Eurotunnel-Passage
Paris und Berlin liefern sich “Krieg der Züge”
Die von Frankreich betriebene Blockade der deutschen Züge sei "nicht ein technisches, sondern ein politisches Problem", sagte Eurostar-Chef Jacques Gounon am Dienstagabend bei der Vorstellung eines neuen Sicherheitssystems. Der ehemalige französische Verkehrsstaatssekretär Dominique Bussereau, der Eurostar vom Kauf deutscher Züge (Bild links) abbringen wollte, komme just aus einem Wahlkreis, in dem die Alstom-Züge (Bild rechts) gebaut werden. Aus technischer Sicht spreche nichts dagegen, die von Siemens gebauten Züge im Eurotunnel zwischen Frankreich und Großbritannien einzusetzen, betonte der Eurostar-Chef.
Sicherheitsbestimmungen dienen als Rechtfertigung
Alstom hielt am Mittwoch dagegen und verwies auf die Sicherheitsbestimmungen "der zuständigen Behörden", in diesem Fall ein britisch-französischer Regierungsausschuss. In aller Welt sei es üblich, "dass die Züge an die Sicherheitsvorschriften angepasst werden und nicht umgekehrt", erklärte Konzernchef Patrick Kron. Alstom hatte Eurostar unlängst mit einer hohen Schadenersatzforderung gedroht, nachdem das britisch-französisch-belgische Konsortium im Oktober zehn Hochgeschwindigkeitszüge bei Siemens bestellt hatte.
Die Franzosen versuchen die deutsche Konkurrenz seit jeher mit dem Argument auszubremsen, die Motorisierung der Siemens-Züge sei nicht so sicher wie die der französischen Züge. Das Gegenteil sei der Fall, sagte Eurostar-Chef Gounon: Mehrere über den Zug verteilte Motoren wie beim ICE seien sicherer als ein einzelner Motor an der Zugspitze. Im Übrigen führen in vielen langen Tunnels, etwa in der Schweiz, Züge mit verteilten Motoren, ohne dass jemand etwas daran auszusetzen habe. Der von Frankreich angezettelte Streit um die neuen Eurostar-Züge habe "ganz klar" einen politischen Hintergrund, sagte Gounon.
Britisch-französischer Ausschuss soll Entscheidung treffen
Der Bahnbetreiber Eurostar, der zu 55 Prozent der französischen Staatsbahn SNCF gehört, hatte bei Siemens zehn Züge für rund 600 Millionen Euro bestellt. Der französische Alstom-Konzern lief Sturm gegen diese Entscheidung, scheiterte allerdings mit einer Klage vor dem obersten britischen Gericht. Dennoch zeigte sich Gounon "nicht unbedingt zuversichtlich", dass Siemens tatsächlich zum Zug kommt. Der Unternehmenschef forderte den britisch-französischen Ausschuss, der die Richtlinien für die Züge im Ärmelkanal festlegt, zu einer Entscheidung auf.
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