Halloween-Massenpanik
Seoul: „Menschen wollten nur feiern – und starben“
Nach der Massenpanik in Seoul, bei der laut jüngsten Angaben mindestens 154 Menschen - unter ihnen ein Österreicher - getötet und mehr als 130 weitere teils schwer verletzt wurden, trauern die Bewohner der südkoreanischen Millionenstadt um die großteils weiblichen Opfer der Tragödie. Eine enge, abschüssige Gasse im Ausgehviertel Itaewon war den vorwiegend jungen Partygängern zum Verhängnis geworden. Zahlreiche Menschen stürzten, wurden bewusstlos oder erstickten, während andere von oben nachgedrängt und sie niedergetrampelt hätten, berichten Augenzeugen. Sie schildern die grausamen Momente des Unglücks.
Alles sei sehr schnell passiert, sodass die Menschen in der Menge kaum Zeit zur Flucht gehabt hätten, so ein Augenzeuge, der mit dem Leben davongekommen ist. Es sei „wie ein Dominoeffekt“ gewesen. „Ich habe das Gleichgewicht verloren und bin hingefallen“, erzählt er dem Fernsehsender MBC. Er habe nicht auf Liegende treten wollen. „Menschen waren bewusstlos und riefen nach Hilfe.“
„Da lagen Menschen auf der Straße an der Kreuzung, die reanimiert wurden“, so Karl S. aus Kalifornien, der in Seoul als Englischlehrer tätig ist. Als er und seine Freundin um etwa 23 Uhr am Samstag (Ortszeit) aus der U-Bahn-Station gekommen seien, um zu feiern, hätten sie zunächst gedacht, ein Gebäude sei eingestürzt. „Es herrschte absolutes Gedränge, wir wussten nicht, was los war.“
„Menschen wie in Grab übereinandergeschichtet“
Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap zitierte einen Augenzeugen, der anonym bleiben wollte. „Die Menschen waren wie in einem Grab übereinandergeschichtet“, beschreibt der Zeuge die fürchterlichen Szenen nach der Massenpanik. „Einige verloren allmählich das Bewusstsein, während andere zu diesem Zeitpunkt schon tot aussahen.“
Erste größere Veranstaltungen nach Corona-Restriktionen
Das alljährliche Halloween-Fest ist eine der größten öffentlichen Feiern in Südkoreas Hauptstadt. Dieses Jahr fanden wieder zum ersten Mal größere Veranstaltungen zu dem Fest statt, nachdem die Corona-Maßnahmen weitgehend gelockert wurden. „In Itaewon ist es jedes Jahr extrem voll, aber dieses Jahr war es einfach nur verrückt“, schildert eine junge Frau. Den Berichten zufolge machten Gerüchte die Runde, dass ein prominenter YouTuber auf dem Weg zu einem Club in der betroffenen Straße oder dort schon angekommen sei. Das habe noch einmal sehr viele Menschen angezogen.
In einem Interview mit dem Lokalsender YTN beschreibt ein Arzt chaotische Szenen: „Als ich zum ersten Mal Wiederbelebungsmaßnahmen versuchte, lagen zwei Opfer auf dem Gehsteig. Aber kurz darauf explodierte die Anzahl und übertraf die Anzahl der Ersthelfer.“
„Pumpte Blut aus dem Mund der Opfer“
Viele Passanten seien zur Hilfe gekommen. Es sei schwer, die Geschehnisse in Worte zu fassen. „Die Gesichter so vieler Opfer waren blass. Ich konnte ihren Puls oder Atmung nicht fühlen und viele von ihnen hatten blutige Nasen. Als ich versuchte, sie wiederzubeleben, pumpte ich auch Blut aus ihrem Mund", so der Arzt.
„Bilder aus Seoul brechen einem das Herz“
Auch in sozialen Medien herrschen auch am Tag danach Anteilnahme und Fassungslosigkeit: „Der Tod kann so grausam sein und kommt unerwartet“, schreibt eine Userin über das Unglück. „Menschen, die feiern wollten, starben“, so eine andere. „Es ist furchtbar zu wissen, dass Menschen wohlauf sind - und nur Sekunden später weilen sie nicht mehr unter uns.“ „Die Bilder aus Seoul brechen einem das Herz“, so ein Nutzer in einem Tweet.
Video: Massenpanik in Seoul fordert mehr als 150 Todesopfer
Präsident vor Ort: „Das war wirklich schrecklich“
Präsident Yoon Suk Yeol besuchte den betroffenen Stadtteil und erklärte diesen später zur speziellen Katastrophenzone. Er ordnete eine gründliche Untersuchung an und rief eine Staatstrauer aus. Sie soll bis zum nächsten Samstag dauern. „Das war wirklich schrecklich“, sagte er in seiner Rede.
Es sei die schlimmste Katastrophe in Südkorea seit dem Untergang der Fähre „Sewol“ 2014 vor der Küste des Landes. 304 Menschen waren damals gestorben.
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