Die Regierung hat sich vorgenommen, den politischen Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Giganten zu minimieren. Die Abschaffung einer absurden Regel wird gefeiert. Ist aber nur die längst fällige Pflicht.
Der ORF und die Politik. Eine höchst spezielle wie emotional-umstrittene Beziehung. Die Regierung hat sich vorgenommen und auch im Regierungsprogramm festgehalten, eine Entpolitisierung voranzutreiben. Erster Schritt: Die Landeshauptleute werden nicht mehr in die Bestellung von ORF-Landesdirektoren eingebunden, das sogenannte und absurde „Anhörungsrecht“ soll verschwinden.
Es klingt nach mittelalterlichen Rechten, wie Kritiker süffisant anmerken. „Ein längst überfälliger Schritt“, sagt Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter. Politik- und ORF-Experte Peter Plaikner geht noch weiter: „Diese Regelung war vorsintflutlich. Damit wurde die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks per Gesetz in Frage gestellt.“
Enormer Einfluss bleibt vorerst
Für Vizekanzler und Medienminister steht fest, dass man mit einer Reform der Gremienbesetzung und der Reduktion des Landeshauptleuteeinflusses einen wichtigen Schritt getan habe. Fest steht: Dieser Schritt kann nur ein erster auf einem langen Weg sein. Denn nach wie vor ist der politische Einfluss auf den TV-Giganten riesig bei der Bestellung wichtiger Posten. Und: Auch die mächtigen Landeshauptleute bleiben einflussreich. Jeder der neun Chefs kann einen Stiftungsrat nominieren.
Plaikner nennt den neuen steirischen Landespatron Mario Kunasek als Beispiel. „Als er an die Macht kam, wurde ein ÖVP-naher gegen einen der FPÖ genehmen Herren getauscht.“ Die FPÖ indes meint, erst als Kunasek Landeshauptmann geworden sei, habe man die langjährige Forderung der Blauen nach einem Aus des „Anhörungsrechts“ beschlossen.
„Stärkung des Föderalismus“
Was sagt der Chef des ORF? Roland Weißmann will sich nicht konkret auf die „Entpolitisierungsdebatte“ einlassen. Der Generaldirektor – im August 2026 steht eine mögliche Wiederwahl an – verweist vielmehr auf die Bedeutung der millionenfach angenommenen ORF-Angebote, die weisungsfrei und unabhängig produziert würden und auf die Landesstudios, die einen „wichtigen Beitrag zur Stärkung des Föderalismus und des nationalen Zusammenhalts leisten.“
Eine ORF-Reform unter Einbindung der Bürger wurde von der ÖVP-SPÖ-Neos-Regierung vereinbart. Im September soll angeblich eine Reform beschlossen werden. Man darf gespannt sein, wie das Gesetz letztlich aussehen wird. Das dürfte auch den Verfassungsgerichtshof interessieren. Das Höchstgericht hatte schließlich weitreichende Änderungen verordnet.
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