Herbert Prohaska:

Respektlos? „Nach solchen Toren musst du feiern!“

Dass ein TV-Experte wie Roy Keane das Tanzen der Brasilianer als fehlenden Respekt vor dem Gegner sah, kann Herbert Prohaska nicht nachvollziehen: „Nach solchen Toren musst du einfach feiern!“. Hier die „Krone“-Kolumne der Austria-Wien-Legende:

Bei der Gala der Brasilianer ist mir wie jedem Fußball-Fan das Herz aufgegangen. Höhepunkt war das 3:0. Wie Richarlison den Ball dreimal köpfelt, dann den Gegenspieler überhebt und nach zwei blitzschnellen Doppelpässen perfekt abschließt, war WELTKLASSE. Aber auch das 1:0 von Vinicius, das Raphinha stark vorbereitete, und der Volley von Paqueta nach Edelflanke von Vinicius waren Schmankerln.

Bei dieser Mannschaft können viele Spieler Tore schießen und viele Spieler Tore vorbereiten. Auch ihre Tanzeinlagen haben mir imponiert. Nach solchen Toren musst du einfach feiern. Dass ein TV-Experte wie Roy Keane dabei von fehlendem Respekt gegenüber dem Gegner sprach, kann ich nicht nachvollziehen. Sie haben sich ja nicht vor den Koreanern oder deren Fans provozierend aufgebaut. Das war einfach pure Freude. Bei dieser WM ist einiges fad, da war das ein wunderbarer Farbtupfer.

Von Neymar und Co. ist dabei viel Last abgefallen. Das ganze Land erwartet von ihnen den WM-Titel. Das erzeugt mörderischen Leistungsdruck. Das Tanzen befreit. Sogar Teamchef Tite hat mitgetanzt, das ist doch herrlich. Um bei der Seleção dabei zu sein, musst du kicken UND tanzen können. Falcao, mit dem ich beim AS Roma mitgespielt habe, hatte auch den Rhythmus im Blut. In seinem Vertrag war sogar eine Klausel, dass er zum Karneval in Rio eine Woche frei bekommt.

Dass die Spieler nach dem Match mit einem Plakat die schwer erkrankte Legende Pelé gegrüßt haben, hat mich sehr berührt. Pelé war auch mein Idol. Wenn er es im Spital gesehen hat, hat ihm das sicher Kraft gegeben. Gestern wurde ja vermeldet, dass es ihm jetzt wieder etwas besser gehen soll. Der WM-Titel wäre sicher die beste Medizin.