Übertragung bei OP

Arzt steckte Dutzende Patienten mit Hepatitis C an

Ausland
19.04.2023 12:30

Weil er nichts von seiner Hepatitis-C-Infektion wusste, hat ein deutscher Narkosearzt Dutzende Patienten mit der Leberentzündung angesteckt. Mindestens 51 Menschen erkrankten im OP-Saal der Donau-Ries-Klinik im nordschwäbischen Donauwörth. Vor Gericht zeigte sich der Mediziner reuig: „Es tut mir sehr leid“, so der 60-Jährige beim Prozessbeginn vor dem Landgericht Augsburg.

Der Fall kam im Herbst 2018 an die Öffentlichkeit. Die bei Operationen übertragene Infektion streitet der 60-Jährige nicht ab, sagte aber: „Letztendlich ist es so, dass ich es nicht erklären kann, wie es dazu gekommen ist.“ Erst ging das Gesundheitsamt von Einzelfällen aus, später wurden schließlich 1700 Patienten aufgefordert, einen Hepatitis-C-Test zu machen. Bei 60 von ihnen sah die Behörde die Übertragung nachgewiesen, aber nicht alle Fälle sind nun auch Teil des Strafverfahrens.

Opiate abgezweigt, um arbeitsfähig zu sein
Im Detail ist noch unklar, wie es zu der Übertragung kam. Der Angeklagte, der inzwischen seine ärztliche Approbation zurückgegeben hat und Rentner ist, berichtete vor Gericht davon, dass er fast während seiner gesamten ärztlichen Karriere unter psychischen Problemen und einer Darmerkrankung gelitten habe. Um trotz seiner Erkrankungen arbeitsfähig zu bleiben, zweigte er für OPs vorgesehene Opiate ab und spritze sie sich selbst. Einmal erwischte eine Krankenschwester den Mann im OP mit einer Nadel im Arm.

Übertragungsweg gibt Ermittlern Rätsel auf
Das Gericht will nun klären, wie das Blut des Narkosearztes in die Körper der Patienten gelangen konnte. Der 60-Jährige betonte, er habe die Utensilien eigentlich immer getrennt und die Hygienevorschriften eingehalten. Eine bewusste Infizierung der Patienten stritt er ab. „Das ist nicht der Fall“, sagte er. Letztlich sei es ja auch nur bei 50 von 1700 Patienten zu einer Übertragung gekommen, meinte er. Die Versicherung des Krankenhauses hat mittlerweile nach eigenen Angaben mit den meisten Betroffenen Schmerzensgeldzahlungen vereinbart.

Schon vor dem Prozess hatte es zwischen Richtern, Staatsanwaltschaft und Verteidigern Gespräche über ein mögliches Strafmaß gegeben. Die Anwälte des Mannes brachten eine Bewährungsstrafe ins Spiel, die Staatsanwaltschaft schließt das aber aus. Den Anklägern schwebt eher eine mehrjährige Gefängnisstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung und anderer Straftaten wie Unterschlagung der Klinikmedikamente vor. Die Strafkammer will nun in zwölf Verhandlungstagen zahlreiche Zeugen vernehmen, ein Urteil könnte es Mitte Juli geben.

Hepatitis C ist eine Krankheit, die oftmals unentdeckt bleibt, allerdings auch schwerwiegende Spätfolgen haben kann. Laut der Deutschen Leberhilfe heilt die Infektion in 20 bis 50 Prozent der Fälle binnen eines halben Jahres von alleine aus. In den anderen Fällen werde die Leberentzündung chronisch und bleibe im Körper. Nach 20 bis 30 Jahren könnten dann bei einigen Betroffenen Zirrhose und Leberkrebs auftreten. „Durch neue Medikamente ist Hepatitis C jedoch heute fast immer heilbar“, betont der Selbsthilfeverein.

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