Gabriele Münter (1877-1962): In einer umfangreichen Retrospektive im Leopold Museum kann man das Werk der Expressionistin und Mitbegründerin der Gruppe „Der Blaue Reiter“ entdecken.
Wie so vielen Frauen gönnte ihr die Kunstgeschichte nur eine Randposition. Zu dominant war der Schatten, in dem sie stand. Als Kunstschülerin verliebte sich Gabriele Münter in ihren Lehrer Wassily Kandinsky. Und nach einer jahrelangen Beziehung blieb die deutsche Malerin für viele die „Frau an der Seite von“.
Dabei war es Kandinsky selbst, der nie am Talent Münters zweifelte. Der gegenseitigen künstlerischen Wertschätzung tat auch eine unschöne Trennung keinen Abbruch. „Ich liebte von Anfang an dein Talent, und werde es immer lieben, und ich bin jetzt vielleicht der einzige, der seine Qualitäten versteht“, schrieb er ihr.
Es herrscht ein Gabriele-Münter-Boom
Die Zeiten haben sich zum Glück geändert. „Es herrscht zurzeit ein richtiger Boom“, so Hans-Peter Wipplinger, Direktor des Leopold Museums, „und es ist höchste Zeit, dass wir Gabriele Münter nach Österreich holen.“
Um sie nun allen vorzustellen, die sie bislang nur als „Frau von“ kannten, hat Kurator Ivan Ristić diese erste umfassende Retrospektive in Wien chronologisch aufgebaut. In zwölf thematisch gegliederten Lebensstationen kann man ihrem persönlich und künstlerisch wandelbaren Weg folgen.
Beginnend mit ihren Fotografien, die sie Mitte 20 bei einer USA-Reise machte. Alleine diese wären schon einen Eintrag in die Kunstgeschichte wert - und spiegeln die spätere Malerei Münters wider. Weitere Wegpunkte sind die Begegnung mit Kandinsky, das Finden ihres künstlerischen Ausdrucks - starke Konturen und bunte Farben - im oberbayrischen Murnau, wo sie schließlich Heimat finden sollte.
Ihr Haus wurde zum „sicheren Hafen der Moderne“
Auf die essenzielle Bedeutung der Expressionistin als Mitbegründerin der Gruppe „Der Blaue Reiter“ folgen der Bruch mit Kandinsky im Ersten Weltkrieg, ihre Jahre in Skandinavien und schließlich, zurück in Deutschland, die Entdeckung der Neuen Sachlichkeit.
In der Nazi-Zeit rutschte sie unter dem Radar der „entarteten Kunst“ durch - und brachte in ihrem Keller in Murnau, der zum „sicheren Hafen der Moderne“ wurde, zahlreiche Werke des „Blauen Reiters“ und von Kandinsky durch den Krieg.
Er selbst sagte ihr einmal voraus, „dass spät, aber sicher, die allgemeine Anerkennung kommen werde.“ Wirklich höchste Zeit, dass er recht behält!
Die Ausstellung ist bis 18. Februar 2024 im Leopold Museum zu sehen.
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