Durch die Pandemie

Gewalt in Beziehungen ist deutlich gestiegen

Steiermark
29.01.2022 07:00

Im Vorjahr explodierten - geschuldet durch die Pandemie - die Zahlen. Das bestätigen auch die Experten des Männer-Notrufs und der Frauenberatungsstelle in Graz.

Vor der Pandemie wurde der Männer-Notruf (0800 246 247) an die 2000 Mal im Jahr kontaktiert. Im Jahr 2020 waren es dann bereits 2873 Anrufe und im Vorjahr explodierte diese Zahl auf 3457. „Corona macht psychisch was mit uns als Gesellschaft“, betont Eduard Hamedl, der ehemalige Polizist, der am 21. Oktober 2013 mit der Krisen-Hotline gestartet war. Die 30 Mitarbeiter leisteten im Vorjahr übrigens 8760 ehrenamtliche Stunden – und das rund um die Uhr. Zu 80 Prozent waren die Anrufer männlich, die Gespräche dauerten von sechs Minuten bis zu mehr als zwei Stunden. „Bei 68 Prozent der Anrufe ging es um Beziehungsprobleme, Gewalt in der Familie und Streit um die Obsorge“, weiß die gute Seele des Männer-Notrufs, Erika Hausberger. Auf Platz zwei folgten mit je acht Prozent Suizid-Gedanken und -Ankündigung sowie Probleme, die durch die Pandemie ausgelöst wurden. Alkohol und andere Süchte (sechs Prozent), Einsamkeit (vier Prozent), Finanz- und Arbeitsprobleme (drei Prozent) folgten.

Robert Mandl (Bild oben), einer der 30 Experten (Pädagogen, Psychologen usw.) am Telefon, betont: „Wir sind so etwas wie ein Ventil für Frust, Ärger und Aggression. Ziel muss es sein, eine gewaltfreie Lösung für partnerschaftliche Probleme zu finden.“ Hamedl (Bild unten), der engagiert den Männer-Notruf nach wie vor leitet, weiß: „Gewalt geht zu 90 Prozent von den Männern aus.“ Was braucht es? „Eine neue Männlichkeit ist gefragt. Männer, die Gewalt öffentlich verurteilen und auch verhindern.“

Das bestätigt auch Daniela Hinterreiter, die Leiterin der Frauenberatungsstelle (Frauenservice) in Graz. 2000 Frauen wurden dort im Vorjahr betreut – und jede achte davon war akut von Gewalt betroffen! Das macht 160. Doppelt so viele wie noch vor der Pandemie. Überforderung, Existenzsorgen, die enge Wohnraumsituation haben die Probleme befeuert. „Gewalt ist leider noch immer ein tabuisiertes Thema“, sagt die Expertin, „Frauen leiden oft Monate oder Jahre lang, bis sie sich trauen, darüber zu sprechen. Die meisten denken sich auch: ,Wer soll mir das glauben? Er ist ja zu allen anderen so lieb und nett‘.“ Bei den Gesprächen mit den Betroffenen geht es (fast immer) um ganz andere Dinge, ehe Gewalt wirklich zum Thema wird. Welche Rolle nehmen dabei Hinterreiter & Co. ein? „Es geht darum, Frauen Mut zu machen, Hilfe anzunehmen, zu reden. Und sie brauchen eine Aussicht auf ein Leben danach.“ Was muss sich für die Psychologin ändern? „Es muss eine gesellschaftliche Veränderung stattfinden, hin zur Gleichstellung von Mann und Frau. Da sind wirklich alle gefordert.“

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