Es bedarf keines weiteren Beweises seiner Klasse mehr. Dominic Thiem wurde am Dienstagabend zum Sportler des Jahres gekürt - und auch die fünfte Qualifikation en suite für die ATP Finals der besten acht Spieler des Jahres ist ein Zeichen. Nun kehrt der 27-jährige Tennis-Weltranglisten-Dritte als Grand-Slam-Sieger in die O2-Arena zurück, die vor der Übersiedlung des Showdowns nach Turin zum letzten Mal Schauplatz ist. Zum 50-Jahr-Jubiläum des auch „Masters“ genannten Events zählt auch Thiem zu den Favoriten.
Die Fußsohlenprobleme vom Erste Bank Open sind überwunden, Thiem hat sich kürzlich selbst fit gemeldet. Auch sein Manager Herwig Straka wirkte im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur zuversichtlich. „Er ist wieder voll fit. Dominic trainiert schon mehrere Tage voll und ist super drauf“, versicherte der 54-jährige Steirer.
Strenge Sicherheits-„Bubble“
Vor Jahresfrist war Thiem erstmals bei diesem exklusiven Event ins Endspiel vorgedrungen und hatte dieses mit 7:6(6),2:6,6:7(4) gegen den damals 21-jährigen Griechen Stefanos Tsitsipas nur hauchdünn verloren. Damals jubelte noch ein volles Haus in der unvergleichlichen Atmosphäre im Osten der Weltstadt den Stars zu. Doch die Welt, und damit auch die des Tennis, hat sich seither verändert. Keine Zuschauer, strenge Sicherheits-„Bubble“ und ein weiteres „Geister“-Turnier für das Fernsehen (Sky überträgt live alle Einzel und Doppel) sind wegen der Coronavirus-Pandemie (fast) schon zur Gewohnheit geworden.
Und auch die ATP muss sparen: das noch im Vorjahr mit 9 Millionen Dollar dotierte Event wurde auf 5,7 Mio. gestutzt. Der in der Vorrundengruppe ungeschlagene Champion erhält dieses Jahr 1,564 Mio. Dollar (1,32 Mio. Euro) - im Vorjahr war es mit 2,871 Mio. noch fast das Doppelte.
Doch die Spieler können froh sein, dass sie ihren immer noch ausgezeichnet bezahlten Beruf überhaupt ausüben können. In Anbetracht der hohen Zahlen in Europa respektive Großbritannien alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Nur dank Ausnahmegenehmigung dürfen die Spieler einreisen, ohne in Quarantäne gehen zu müssen. Weil die Spieler sofort in die übliche „Bubble“ gehen. Es gibt diesmal keine Bootsfahrten auf der Themse zum Innenstadt-Hotel, sondern der gesamte Tross ist im Hotel direkt neben der O2-Arena untergebracht. Thiem wird nur von Coach Nicolas Massu, Physio Alex Stober, Manager Straka und Bruder Moritz begleitet.
Djokovic Favorit
Der Favorit heißt auch dieses Jahr Novak Djokovic. Oder doch nicht? Straka sieht es nicht so: „Ich glaube, dass Medwedew, Rublew, Dominic und auch Zverev nah dran sind. Ich traue mich nicht zu sagen, es ist einer mehr Favorit als die anderen.“ Das Feld sei extrem ausgeglichen, auch von der Form her.
Der Weltranglisten-Erste aus Serbien versucht jedenfalls, das Event zum sechsten Mal zu gewinnen und damit Rekordsieger Roger Federer einzuholen. Kurios ist, dass Rafael Nadal zum zehnten Mal mit von der Partie ist, das Turnier bisher aber noch nie gewonnen hat. Einer der ganz wenigen weißen Flecke auf der Erfolgslandkarte des Spaniers, dessen beste Ausbeute zwei Finali (2010, 2013) waren.
Vorhersagen waren gerade beim ATP-Saisonkehraus zuletzt öfters falsch, auch 2019: Thiem musste gegen Djokovic, Roger Federer und Matteo Berrettini gegen zwei der „big three“ in die Vorrundengruppe. Thiem besiegte aber sensationell beide Superstars in Folge, während der „Djoker“ gegen Federer im direkten Kampf ums Halbfinale verlor und schon in der Vorrunde ausschied. Für Thiem war das 2019er-Event das erste, bei dem er zwei der drei ganz Großen in einem Turnier geschlagen hat. Der verdiente Titel blieb ihm dann hauchdünn verwehrt, aber für sein Selbstvertrauen hatte das „Masters“ einen hohen Stellenwert.
Wachablöse
Das sieht auch Straka so. „London war extrem wichtig für ihn, es war - wie viele Leute dort gesagt haben - eine Art Wachablöse. Es waren alle am Start, und es haben zwei Spieler der nächsten Generation das Finale gespielt vor unglaublicher Kulisse. Für Dominic und auch für Tsitsipas war es ein enorm wichtiger Lernprozess. Es war auch für das Selbstbewusstsein und das Standing auf der Tour enorm wichtig.“
Gegen wen es in der Vorrunde diesmal geht, erfährt US-Open-Sieger Thiem am Donnerstagabend (18 Uhr MEZ) bei der Auslosung. Die Erwartungen Strakas? „Wenn er wieder mehr als ein Match in der Vorrunde gewinnt und ins Semifinale oder Finale kommt, das wäre genial. Er ist gut drauf, er hat alle Leute dort schon geschlagen und es ist alles möglich. Aber es sind ein paar Spieler in Superform. Ein Rublew, ein Medwedew, Sascha Zverev, Djokovic. Es ist anders als sonst, als ein Teil schon müde oder verletzt war. Das macht es sicher nicht einfacher.“
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