Schulbeginn-Debatte

Salcher: “Wir reißen die Kinder aus dem Tiefschlaf”

Österreich
29.03.2012 18:44
Zwischen 7.30 und acht Uhr Schulbeginn: "Da werden Kinder viel zu früh von Lehrern unterrichtet, die selbst noch müde sind", bringt es Bildungsexperte Andreas Salcher auf den Punkt und meint, dass die "Kinder aus dem Tiefschlaf" gerissen werden. Er fordert: "Der Unterricht soll erst um neun Uhr starten!" Die heimischen Elternvertreter sind dagegen. Wie ein Großteil der Österreicher.

Früher Dienstbeginn, straff festgelegte Pausen, Glocken läuten zu den Ruhezeiten. "Unsere Schulen sind wie Fabriken. Das sieht man schon an der Einteilung der Klassen nach Jahrgängen", erklärt Bildungsexperte Salcher. Er hat wohl gleich zwei Gründe, weshalb er das Thema jetzt wieder aufs Tapet bringt: Erstens reißt die Sommerzeit die heimischen Schüler jetzt noch eine Stunde früher aus ihren Träumen. Und zweitens hat er ein Buch geschrieben.

"Ich habe es nicht gewusst", heißt es, und im Kapitel "Revolution in der Schule" geht es genau um diese bildungspädagogische Bettflucht, der er nichts abgewinnen kann. "Wir reißen die Kinder aus dem Tiefschlaf", erklärt der Autor im "Krone"-Gespräch. In vielen Schulen beginnt der Unterricht bereits um 7.30 Uhr. Andreas Salcher: "Um 5.45 Uhr müssen viele Kinder schon aus dem Bett, wenn man Anreise und Frühstück noch dazurechnet."

Organismus in erster Unterrichtsstunde am Tiefpunkt
Eine Reihe von Hirnforschern geben ihm recht. Kurz erklärt, kommen sie zu folgendem Ergebnis: Im Gegensatz zu Erwachsenen nimmt bei den Kindern die Schlaftiefe morgens zu, ab der Pubertät verschiebt sich der Zeitpunkt der Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin um bis zu zwei Stunden nach hinten. Ausgerechnet dann also, wenn die Glocke zur ersten Unterrichtsstunde läutet, ist der Organismus der Heranwachsenden auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt. Wenn dann noch Mathematik auf dem Lernprogramm steht, herrscht im Kinderhirn oft gähnende Leere.

Salchers Wunschmodell startet mit viel Bewegung
Autor Salcher hat ein Wunschmodell, und das sieht so aus: Neun Uhr Unterrichtsbeginn, wobei zwischen acht und neun Uhr bereits eine Betreuung für jene Kinder zur Verfügung gestellt wird, deren Eltern berufstätig sind. Der Schul-Experte: "Die erste Stunde beginnt mit körperlicher Bewegung. Damit ist man auch geistig aufgewärmt." Eine Stunde länger Unterricht wäre dann nicht mehr nötig.

Begeisterungsstürme hat der Vorschlag dennoch nicht ausgelöst (siehe auch Interviews in der Infobox). Die meisten Eltern sind dagegen – und laut einer krone.at-Umfrage können sich 65,9 Prozent der Teilnehmer kein Neun-Uhr-Modell vorstellen. Und wer sich schon gefragt hat: Salcher selbst ist kein Frühaufsteher.

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