Asylwesen in Tirol

Ein U-Ausschuss mit vielen skurrilen Seiten

Tirol
29.02.2020 11:30
Amüsantes, Widersprüchliches, Phrasen und verschwundene Häuser prägen den Verlauf des U-Ausschusses zur Tiroler Soziale Dienste GmbH. Die „Krone“ mit einem Überblick.

Nicht immer passen die Aussagen von geladenen Zeugen zusammen, manchmal sind sie noch in der gleichen Befragung widersprüchlich. Allein der Auftritt von Ex-Soziallandesrätin Christine Baur, sie ist die politisch Verantwortliche, enthielt eine Reihe von skurrilen Aussagen, wie die „Krone“ nun aufzeigt:

  • Geordnet oder nicht geordnet? Am Beginn ihrer Aussagen betonte Baur, dass sie 2013 als Soziallandesrätin „keine geordnete Flüchtlingsorganisation übernehmen konnte“, deshalb diese Belange auf „geordnete Beine“ stellen wollte und die TSD gründete. Wohlgemerkt in der gleichen Anhörung betonte sie auf SPÖ-Nachfrage, von den vorangegangenen Flüchtlingskoordinatoren Peter Logar und Meinhard Eiter gute Strukturen übernommen zu haben, die funktionierten. Wie nun?
  • Der Beste! Ex-TSD-Geschäftsführer Harald Bachmeier wurde von Baur stets als bester der sieben zum finalen Hearing geladenen Kandidaten bezeichnet. Auf Hinweis der Liste Fritz, dass Bachmeier von der zuständigen Personalberatungsfirma zwei Schwachpunkte attestiert wurden, einer Kandidatin hingegen keine, meinte die grüne Politikern nur: „Herr Bachmeier war der Beste.“ Schluss! Aus! Amen!
  • Gehaltsbasar: Weil er der „Beste“ war, spielten wohl auch Gehaltsforderungen von Bachmeier nur eine untergeordnete Rolle. Im Gegensatz zu Forderungen vieler anderer fleißiger TSD-Angestellter, die ungehört blieben. Der Job war ursprünglich mit 5000 € Brutto ausgeschrieben. Bachmeier verhandelte nach, erhielt 7700 € (ein Plus von 54% !). Begründet wurde die Erhöhung mit steigenden Herausforderungen sowohl bei der Zahl der Mitarbeiter als auch der zu Betreuenden. Als die Zahl der Flüchtlinge 2017 stark rückgängig war, wurde Bachmeiers Vertrag nach „Verhandlungen wie am Basar“, wie es Liste Fritz-Abgeordneter Sint bezeichnete, auf 10.600 € - und zwar vorzeitig - erhöht. Erstaunlich Baurs Begründung: Nur weil die Zahl der Flüchtlinge stark sinke, seien die Herausforderungen nicht weniger. Da gelte es neue Geschäftsfelder (?) zu finden. Wohl ein Anschauungsbeispiel grüner Ansätze für Wirtschaftspolitik.
  • Lieber bei Menschen als bei Akten: Mit dieser Aussage begründete Baur, dass es zu wichtigen Entscheidungen keine Schriftstücke gibt und bei Millionenverträgen auf gesetzlich vorgeschriebene Ausschreibungen verzichtet wurde. Dass sie “lieber bei den Menschen war“, wurde durch die Antwort auf die Frage, welcher Haustyp das Flüchtlingsheim in Sistrans - der Heimatgemeinde Baurs - sei, nicht wirklich hervor. “Das weiß ich nicht“, war Baurs Antwort.
  • Häusersuche: 9,1 Mio. € Steuergelder wurden für die Anschaffung von Flüchtlings-Holzhäusern 2015 von der schwarz-grünen Regierung beschlossen. Aber weder die zuständigen Beamten, noch die Politiker wissen, ob überhaupt bzw. wenn ja, wo diese Häuser stehen.

