Der 32-Jährige, ein serbisch-montenegrinischer Staatsbürger, stand vor Richter Günther Böhler, weil er eine Reihe von strafbaren Taten verübt hatte. Neben mehreren Ladendiebstählen brach er in ein Auto ein, stahl ein Mountainbike und richtete erhebliche Sachschäden an. Einer davon vor zahlreichem Publikum, als er am helllichten Tag eine Fensterscheibe eines Ladens am Herzog-Otto-Ufer in Innsbruck mit einem Müllkübel eindrosch.
Nicht zurechnungsfähig und ziemlich gefährlich
Dass er dafür nicht ins Gefängnis wandern würde, war von Beginn an klar. Die vom Gericht bestellte Sachverständige hatte den Mann für nicht zurechnungsfähig erklärt. Zugleich stellte die Psychiaterin aber auch fest, dass bei dem 32-Jährigen nicht nur angenommen werden muss, dass er weitere Straftaten der bisherigen Art verüben würde, sondern dass er durchaus zu Gewalttaten fähig wäre. Der Ausweg bisher: Den Mann in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen. Doch es kam zur sofortigen Freilassung, die Richter Günther Böhler mit einer Gesetzesänderung begründete: "Da der Mann bisher keine körperliche Gewalt gegen andere Menschen angewendet hat, kann keine Einweisung mehr erfolgen. Einbrüche und Diebstähle sind dafür zu wenig." So spazierte der 32-Jährige ungestraft und als freier Mann aus dem Gericht.
Platz für gefährliche Straftäter freihalten
Nicht nur die meisten Bürger, auch erfahrene Juristen haben für diese Gesetzesänderung wenig Verständnis: "Das ist nicht mehr und nicht weniger als ein Freibrief für weitere kriminelle Delikte." Andreas Scheil, Strafrechtsexperte der Uni Innsbruck, erklärt die Hintergründe: "In Österreich sind sämtliche Institutionen, die geistig abnorme Straftäter aufnehmen, überfüllt. Es muss Platz geschaffen werden für wirklich gefährliche Täter." Daher müsse man "harmlosere" Straftäter in Freiheit lassen. Das sei das kleinere Übel, das man eben in Kauf nehmen müsse.
von Werner Kriess, "Tiroler Krone"
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