Ein Ukrainer erzählt von seiner Flucht von Kiew nach Graz. Dank seiner Arbeit gehört er zu wenigen Ausnahmen - viele Vertriebene sind nach wie vor auf der Suche nach einem Job.
„Ich bin um fünf Uhr früh von Bomben geweckt worden. Da realisierte ich: Es ist Krieg!“ Oleksandr Bondarenko erinnert sich an den 24. Februar 2022 in Kiew zurück, als russische Truppen in die Ukraine einmarschierten und das Land quasi über Nacht ins Unglück stürzten. Auch Freunde im südlichen Melitopol berichteten von Angriffen. „Da wurde mir klar, dass es nicht nur einen Tag dauern wird. Ich wusste, wir müssen hier raus, hier ist kein normales Leben möglich.“
Sofortige Hilfe aus Graz
Und gleich am ersten Tag kam auch Hilfe via Facebook aus Graz: „Professor Graier von der Med Uni hat mir ein Dokument übermittelt, dass ich zur Fortbildung hierherkommen könne.“ Bereits davor war der Ukrainer dort als Mitarbeiter angestellt gewesen: „Ich dachte, ich würde einmal als Gast zurückzukehren.“ Es sollte dann leider anders kommen.
Weil Zugtickets Richtung Westen innerhalb von Minuten ausverkauft waren, harrten Oleksandr und seine Familie noch einige Zeit im Keller aus: „Du weißt nicht mehr, wo es sicher ist. Der abgesperrte Keller schützt zwar vor bewaffneten Russen, nicht aber vor den Bomben. Es ist ein ständiges Spiel zwischen Leben und Tod.“ Hinzu kamen Kälte, wenig Wasser, keine Informationen und eine Bewilligungs-Odyssee. Schlussendlich hatte er aber eine der wenigen Ausreise-Genehmigungen in den Händen.
Ich dachte, ich werde einmal als Gast zurückkommen nach Österreich, nicht aber unter diesen Umständen.
Forscher Oleksandr Bondarenko ist zum zweiten Mal in Graz, diesmal des Krieges wegen
„Haben uns schon eingelebt“
Seit fast neun Monaten sind der Forscher, seine Frau, seine 13-jährige Tochter und seine Mutter nun hier: „Wir haben uns schon gut eingelebt.“ Obwohl Oleksandr selbst sagt, sein Deutsch gehöre noch verbessert. Auch, weil er sich vorstellen kann, länger zu bleiben. Bis 2026 ist das nun einmal gesichert: „Über ein weiteres Projekt.“
Viele Geflüchtete suchen noch Job
Dass er einer der glücklichen Ukrainer ist, die einen Job gefunden haben, ist ihm bewusst: „In der Forschung ist es leichter, ich war sofort integriert.“ Zwölf weitere geflüchtete Forscher konnten durch ein Programm der Uni Graz die Ukraine verlassen, die TU Graz hat 68 Studenten zugelassen - 30 sind schon vor Ort.
1200 Ukrainer haben derzeit übrigens eine aufrechte Beschäftigungsbewilligung in der Steiermark.
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