Pfingstfestspiele

John Neumeier macht Oper

Kultur
29.05.2023 10:03

John Neumeier macht Oper: Seit jeher übertrifft John Neumeier gängige Erwartungen, indem er sich als Künstler nicht allein auf die Rolle eines Choreografen festlegen lässt. Mit der Premiere von Christoph Willibald Glucks „Orphée et Eurydice“ an der Lyric Opera Chicago übernahm er 2017 erstmals in den USA eine Opernregie in Kombination mit Choreografie sowie Bühnenbild, Kostüm- und Lichtdesign - und ermöglichte so eine ungeahnte Verschränkung der Kunstsparten Ballett und Oper. In seiner Fassung von „Orphée et Eurydice“ - er hat die französische Fassung von 1774 gewählt, in der fast nichts aus der Wiener Version von 1762 fehlt, die aber durch lange Ballett-Szenen bereichert ist - überführt John Neumeier die klassische Opernhandlung in die Ballettwelt der Gegenwart. Seine moderne Adaption des Handlungsgerüsts ist von Glucks Idee inspiriert, menschliche Emotionen intuitiv erfahrbar zu machen: „Wir alle haben Verlusterfahrungen gemacht - auch wenn sie nicht die Dimension des Wahnsinns erreichen, wie sie meiner Ansicht nach in ‘Orphée‘ gezeigt werden.“

Dabei richtet er sich in seiner Bewegungssprache nicht nach der Gluckschen Ästhetik, transformiert auch keine melodischen Linien in körperlichen Ausdruck. Sein Tanzstil greift die Inhalte der Handlung auf, beispielsweise in den ätherisch schwerelosen Paarfiguren des Hades, ist ansonsten aber sehr frei.

Große Moderne in zeitlosem Stil (Bild: Kiran West)
Große Moderne in zeitlosem Stil

Die beiden Hauptpartien übernahmen mit dem Tenor Maxim Mironov und der Sopranistin Andriana Chuchman zwei hervorragende Künstler. Mironov gab einen in der Trauer zunächst verhaltenen Orphée, entfaltete aber stätig das volle Volumen seiner Stimme. Chuchman ist ein toller Sopran, man merkte bei ihrem ersten Einsatz direkt, dass sie die Partie sehr bewusst gestaltet. Und Lucía Martìn-Cartón als L’Amour setzte mit ihrem äußerst geschmeidigen Sopran mühelos dynamische Kontraste. Den Titelfiguren stellte Neumeier Doubles in Gestalt der Tänzer Edvin Revazov und Anna Laudere beeindruckend zur Seite.

Eleganz: Maxim Mironov (Orphée) und Lucía Martìn-Cartón (L’Amour) (Bild: Kiran West)
Eleganz: Maxim Mironov (Orphée) und Lucía Martìn-Cartón (L’Amour)

Die Camerata Salzburg spielte unter Kazuki Yamada lebendig und mit Gespür für die Seelenlage der Figuren.

In einem starken zweiten Akt begeisterte das Corps de Ballet mit Dynamik und Eleganz in langen fließenden Gewändern und dramatisch umrahmten Augen. Auch in den übrigen Szenen setzte Neumeier seine besten Tänzer ein. Eine tänzerisch hohe Qualität des Abends war damit gewährleistet.

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