Anwendung vor dem Aus?

Lernsieg: Lehrergewerkschaft will App „ausbluten“

Web
20.03.2021 13:47

Die umstrittene Lehrerbewertungs-App „Lernsieg“ fühlt sich von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) „an die Wand gedrängt“. Denn trotz mehrfach abgewiesener und verlorener Klagen gebe diese nicht auf und wolle das Start-up durch weitere Klagen „ausbluten“ lassen, so „Lernsieg“-Gründer Benjamin Hadrigan am Samstag in einer Mitteilung. Eine Spendenkampagne soll nun verhindern, dass die App abgedreht werden muss.

400.000 registrierte User und knapp eine Million Bewertungen zeigten, dass „Lernsieg“ etwas gelungen sei, das im heimischen Bildungssystem gefehlt habe: Ein digitales Tool, das für Transparenz und mehr Demokratie an den Schulen sorge und eine faire Feedbackkultur ermögliche, so Hadrigan, dem zufolge „strukturiert erfasstes Feedback“ für fast alle Branchen „eine Selbstverständlichkeit und Alltag“ ist. „Gastronomen, körpernahe Dienstleistungen oder Arbeitgeber lassen sich ebenso bewerten wie Fluglinien, Hotels oder öffentliche Institutionen. Nur die Lehrergewerkschaft sieht im demokratischen Feedbackprozess durch die stark genutzte App ein Problem.“

„Gerichts- und Anwaltskosten kaum zu stemmender Brocken“
Rechtliche Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes konnte Hadrigan bereits mehrfach bei Gericht ausräumen, doch mit insgesamt 35 Klagen nach der EU-Datenschutzgrundverordnung, von denen „Lernsieg“ bereits 18 für sich entscheiden konnte, sowie einer Klage gegen Hadrigan selbst wolle die Gewerkschaft die App nun „finanziell ruinieren und mundtot“ machen. „Für ein junges Start-up sind die Gerichts- und Anwaltskosten ein kaum zu stemmender Brocken. Wenn wir jetzt nicht Hilfe bekommen, gelingt es der Gewerkschaft, Demokratie und Transparenz im Schulsystem mundtot zu machen“, befürchtet Hadrigan und hat daher nun eine Spendenkampagne (Spendenkonto bei der Erste Bank: AT59 2011 1841 9879 8910) gestartet.

„Während die Gewerkschaft ihre prall gefüllten Kriegskassen lieber in aussichtlose Klagen investiert, anstatt ihre Mitglieder in der größten Krise der Zweiten Republik mit Masken auszustatten, wird bei Lernsieg das Geld durch die Prozesse langsam knapp. Wenn jetzt nicht geholfen wird, ist die App zur Verbesserung des Schulsystems bald Geschichte“, bittet Hadrigan um Unterstützung zur Finanzierung von Gerichts- und Anwaltskosten.

Datenbank mit 90.000 Lehrern angelegt
Für die App „Lernsieg“ wurde eine Datenbank mit rund 90.000 Lehrern und den entsprechenden Schulen angelegt. Schüler können nach Registrierung via Handynummer ihre Pädagogen ab der AHS-Unterstufe bzw. Neuen Mittelschule (NMS) in Kategorien wie Unterricht, Fairness, Vorbereitung oder Pünktlichkeit mit einem bis fünf Sternen bewerten. Daraus werden dann auch Rankings erstellt. Die Lehrergewerkschaft wetterte von Beginn an gegen die App und hatte unter anderem Bedenken in Sachen Datenschutz bzw. ortete primär eine „riesige Handynummernsammelaktion“.

Die Klage eines Lehrers, der mit Unterstützung der GÖD wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte zivilrechtliche Ansprüche geltend machen wollte, wurde zuletzt vom Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen abgewiesen: Das berechtigte Interesse von Schülern, Eltern und der breiten Öffentlichkeit, das Grundrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit im Rahmen der App auszuüben, überwiege gegenüber den Interessen des Klägers. Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Klägers durch „Lernsieg“ sei daher ein berechtigtes Interesse im Sinne der Datenschutzgrundverordnung. Anfang März ging die Gewerkschaft gegen das Urteil in Berufung.

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