Gesundheitspolitik

Corona-Lehren für Anfänger

Gesund
05.07.2020 05:00

Bis jetzt war alles neu und unbekannt. Doch nun ist es an der Zeit, die Erkenntnisse zu sammeln und sich für die Zukunft zu rüsten.

„Die Gesundheitspolitik hat gewusst, dass so ein Szenario droht, dennoch hat sie sich nicht vorbereitet“, drängt Intensivmediziner Dr. Rudolf Likar, Corona-Koordinator des Bundeslandes Kärnten, Mitautor des Sachbuches „Bereit für das nächste Mal“, zur raschen Umsetzung aktueller Erkenntnisse. Denn, dass es hoch an der Zeit ist, das Gesundheitssystem neu zu überdenken, darin sind sich zahlreiche Fachleute einig. Wir haben für Sie die wichtigsten Forderungen zusammengestellt.

  • Die bereits seit Längerem angekündigte Pflegereform zügig und ohne Abschläge durchführen! Attraktivierung der Pflegeberufe, Wertschätzung, auch durch finanzielle Anreize. Monika Wild, DGKP, Pflegewissenschafterin, Leiterin der Gesundheits- und Sozialen Dienste beim Roten Kreuz, und Mag. Dr. Gerd Hartinger, Geschäftsführer der Geriatrischen Gesundheitszentren Graz, decken eine aktuelle Fehleinschätzung auf: Es besteht die Gefahr, dass die mobile Pflege und Betreuung in der öffentlichen Wahrnehmung nach der Krise an Stellenwert verliert. Warum? „Da die Dienstleistungen ohne ,große Probleme‘ weitergeführt wurden, könnte man irrtümlich meinen, sie spielten in der Versorgung keine Rolle.“ Weiters: Vernetzung von Pflegeeinrichtungen, Kompetenzzentren für Altersmedizin, Vorbereitung der Pflegeheime auf die nächste Pandemie (räumliche Ausstattung, Schulungen für Personal), Pflege zu Hause, Tagesbetreuung stärken.
  • Telemedizin als Ergänzung zur ärztlichen Versorgung weiterführen und etablieren.
  • Aufbau von Bettenreserven und Notfalleinrichtungen, mehr Stellenwert von Infektiologie und Virologie in Ärzte- und Pflegeausbildung (Stichwort „Covid-Arzt“), Errichtung von Infektkliniken. Die Ärztekammer stellt sich klar gegen Einsparungen, v. a. die Reduktion von Intensivbetten.
  • Schaffung von zentralen Notaufnahmen, die Patientenströme rasch und effizient steuern.
  • Der „Strukturplan Gesundheit“ der Bundesregierung sollte zu einem Steuerungselement, Gesundheitsausgaben auf Basis von Fakten und Notwendigkeiten anstatt, wie so oft, zwischen Spitalsausgaben, Bildung und Wohnbauförderung politisch abgetauscht werden, regt Gesundheits- und Wirtschaftsjournalist Martin Rümmele (Herausgeber von: „Wir denken Gesundheit neu“) an. „Es fehlt eine Versorgungsforschung. Welche Art wird wo gebraucht? Während der Corona-Krise wurde sichtbar, dass die Sterblichkeitsrate bei Patienten in manchen Bundesländern höher war. Lange wurde der Gesundheitsbereich in den Ländern nur in Hinblick auf Kosten der Krankenhäuser betrachtet.“ Fokus auf Versorgungsqualität legen, Stärkung von integrierter Betreuung der Bevölkerung (Spitäler, niedergelassene Ärzte, Pflege).
  • Materialressourcen wie Schutzkleidung, Masken etc. sichern. Diesbezügliche Preise fixieren, damit im Krisenfall nicht überteuert eingekauft werden muss.
  • Soziale Absicherung von Menschen mit chronischen und psychischen Erkrankungen.
  • Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung durch gezielte Informations- und Bildungsprogramme schon für Kinder.
  • Klimawandel, Artensterben, Luftverschmutzung, immer aggressivere Allergene u. v. m. beeinträchtigen die Gesundheit weltweit. „Die Corona-Pandemie war daher weder Zufall noch eine Ausnahme. Es war das bis jetzt global stärkste Signal für diese Missstände bzw. eine logische Folge“, meint Hygiene- und Umweltmediziner Univ.-Prof. Hans-Peter Hutter, MedUni Wien. Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität sind in Hinblick auf virale Atemwegserkrankungen dringlicher denn je.

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Karin Podolak, Kronen Zeitung

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