Oberösterreichs Landesrechnungshof hat wieder einmal einen brisanten Prüfbericht und entlarvt darin die Förderung von Volksbildungseinrichtungen (für außerberufliche Erwachsenenbildung) als äußerst großzügigen Selbstbedienungsladen der Politik. Von 2018 bis 2021 - als es nur ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grüne im Landtag gab, aber nicht NEOS und MFG, die also nicht Mittäter bzw. Mitprofiteure sind - betrug die Nettobelastung des Landes OÖ für Volksbildungseinrichtungen insgesamt rund 23,3 Mio. Euro. Davon stellte das Land insgesamt Fördermittel in Höhe von 8,5 Millionen Euro für namentlich genannte Einrichtungen zur Verfügung, die es als „politische Mittel“ bezeichnete. „Bei diesen Einrichtungen war eine gewisse Nähe zu politischen Parteien auch erkennbar“, erklärt der Landesrechnungshof. Und was sagt die zuständige Bildungslandesrätin Christine Haberlander (ÖVP) dazu?
Die österreichische Bundesverfassung enthält den Begriff der Volksbildung seit 1962 nicht mehr. Auf Bundesebene gibt es ein Gesetz zur Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens. „Das Land OÖ hat keine verbindlichen Normen und Ziele, zudem fehlt die Definition von Indikatoren zur Messung der Zielerreichung der Fördermittel“, rügt der Landesrechnungshof.
Sehr eingeschränkter Erkenntnisgewinn
Die Förderungsentscheidung wurde vorab bereits für bestimmte Einrichtungen politisch getroffen. Ebenso wie bei den allgemeinen Erwachsenenbildungseinrichtungen fehlte eine verbindliche Norm. „Die Verwendungsnachweise deuteten teilweise darauf hin, dass die geförderten Maßnahmen vor allem dem Erkenntnisgewinn eines sehr eingeschränkten Nutzerkreises dienten“, unkt der Landesrechnungshof. Solche „Bildungsaufträge“ müssten eigentlich mit den normalen Mitteln der Parteienfinanzierung (die eh großzügig sind, aber das ist eine andere Geschichte) schon abgedeckt sein.
Zehnmal so viel für politische Einrichtungen
In Summe waren die Aufwendungen des Landes für die mit „politischen Mitteln“ von den Regierungsparteien ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grüne zu fördernden Einrichtungen fast doppelt so hoch wie die Aufwendungen für Förderung von politikferneren allgemeine Erwachsenenbildungseinrichtungen (4,5 Mio. Euro). Doch die Durchschnittswerte zeigen die enorme Bevorzugung der politischen „Volksbildner“ noch besser: Eine Einrichtung, die mit „politischen Mitteln“ gefördert wurde, erhielt - bei einer großen Bandbreite bezogen auf einzelne Einrichtungen - mit durchschnittlich 300.000 Euro pro Jahr etwa zehnmal so viel wie eine der allgemeinen Erwachsenenbildung.
Profiteure der „politischen Volksbildung“
Auf Seite 18 seines Prüfberichts (diesen finden Sie hier) listet der Landesrechnungshof die Profiteure der „politischen Volksbildung“ auf, mit kumulierten Beträgen in den Jahren 2018 bis 2021. Einige Beispiele: Das Freiheitliche Bildungswerk OÖ bekam 3,2 Millionen Euro Zuschuss zum laufenden Aufwand; an die Grüne Bildungswerkstatt OÖ flossen Zuschüsse in Höhe von rund 1,9 Millionen Euro (davon Investitionszuschüsse 600.000 €); der Raiffeisen Bildungs- und Förderverein erhielt rund 1,4 Millionen Euro für das von der ÖVP gerne genutzte Bildungshaus St. Magdalena in Linz (davon 800.000 € für Investitionen); und das SPö-nahe Maria Jahoda - Otto Bauer Institut bekam Zuschüsse zum laufenden Aufwand in Höhe von rund 600.000 Euro.
"Die Praxis der Parteienfinanzierung über Umwege hat in Oberösterreich eine Stufe erreicht, die längst inakzeptabel ist!"
NEOS-Landessprecher Felix Eypeltauer
Konsequenzen bei der Parteienfinanzierung
Eine erste Reaktion auf den Selbstbedienungsladen der vier Landesregierungsparteien kommt von NEOS-Landessprecher Felix Eypeltauer: Die einzige saubere Lösung sei es, die Förderungen für Bildungseinrichtungen der Regierungsparteien als Parteienförderung anzurechnen, meint er: „Diese Förderungen sind in Wahrheit nichts anderes als Förderungen der Regierungsparteien und ihrer Einrichtungen und damit Parteienfinanzierung. Diese ist in Oberösterreich ohnehin schon viel zu hoch, mit diesem ‚Förder-Bonus‘ schwellen die Parteikassen aber noch um einige Millionen mehr an.“
„Bildung ist die Möglichkeit jedes Einzelnen, seine Talente zu entfalten. Angebote für alle Altersgruppen und alle Bevölkerungsschichten leisten dazu einen wichtigen Beitrag.“
Für LH-Stellvertreterin Christine Haberlander hat die Arbeit der oberösterreichischen Volksbildungseinrichtungen einen hohen Stellenwert
„Die Prüf-Empfehlungen werden umgesetzt“
Sachpolitisch zuständig ist ÖVP-Bildungslandesrätin LH-Vize Christine Haberlander. Sie sagt zur Rechnungshof-Prüfung von Förderungen für Volksbildungseinrichtungen: „Wir nehmen die Empfehlungen des Rechnungshofes sehr ernst und arbeiten schon jetzt an ihrer Umsetzung.“ Inhaltlich ergänzt sie aber auch: „Die Bedeutung der Volksbildung wird dadurch unterstrichen, dass bei der Förderung der Einrichtungen in der Vergangenheit stets politischer Konsens sowie Einstimmigkeit in der Landesregierung herrschte und Förderungen seit Jahren transparent im Förderbericht aufscheinen. „Aber nicht nur die Gemeinsamkeit ist wichtig, sondern vor allem, dass die Förderung effizient, klar und nachvollziehbar ist“, so Haberlander. Deshalb werden die vom Rechnungshof nach einer Prüfung der Förderungen von Volksbildungseinrichtungen geäußerten Empfehlungen ernst genommen.
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