Für Gunther mit seiner zusammengestoppelten Vokuhila-Frisur und dem ewig kaputten Fahrrad scheint in der brachialen Proll-Sippe, in der Gewalt, aber auch eine ruppige Zärtlichkeit herrschen, kein Platz zu sein. Nur auf dem Plumpsklo draußen auf den Hof findet er Ruhe. Nachdem sein Vater ihn wiederholt bedroht, gelingt es Gunther, dem fürchterlichen Strobbe-Clan den Rücken zu kehren und Zuflucht in einem Internat zu finden.
Der belgische Regisseur Felix van Groeningen legt mit "Die Beschissenheit der Dinge" eine höchst sehenswerte Tragikomödie vor, die ihre polternden Figuren in keiner Einstellung der Lächerlichkeit preisgibt, sondern sehr schön zwischen zotigem Unterschichten-Klamauk und traurigen Ansichten vom verkorksten Leben changiert.
Da setzen sich dann die Brüder nackt aufs Fahrrad und gurken für ein wenig Schnaps unter dem Gejohle der Leute durchs Dorf, aber nach der Gaudi kommt gleich der Katzenjammer. Und für Gunther, der von seinen Schulkameraden und Lehrern wie eine ansteckende Krankheit behandelt wird, ist schon lange Schluss mit lustig. Nachdem seine sehr nette Cousine Sylvie wieder abgereist ist, resümiert er lakonisch: "Mir ging wieder einmal auf, dass schöne Dinge entweder zerstört werden oder unser Dorf verlassen."
Erzählt werden diese grausam-grotesken Kindheitserlebnisse aus der Perspektive des mittlerweile erwachsenen Gunther, eines erfolglosen Schriftstellers, der unter Bindungsangst leidet und seiner schwangeren Freundin zur Abtreibung rät. Dass Gunther selbst kein Vater sein will, kann man verstehen. Aber die Dämonen der Vergangenheit kehren nicht zurück.
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