Beschuldigte schweigen

Kronzeugen-Debatte in Korruptionsaffäre

Politik
14.10.2021 06:00

Die zehn Beschuldigten der Umfragen-Causa um Sebastian Kurz und seinen Ex-Vertrauten Thomas Schmid schweigen. Wer wird am Ende auspacken? Probleme sind garantiert.

Gernot Schieszler wird in Österreichs Justizgeschichte eingehen. Als erster Kronzeuge. Seit 2011 gibt es die Regelung. Der Manager sagte in der Causa Telekom umfassend aus. Dafür erhielt er eine Diversion, musste also zahlen, aber nicht ins Gefängnis. Im Gegensatz zu anderen Involvierten. „Er war meines Wissens der einzige bekannte Kronzeuge“, sagt Stefan Prochaska, Rechtsanwalt aus Wien, der den Manager vertrat.

Die zehn Beschuldigten schweigen
Die Kronzeugen-Debatte erfährt aktuell Dynamik durch die ÖVP-Affäre, die zum Rücktritt von Sebastian Kurz als Kanzler führte. Verdacht: Gefälligkeitsberichterstattung unter anderem mit geschönten Umfragen im Gegenzug für Inserate - Gesamtwert 1,2 Millionen Euro. Bezahlt vom Finanzministerium, wo Kurz-Freund Thomas Schmid Generalsekretär war. Zehn Beschuldigte. Sie schweigen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Die fehlenden Anreize für die Kronzeugen
Sabine Beinschab, Markt- und Motivforscherin, wurde festgenommen. Verdunkelungsgefahr. Sie soll an der Kurz-PR in Fellners „Österreich“ beteiligt gewesen sein. Wie es mit ihr weitergeht? Keine Antwort. Irgendwann wird geredet.

Vielleicht tut dies jemand besonders umfassend - als Kronzeuge. Bei Beinschab dürfte es schwierig werden. „Gegen sie wird in dieser Causa schon ermittelt. Sie hätte vorab sagen müssen, dass sie beteiligt war und auspacken will“, sagt Prochaska. Dies sei auch der Grund, warum es in Österreich quasi keine Kronzeugen gebe. „In England oder den USA gibt es einen klaren Deal.“

„Es gibt keine Rechtssicherheit“
Will heißen: Ein Beteiligter geht zum Staatsanwalt, sagt: „Ich war dabei, ich sage alles aus“ - und erhält dafür Strafmilderung oder gar Freiheit und Unterstützung. In Österreich müsse man von sich aus zu den Ermittlern, noch bevor man beschuldigt ist. Alle Karten auf den Tisch legen. „Und es gibt keine Rechtssicherheit. Es kann sein, dass die Oberstaatsanwaltschaft am Ende sagt: ,Das ist uns zu wenig.‘ Es fehlen eindeutig die Anreize für Kronzeugen.“

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So wie die Kronzeugenregelung jetzt in Österreich ist, ist sie sinnlos. Es gibt keine Rechtssicherheit. Wenig Anreize, sich den Risiken auszusetzen. Es braucht eine Reform.

Anwalt Stefan Prochaska betreute den ersten Kronzeugen.

Überdies gelten singende Vögelchen als Verräter und sehen sich mit zivilrechtlichen Klagen konfrontiert. „Das kann bis zur Insolvenz gehen.“ So wie bei Gernot Schieszler. Er ging 2020 pleite.

Die Motivforscherin wurde fristlos entlassen
Sabine Beinschab stehen ebenfalls gröbere Probleme ins durchsuchte Haus. Das Gallup-Institut, wo sie beschäftigt war, gibt auf seiner Homepage „aus aktuellem Anlass“ bekannt, dass man sie im April 2015 fristlos entlassen habe. Geschäftsführer Michael Nitsche, der das Institut von der ebenfalls in der Affäre beschuldigten Sophie Karmasin übernommen hat, sagt: „Das hat nichts mit den aktuellen Ereignissen zu tun. Es gab andere gute Gründe. Aus arbeitsrechtlichen Gründen kann ich nicht ins Detail gehen.“

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