Seit einigen Wochen lebt am beliebten Kufsteiner Fischergriesplatz unter freiem Himmel eine verwirrt wirkende Frau. Nachdem sie in der Vergangenheit zweimal wegen ihres Verhaltens delogiert wurde, lehnt sie nun jegliche Hilfe ab. Dieses Dauer-Campinglager auf öffentlichem Grund wurde der Festungsstadt zu einem „Dorn im Auge“. Trotzdem können Stadtgemeinde und die Behörde nichts tun, denn eine amtliche Einweisung gegen den Willen der 57-Jährigen ist derzeit nicht zu rechtfertigen.
Der Zorn steht dem älteren Herrn ins Gesicht geschrieben, obwohl er in der Frühlingssonne am Kufsteiner Fischergriesplatz steht. Seine Zähne sind vor Wut zusammengepresst, kaum vernehmbar schleudert er hinaus: „So eine Riesenschweinerei, das gehört mit einem Feuerwehrschlauch in den Inn gespült und diese unverfrorene Person gleich dazu!“
Seinen Unmut erregt hat ein dort aufgebautes Zelt. Neben diesem, auf den fix montierten Bänken fein drapiert, sind Haushaltsgegenstände: Bekleidung, Schuhe und Dekorationsobjekte. Das Ganze wirkt wie eine kleine Wohnung, die halt keine Wände und kein Dach hat.
Teil des Platzes als Wohnort auserkoren
Seit einigen Wochen wurde von einer 57-jährigen Kufsteinerin ein Teil dieses Platzes zu ihrem Wohnort erkoren und sie ist von dort nicht wegzubekommen. Das sorgt für Unverständnis. „Warum hilft dieser armen Frau niemand?“, sagen die einen. „Sie und ihr Krempel sollen so schnell wie möglich entfernt werden“, die anderen.
Beides scheint in diesem nicht alltäglichen Fall unmöglich zu sein. Wie die „Tiroler Krone“ in Erfahrung bringen konnte, soll es schwerwiegende Probleme mit der Dame in einer Wohnanlage im Westen der Stadt gegeben haben.
Mitbewohner lebten in Angst vor der Frau
Mitbewohner sollen von ihr beschimpft und bedroht und Wände im Allgemeinbereich beschmiert worden sein. Gegenstände soll sie aus dem achten Stock auf die stark frequentierte Straße geworfen haben. Nachdem sie den Bogen vollständig überspannt hatte, wurde sie delogiert. Trotzdem nahm sie ein privater Vermieter danach auf und stellte ihr eine Zwei-Zimmer-Wohnung, nicht weit vom Fischergries entfernt, zur Verfügung. „Es dauerte nicht lange, bis sie wieder in ihr altes Strickmuster verfiel“, schildert der Privat-Vermieter.
In diesem Fall stößt der Rechtsstaat an Grenzen
„In gewisser Hinsicht stößt der Rechtsstaat hier an seine Grenzen“, erklärt Kufsteins Bürgermeister, der Anwalt Martin Krumschnabel. Und ergänzt: „Aus meiner Sicht ist die Dame dringend behandlungsbedürftig. Sie geht aber nicht freiwillig in ein Krankenhaus. Nach ärztlicher Auskunft liegt zu wenig Selbstgefährdung vor, um eine amtliche Einweisung gegen ihren Willen zu rechtfertigen.“
Im Falle dieser Dame stößt der Rechtsstaat an seine Grenzen. Es wird sie auch niemand mehr aufnehmen nach dem, was da alles passiert ist.
Martin Krumschnabel, Bürgermeister von Kufstein und Rechtsanwalt
Auch für Bezirkspolizeikommandantin Astrid Mair ist es unverhältnismäßig, die Betreffende mit Gewalt zu entfernen. „Wir können sie auch nicht nachhaltig irgendwo unterbringen, dafür fehlen uns die Kompetenzen.“
Jede Hilfe wird von der Frau abgewiesen
„Die Hilfe und Unterstützung der Kufsteiner Sozialberatungsstelle Dowas lehnt sie kategorisch ab“, erklärt die Kufsteiner Polizeichefin. Ein weiteres Problem: Nach den diversen Vorfällen dürfte die Aufnahmebereitschaft von dritter Seite kaum gegeben sein. Krumschnabel: „Es ist völlig unbefriedigend, was hier passiert, das ist aber dem geschuldet, dass wir ein freies Land sind, das die Rechte des Einzelnen gelten lässt.“
Völlig „handzahm“ zeigte sich die Betroffene im Gespräch mit der „Tiroler Krone“. Auf die Zukunft angesprochen, meinte sie: „Ein Wohnungsangebot würde ich annehmen. Hier werden mir Sachen gestohlen und in der Nacht werde ich angepöbelt.“ Auf die Frage, ob sie Familie habe, antwortet sie: „Ja, hier in Kufstein einen Bruder, und Kinder habe ich auch.“
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