Nach Abhörskandal
“News of the World” sagt “Thank you and Goodbye”
Die letzte Ausgabe der "News of the World" war vor allem ein Rückblick. So wurde an die zahlreichen exklusiven Geschichten und Enthüllungen erinnert, durch die das Traditionsblatt seinen Ruhm erlangt hatte. Eine Entschuldigung wegen des beispiellosen Abhörskandals gab es in einem einseitigen Leitartikel auf der dritten Seite.
"Es tut uns von ganzem Herzen Leid"
"Wir haben hohe Standards gelobt, wir haben hohe Standards gefordert, doch wie wir jetzt alle schmerzlich erfahren haben, haben einige, die für uns oder in unserem Namen gearbeitet haben, diese Standards für die Zeitspanne einiger Jahre bis 2006 nicht erfüllt.
Wir haben uns einfach verlaufen. Mobilboxen wurden angezapft, und dies tut dieser Zeitung von ganzem Herzen Leid. Es gibt keinerlei Rechtfertigung für dieses erschreckende Fehlverhalten. Keine Rechtfertigung für den Schmerz, der bei den Opfern verursacht wurde, oder für den Makel, der trotz großartiger Geschichten bleibt.
Doch wenn diese Schuld gesühnt ist, hoffen wir, dass die Geschichte uns eines Tages mit Blick auf all unsere Jahre richten wird. Wir begrüßen und unterstützen die zwei Untersuchungsausschüsse des Premierministers - den einen, der dem Verhalten der Polizei in dem Fall nachgeht sowie den anderen, der die Ethik und Praktiken der Presse betrachtet. Danke für Ihre Unterstützung. Wir werden Sie mehr vermissen, als wir in Worten ausdrücken können."
Mitarbeiter des Blatts sollen die Mobilboxen von Prominenten, Angehörigen von Verbrechensopfern sowie Hinterbliebenen getöteter Soldaten geknackt haben. Scotland Yard zufolge könnten die Telefone von bis zu 4.000 Menschen angezapft worden sein. Der Medienkonzern von Rupert Murdoch hatte am Donnerstag als Konsequenz aus dem Skandal die Einstellung der "News of the World" angekündigt. Die Zukunft der 200 Mitarbeiter ist ungewiss. Doch nach Angaben einer Unternehmenssprecherin kamen am Samstag alle zur Arbeit, um an der letzten Ausgabe mitzuwirken.
In einer persönlichen E-Mail an die Belegschaft schrieb Chefredakteur Colin Myler, es sei ein "sehr schwieriger Tag für uns alle. Das ist nicht die Lage, in der wir sein wollen und nicht die Lage, die wir verdienen. Aber ich weiß, dass wir eine Zeitung machen werden, auf die wir stolz sein können". Sein Stellvertreter Alan Edwards fügte hinzu: "Wir sind hier wie eine Familie und es gibt sehr wohl das Gefühl, dass wir uns alle zusammenreißen."
Murdoch unter Druck
Der in dem Skandal stark unter Druck geratene Medienmogul Murdoch ist am Sonntag in London eingetroffen, um die Wogen im Abhörskandal zu glätten. Der Australier fürchtet unter anderem um die millionenschwere Übernahme des britischen Senders BSkyB, um die er sich seit Langem bemüht.
Doch auch auf politischer Ebene ist der Abhörskandal noch längst nicht ausgestanden. Es wird erwartet, dass sich der britische Premier David Cameron am Montag mit den Opfern der Abhörattacken trifft. Außerdem soll parallel zu den polizeilichen Ermittlungen die Einrichtung eines unabhängigen Untersuchungsausschusses vorangetrieben werden. Der Druck auf Cameron ist gewachsen, nachdem vergangene Woche sein früherer Pressechef Andy Coulson festgenommen worden war (siehe Infobox). Coulson war früher Chefredakteur bei "News of the World".
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