Terroranschlag in Wien

Nicht alle Betroffene erhalten staatliche Hilfe

Wien
19.11.2020 14:47

Nicht alle Betroffenen des Terroranschlages am 2. November in Wien bekommen staatliche Hilfe, da das Verbrechensopfergesetz in so manchem Fall zu kurz greift. Dies zeigt sich etwa am Beispiel eines Wiener Ehepaares - der Mann erlitt am Abend des Attentats einen Streifschuss, die Frau blieb unverletzt - allerdings nur physisch.

Unmittelbar nach dem Anschlag hatte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) den Opfern bzw. Hinterbliebenen der vier bei der Tat Getöteten medizinische und psychosoziale Unterstützung sowie Entschädigungen nach dem Verbrechensopfergesetz versprochen. Doch dieses greift in vielen Fällen schlichtweg zu kurz. Das besagte Ehepaar hatte sich am Tatabend in unmittelbarer Nähe des Attentäters befunden und war vor ihm geflüchtet. Der Täter nahm sie ins Visier und schoss auf die Eheleute.

Therapiekosten werden nur für Ehemann übernommen
Der Ehemann erlitt einen Streifschuss und überlebte, seine Ehefrau blieb unverletzt. Doch das Erlebte hinterließ tiefe seelische Wunden, die das Paar nun mit einer psychotherapeutischen Hilfe verarbeiten will. Doch während die Therapiekosten des Mannes im Rahmen des Verbrechensopfergesetzes abgedeckt werden, ist das bei seiner Frau nicht der Fall - das Paar wandte sich daraufhin an die Verbrechensopferhilfe Weißer Ring.

„Die Auskunft, die die beiden Betroffenen erhalten haben, entspricht sowohl der Auskunft, die wir selbst vom Sozialministerium-Service erhalten haben, als auch der geltenden Judikatur“, hieß es seitens des Weißen Rings am Donnerstag gegenüber der APA. Das Schicksal des Paares, bzw. jenes der Ehefrau, ist kein Einzelfall. „Mittlerweile sind uns bereits weitere, ähnlich gelagerte Fälle bekannt. So betrifft die Frage die zahlreichen Menschen, die vor in ihrer unmittelbaren Nähe abgefeuerten Schüssen geflüchtet sind und sich beispielsweise in diversen Kellern in Sicherheit gebracht haben“, teilte Brigitte Pongratz vom Weißen Ring mit.

Forderung, Gesetz im Falle von Terroropfern anders zu interpretieren
So musste beispielsweise ein Kellner stundenlang mit seinem angeschossenen Kollegen und Gästen in einem Lokal ausharren. Das Verbrechensopfergesetz greift in seinem Fall ebenfalls nicht. Pongratz bekräftigte daher die Forderung, grundsätzlich alle Menschen, die sich während eines terroristischen Anschlags in unmittelbarer Nähe des Tatgeschehens befinden, hinsichtlich ihrer Opferrechte mit direkten Opfern von Gewalt gleichzustellen. Dabei vertritt der Weiße Ring die Ansicht, dass es die jetzige Rechtslage schon zuließe, das Verbrechensopfergesetz im Fall von Terroropfern anders zu interpretieren und gar keine Gesetzesänderung nötig wäre, um diesen umfassend staatliche Hilfe zukommen zu lassen.

Darüber hinaus wird verlangt, dass ab sofort auch bei Fällen „situativer Gewalt“ - also etwa einem Terror-Anschlag - Daten von Betroffenen seitens der Polizeibehörden an Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen weitergegeben werden - sofern natürlich die Betroffenen zustimmen. Dies ist derzeit nur bei Fällen häuslicher Gewalt der Fall. 

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