„Weitergabe ist nicht erlaubt“
Der schriftliche E-Mail-Verkehr zwischen Johann Wiedemeier, dem langjährigen Vorstand der Abteilung Soziales des Landes und Ex-TSD-Aufsichtsratsvorsitzendem, und Ex-Soziallandesrätin Christine Baur hat im U-Ausschuss für Aufsehen gesorgt. Darin verhandelten sie eine Gehaltserhöhung für Ex-TSD-GF Harald Bachmeier.

Mehrere Auskunftspersonen haben im U-Ausschuss, der öffentlich zugänglich ist und in dem auch die „Tiroler Krone“ sitzt, aus den E-Mails zitiert. Die „Tiroler Krone“ hat diese E-Mails auch zugespielt bekommen. Anhand von Auszügen daraus haben wir unseren Lesern gezeigt, dass es diesen E-Mail-Verkehr tatsächlich gibt und haben somit zur Aufklärung beigetragen. Doch damit kann sich so mancher Politiker nicht anfreunden. Dazu zählt zum Beispiel Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann (ÖVP). Sie hat vorgestern eine Mail an die (Ersatz-)-Mitglieder des U-Ausschusses versandt. „Aus gegebenem Anlass (Berichterstattung in der Kronenzeitung vom 22. und 27.2.2020) möchte ich noch einmal eindringlich auf die gesetzlichen Bestimmungen zur Vertraulichkeit im Rahmen des Untersuchungsausschusses hinweisen. § 15 Absatz 4 des Gesetzes über Untersuchungsausschüsse legt fest, dass von öffentlichen Ämtern vorgelegte Akten nicht veröffentlicht werden dürfen.“ - siehe Faksimile.

Sie habe daher auch veranlasst, dass eine Akteneinsicht ausschließlich vom dazu berechtigten Personenkreis, der auf die Vertraulichkeit verteidigt wurde, im Beisein einer Mitarbeiterin der Landtagsdirektion erfolgen darf und Kopien ausschließlich vor Ort mit einem gekennzeichneten Papier gemacht werden dürfen.

Raum für Spekulationen
Abgesehen davon, dass die Quellen, die der „Krone“ Details über den U-Ausschuss zuspielen, über die (Ersatz-)-Mitglieder hinausreichen, lässt diese Vorgehensweise Raum für Spekulationen. Ist doch mehr dran an der Tiroler Soziale Dienste GmbH, als bisher bekannt? Ist man deshalb bemüht, dass möglichst wenig publik wird?

Schwarz-grüne Nervosität steigt
Auch wenn das schwarz-grüne Regierungsteam samt Landtagsabgeordneten in Tirol so gerne auf Harmonie macht und diese bei jeder Gelegenheit inszeniert: So richtig in den Kram passt ihr der U-Ausschuss zur Tiroler Soziale Dienste GmbH (TSD) nicht. Die Nervosität steigt spürbar. Was nachvollziehbar ist, denn bei Steuergeldverschwendung - und darauf deuten einige an die Öffentlichkeit gelangte Infos hin - hört sich beim Wahlvolk bekanntlich der Spaß ja auf. Dazu kommt, dass auf die von Oppositionspolitikern gut recherchierten Details und Fragen von vor den Ausschuss geladenen Beamten und Ex-Politikern teils ins Absurde geführt werden. Wie etwa die Aussage von Ex-Soziallandesrätin Christine Baur am Mittwoch zeigt. Auf die Frage der Liste Fritz, warum jemand, der mehr als 9000 Euro Brutto im Monat als Geschäftsführer erhält, sich auch noch einen Berater um rund 200.000 Euro dazu leistete, meinte die Grünpolitikerin: „Dass sich Herr Bachmeier beraten hat lassen, das spricht für seine Professionalität.“ Geht’s noch? Wer nun glaubt, dass bei den im Ausschuss sitzenden schwarz-grünen Vertretern auch nur ansatzweise eine Regung im Sinne von „Keine gute Optik“ oder gar „Sauerei“ kam, muss enttäuscht werden. Deshalb: Die „Krone“ wird den U-Ausschuss nun noch intensiver verfolgen und auch künftig ihr zugespielte brisante Details öffentlich machen - egal, ob es gewissen Damen und Herren bei Schwarz-Grün in den Kram passt oder nicht! Claus Meinert

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