„Riesiger Markt da“

Nasenspray soll Impfung ohne Stich ermöglichen

Leben
07.08.2021 10:15

Die bisher zugelassenen Corona-Impfstoffe werden bekanntlich mittels Spritze intramuskulär verabreicht. Es ginge aber noch anders, so Virologe Florian Krammer. „Wenn man jetzt einen Impfstoff hätte, den man intranasal oder oral geben könnte, dann würde sich eine andere Antikörperantwort bilden. Auch der zu erwartende Schutz der oberen Atemwege - was Übertragungen erschwert - wäre so möglich. Für solche „Booster“ ohne Stich - also auch für Kinder und Nadelphobiker interessant - ließen sich überdies vielleicht „schon noch Leute überzeugen, weil es im Prinzip nichts anderes als der Zecken- oder Influenzaimpfstoff" sei.

Injizierte Impfungen stoßen eine systemische Immunantwort an und führen zur starken Produktion von IgG-Antikörpern, die eigentlich eher spät im Verlauf einer Infektion gebildet werden. Diese Art der Antikörper schützen die unteren Atemwege, also vor allem die Lunge. Das ist im Bezug auf Covid-19 auch der primäre Sinn der Übung. Ebenso bilden sich systemische IgA-Antikörper, nicht jedoch ihre an den Schleimhäuten weiter oben sitzenden Pendants, erklärte Krammer: „Das schützt oft nicht vor Infektionen in den oberen Atemwegsbereichen.“

Schutz vor Erkrankungen bleibt, jener vor Infektion kann zurückgehen
Auch bei frühen Daten aus Tierversuchen mit Covid-19-Vakzinen habe man dies beobachtet. Zu dem Pandemie-Zeitpunkt stand logischerweise der Schutz der Lunge und der anderen Organe bei echten schwereren Erkrankungen im Vordergrund. „Die freudige Überraschung war, dass es bei den mRNA-Impfstoffen auch zu einer 90-prozentigen Reduktion von Infektionen im Generellen gekommen ist“, sagte Krammer.

Delta setzt sich in oberen Atemwegen an
Da sich offenbar nun die Delta-Variante in den oberen Atemwegsbereichen sehr gut festsetzen kann, „ist das vermutlich jetzt auch Teil des Problems“, so der Experte. Es wurde nämlich schon gezeigt, dass für einen kürzeren Zeitraum auch Geimpfte die Delta-Variante mitunter weitergeben können. Krammer: „Wenn man jetzt einen Impfstoff hätte, den man intranasal oder oral geben könnte, dann würde sich eine andere Antikörperantwort bilden.“

Viele Impfstoffe in Entwicklungsstadium
Es würden „sekretorische IgA-Antikörper“ produziert, die aktiv in die oberen Atemwege transportiert werden - und dort den Erreger früh hemmen. Diese Vakzine seien aber leider noch nicht auf dem Markt. Es befinde sich aber der eine oder andere Impfstoff in Entwicklung - wenn auch noch in früheren Phasen. Vielversprechend sei etwa ein Vakzin auf Basis abgeschwächter SARS-CoV-2-Lebendviren vom US-Unternehmen Codagenix, das dabei mit dem Serum Institute of India kooperiert. Ebenfalls über die Nase verabreichen könnte man einen Vektor-Impfstoff, bei dem Teile des SARS-CoV-2-Virus-Erbguts über ein anderes Virus in den Körper gebracht werden. 

Bisher war es schwierig, die nötigen Gelder zum Vorantreiben dieser Ansätze zu bekommen. Angesichts der Entwicklung um aggressivere Varianten und etwaige Auffrischungs- oder Boosterimpfungen könnte die Weiterentwicklung aber Schwung erhalten. Ein Booster, der zu Grundimmunität auch diese sogenannte mukosale Immunität verspricht, wäre interessant. Tests des NDV-basierten Vakzins als Booster würden in Mexiko schon diskutiert.

Nasenspray Anreiz für Impf-Skeptiker?
Interessant wäre dieser relativ einfach, günstig und lokal zu produzierende Impfstoff für wirtschaftlich weniger entwickelte Länder, die bisher wenig Dosen erhalten haben: „Da ist ein riesiger Markt da.“ Hätte man diese psychologisch vielfach attraktive Option ohne Stich, könnte dies in westlichen Ländern etwa für die Verabreichung an Kinder interessant werden. Möglicherweise würden bei klassisch hergestellten nasalen Impfstoffen auch noch ein paar mRNA-Impfskeptiker zugreifen. „Da lassen sich vielleicht schon noch Leute überzeugen, weil es im Prinzip nichts anderes als der Zecken- oder Influenzaimpfstoff wäre“, so Krammer.

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(Bild: kmm)



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