Bei knappem Ergebnis

Trump könnte mit Verfassungstrick im Amt bleiben

Ausland
08.08.2020 06:00

Nichts schenken werden einander US-Präsident Donald Trump und sein Herausforderer Joe Biden im Kampf ums Weiße Haus. Derzeit liegt Biden in den Umfragen vorne, der Ausgang der Wahl könnte dennoch sehr knapp werden. Es könnte auch zu Ungereimtheiten kommen, es wäre nicht das erste Mal. Und dann gäbe es in der Verfassung eine Hintertür für Trump, mit der er auch im Fall einer Niederlage legal an der Macht bleiben könnte.

Um das zu verstehen, schreibt die deutsche Wochenzeitung „Die Zeit“, müsse man wissen, dass der US-Präsident nicht direkt vom Volk, sondern vom sogenannten Wahlmännergremium gewählt wird. In dieses „Electoral College“ (deutsch: Wahlkollegium) entsenden die Bundesstaaten ihre Delegierten - und zwar nach dem Prinzip „Alle für den Sieger“. Hat also ein Kandidat in einem Bundesstaat nur ganz knapp gewonnen, erhält er dennoch alle Stimmen der von dem Staat zu entsendenden Wahlmänner. Deren Anzahl hängt wiederum von der Größe und der Bevölkerungszahl der Bundesstaaten ab.

(Bild: VisionsofAmerica.com/Joe Sohm, EPA, Krone KREATIV)
(Bild: AFP, AP, Krone KREATIV)

Das Gremium tritt dann am 14. Dezember zusammen. Die Stimmen werden abgegeben und am 6. Jänner im Kongress in Washington ausgezählt. Präsident wird, wer zumindest 270 Stimmen der Wahlmänner auf sich vereint.

Trump sät bereits Zweifel am Ausgang der Wahl
Was aber, wenn 265 Wahlmänner für Biden und 262 für Trump stimmen (oder umgekehrt), fragt „Die Zeit“. Das kann theoretisch passieren, wenn in einem oder mehreren Bundesstaaten Streit darüber entsteht, wer die Wahl gewonnen hat, und es deshalb Unklarheiten gibt, für wen die Wahlmänner stimmen sollen. So ein Szenario ist nicht auszuschließen, und Trump sät ja schon jetzt Zweifel am Ausgang der kommenden Wahl Anfang November.

Das Kapitol, der Sitz des US-Kongresses (Bild: Wikipedia/Martin Falbisoner (CC BY-SA 3.0))
Das Kapitol, der Sitz des US-Kongresses

Dann käme der 12. Zusatzartikel zur Verfassung zur Anwendung. Und der besagt, dass in diesem Fall das Repräsentantenhaus, also die vom Volk gewählte große Kammer des US-Kongresses, also des Parlaments, den Präsidenten wählen muss. Dort haben die Demokraten zwar mit 235 zu 199 Abgeordneten die Mehrheit, die würde ihnen im konkreten Fall aber nichts nützen. Denn in der Verfassung steht, dass jeder Bundesstaat in diesem Fall nur eine Stimme hätte - und dann stünde es zurzeit 26 zu 23 Stimmen für Trump (in einem Bundesstaat herrscht Gleichstand). Trump wäre ganz legal wiedergewählt.

Bisher ist der 12. Verfassungszusatz erst einmal angewendet worden - im Jahr 1824.

Christian Hauenstein, Kronen Zeitung

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