frieden“
Die von Putin angekündigte Waffenruhe zeige auch, wer schon immer für diesen Krieg verantwortlich sei, betonte Selenskyj. „In dem Moment, in dem Putin eine Reduzierung der Intensität und Brutalität der Angriffe befohlen hat, gingen die Kämpfe und das Töten zurück. Der einzige Grund dieses Kriegs und seiner Verlängerung liegt in Russland.“
Das US-Außenministerium erklärte inzwischen, es würde eine Feuerpausenverlängerung begrüßen. Die USA seien bemüht, eine umfassende und dauerhafte Waffenruhe zu erreichen.
Selenskyj ließ am Sonntagabend mit einem weiteren Vorschlag aufhorchen: Er schlug vor, Angriffe auf zivile Infrastruktur für mindestens 30 Tage auszusetzen. In dieser Zeit sollten Drohnen und Raketen derartige Ziele nicht angreifen. „Wenn Russland einem solchen Schritt nicht zustimmt, wird dies beweisen, dass es nur jene Dinge fortsetzen will, die Menschenleben zerstören und den Krieg verlängern.“
Logistisch nahezu unmöglich
Putin hatte am Samstagnachmittag überraschend eine Feuerpause angekündigt. Das 30-stündige Schweigen der Waffen sollte eigentlich bis Mitternacht am Ostersonntag dauern. Sicherheitsexperten zufolge stellt der plötzliche „Osterfrieden“ Truppen auf beiden Seiten allerdings auch vor große logistische Herausforderungen.
Eine Einstellung sämtlicher Kampfhandlungen erfordert im Normalfall tagelange Vorbereitung. Zum Zeitpunkt des Befehls waren Stellungen bitter umkämpft. Nun können – oder müssen – sich beide Seiten beschuldigen, den Frieden nicht gewahrt zu haben. Der Diplomatie zwischen den beiden Ländern war mit der überraschenden Ankündigung der Waffenruhe von Beginn an also kein großer Dienst erwiesen.
Worum es wirklich geht
„Es geht darum, den USA zu zeigen, dass man doch guten Willens ist und die Schuld den Ukrainern in die Schuhe zu schieben. Es ist so offensichtlich“, erklärte etwa der Militärexperte Carlo Masala auf Bluesky. „Aber es wird funktionieren.“ Putins Ankündigung einer „Oster-Waffenruhe“ und gleichzeitiger Luftalarm in der Ukraine würden alles über Putin sagen, was man wissen muss, schrieb auch Sicherheitsexperte Nico Lange.
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