Enigmatisches Drama

Vanessa Paradis als Löwenmutter in “Café de Flore”

In dem frankokanadischen Film "Café de Flore", einem enigmatischen Drama um Liebe und Trennung, spielt Vanessa Paradis die Mutter eines gehandicapten Kindes. Privat kämpft sie nach der Trennung von Johnny Depp um ein Leben mit ihren Kindern in Frankreich.

Uneitel und nackt bis aufs Herz verkörpert Vanessa Paradis ihre Mutterrolle im Film! Um ihren sinnlichen Schmollmund liegt ein Hauch von Bitternis. Die kecke Zahnlücke, kesses Merkmal von Vanessa Paradis, der französischen Aktrice und Sängerin, blitzt zurzeit nur selten auf. Und wenn sie lächelt, dann nur für ihre Kinder. Die Trauer um eine verlorene Liebe, jener zu Johnny Depp, die 14 Jahre lang zwei verrückte Herzen, Hollywood-Glamour und Savoir-vivre einte, hat Spuren hinterlassen.

Bereits bei den Dreharbeiten zu der frankokanadischen Produktion "Café de Flore", in der Vanessa Paradis eine der Hauptrollen spielt und die nun in unsere Kinos kommt, schien eine nicht zu verleugnende Melancholie von Madame Paradis abzustrahlen – und, obschon absolut passend zu ihrem schwierigen Part, für feine Antennen sehr wohl wahrnehmbar.

Zwei facettenreiche Liebesgeschichten vereint
Zwei Erzählstränge und facettenreiche Liebesgeschichten werden hier raffiniert-verschachtelt miteinander verquickt, die eine in Montreal, die andere im Paris der 1960er-Jahre angesiedelt: Da ist DJ Antoine (Kevin Parent), der seine Jugendliebe, die auch die Mutter seiner Töchter ist, wegen einer Amour fou, enthoben aller Moral und sinnlich lendengesteuert, verlassen hat. Doch der Trennungsschmerz seiner Ex-Frau lässt ihn nicht unberührt.

Und da ist Jacqueline (Vanessa Paradis), die mit ihrem mit dem Down-Syndrom geborenen Sohn Laurent in ärmlichen Verhältnissen an der Seine lebt. Eine harte Prüfung für die junge Mutter, die ihren Buben mit absoluter Hingabe liebt. Als der Junge enge Freundschaft mit einem gleichaltrigen und ebenso gehandicapten Mädchen schließt, tut sie alles dafür, um dieser unbeschwert-kindlichen Nähe Raum zu geben, auch wenn dies bedeutet, dass sich Laurent emotional von ihr, seiner Mutter, löst.

Film voller Emotionen
"Café de Flore" ist ein emotionsgeladener Streifen, der seinen frankophilen Titel zum einen dem gleichnamigen berühmten Pariser Café verdankt, wo schon Sartre und Beauvoir Mußestunden verbrachten, zum anderen war ein ebenso benanntes Musikstück des Komponisten Matthew Herbert akustische Inspiration für den frankokanadischen Regisseur Jean-Marc Vallée, der mit "C.R.A.Z.Y." ein mystisches filmisches Märchen vorlegte und dessen opulentes Historientableau "The Young Victoria" 2010 den Oscar für die aufsehenerregendsten Kostüme erhielt.

Virtuos wechselt Vallée zwischen den Zeitebenen, verflicht Realität und Traum, Schmerz und Glück – und er entlockt Vanessa Paradis, die zuletzt bei uns in "Der Auftragslover" zu sehen war, eine Gefühlspalette, die sie bislang so nie preisgab.

Löwenmutter im Film und im Leben
Karl Lagerfeld, der seit Jahren mit der charismatischen Chanel-Muse, die als Model und Kosmetik-Ambassadrice für das Modehaus arbeitete, befreundet ist, kommentiert das Liebes-K.-o. von Vanessa Paradis und Johnny Depp wie folgt: "Die beiden führten ein Bohemiendasein, das vielleicht nur auf Zeit funktioniert. Zudem hat das Pendeln zwischen L. A. und Frankreich Vanessa total zermürbt. Sie ist Vollblutfranzösin, will ihre Kinder (Lily Rose, 13, und Jack, 10, Anm. d. Red.) in ihrer Heimat aufwachsen sehen!" Er, Johnny Depp, also ein Freiraumverteidiger, Kino-Freibeuter und salopper Fremdflirter, sie der besonnene Familienmensch.

Karl Lagerfeld: "Vanessa wirkt immer so sexy und cool, aber sie ist auch eine Riesenglucke!" Madame Paradis sucht also einen ruhigen Hafen für ihre Kinder, fürchtet sie doch die Versuchungen der US-amerikanischen Unterhaltungskultur, gerade weil Tochter Lily Rose mit ihren süßen 13 ein richtiges Lolita-Gör ist. Eine verführerische Kindfrau so wie einst ihre Mutter, als diese im Alter von kessen 14 das Chanson "Joe le Taxi" hauchte. Im Film spielt Vanessa Paradis eine Löwenmutter. Im wahren Leben hat sie diese Rolle längst verinnerlicht.

"Café de Flore", ab 27. Juli im Kino.