Verschärfungen nötig

Dieser Politstreit kostet Menschenleben

Politik
17.11.2021 06:00

Spitäler bereiten die Triage vor. In Salzburg liegen Kleinkinder mit Covid-19 auf der Intensivstation. Seit Tagen zeigt ein Expertenpapier, was zu tun wäre. Und die Regierung? Sie streitet.

„Wir brauchen Verschärfungen besser heute als morgen“, sagt Oswald Wagner, der Vizerektor der MedUni Wien. „In zehn Tagen ist es zu spät für die Spitäler“, warnt Paul Sunner von den Salzburger Landeskliniken. „Was überall schon lange gehört hätte, wäre eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum“, so der Präsident der Intensivmediziner, Walter Hasibeder.

Welchen Experten man befragt - jeder sagt: Die Politik muss handeln, so schnell wie möglich. Am Dienstag starben 61 Menschen an Corona, so viele wie zuletzt im Februar. Die Zahlen steigen exponentiell, auch auf den Intensivstationen. In Salzburg gab es vor zwei Wochen 70 Intensivpatienten, jetzt sind es 170 - unter ihnen ein vierjähriges Mädchen und ein fünfjähriger Bub. Man habe ein Triage-Team nominiert, das entscheiden soll, wer operiert wird - und wer nicht. Die Landespolitik reagiert mit einem Fünf-Stufen-Plan. Erste Ergebnisse: in zwei bis vier Wochen ...

Was gleich zu tun wäre, liegt auf dem Tisch: Am Wochenende haben 33 Experten Maßnahmen vorgelegt, gebetsmühlenartig wiederholen sie und andere: Kontakte reduzieren (Homeoffice), Virusverbreitung eindämmen (FFP2-Pflicht), Infizierte schneller erkennen (PCR-Tests) und verhindern, dass sie andere Menschen anstecken (2Gplus).

Experten fordern so schnell wie möglich:

  • PCR-Tests: möglichst flächendeckend und vor allem regelmäßig.
  • Homeoffice: so oft und wo immer möglich.
  • Maskenpflicht: überall in Innenräumen, draußen bei Menschenansammlungen - in vielen Bundesländern bereits verschärft.  
  • 2Gplus: Überall, wo jetzt 2G (Gastronomie, Friseure usw.) gilt, soll zusätzlich ein PCR-Test vorgelegt werden.  
  • Therapien & Medikamente: Infrastruktur schaffen für die Behandlung von Infizierten mit Antikörpern und schon jetzt ausreichend jene Medikamente in Tablettenform sichern, die voraussichtlich Anfang des Jahres zugelassen werden.


Lockdown als letztes Mittel

Der Vizerektor der MedUni Wien, Oswald Wagner, fordert zudem den Einsatz von Antikörpertherapien. Die seien zwar aufwendig und mit 2000 Euro pro Behandlung teuer, aber effektiv und „billiger als ein Voll-Lockdown“. Den wollen alle verhindern, als letzten Ausweg schließt ihn aber kaum jemand aus, zumindest nicht regional.

Alle Maßnahmen, die sonst getroffen werden, entlasten die Spitäler langsam. Und die sind am Limit, vor allem auch das Personal: „Wir sind eine hohe Arbeitsbelastung gewöhnt, aber es gibt Grenzen. Die sind erreicht, überschritten“, sagt Bertram Ladner, Pflegedirektor in Dornbirn.

Die Politik muss handeln. Stattdessen streitet sie. Den von Wolfgang Mückstein (Grüne) geplanten Gipfel am Mittwoch hat Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) im Fernsehen abgesagt, dafür könnte er am Freitag bei der Landeshauptleutekonferenz über Maßnahmen sprechen. „Das verschärft die Situation der Pandemie. Wenn Verantwortungsträger nicht damit aufhören, wird die Bereitschaft der Menschen sinken, Maßnahmen mitzutragen - das würde sich bis hin zu den Todeszahlen abbilden“, sagt Umweltmediziner Hans Peter Hutter. „Im Krisenmodus kann es nur eine gemeinsame Sprache geben“, fordert Hasibeder.

Das ist beschämend für unser Land
Wissenschaftlicher Konsens: Aus der Krise kommen wir nur mit der Impfung - und da hinkt Österreich hinterher: „Brasilien hat uns mit 75 Prozent Erststichen überholt - beschämend für unser Land“, kritisiert Oswald Wagner die mangelnde Impfbereitschaft. Spitals-Chef Paul Sunner in Richtung Impfgegner: „Es ist verantwortungslos, die Lage zu leugnen.“ Am deutlichsten wurde Virologin Dorothee von Laer im ORF: „Es wird 3G geben in sechs Monaten: geimpft, genesen oder gestorben.“

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