Neuer Trend

„Cli-Fi“: Geschichten über den Klimawandel boomen!

Medien
21.11.2019 14:19

Kein Thema polarisiert derzeit so sehr wie das Klima: Eine weltweite Häufung von Extremwetterereignissen wie Stürmen, Dürren und Überschwemmungen wie zuletzt in Venedig führen der Menschheit die Gefahren der Erderwärmung schmerzhaft vor Augen. Trotzdem leugnen sogar Politiker wie US-Präsident Donald Trump den Klimawandel, und Klima-Aktivisten wie Greta Thunberg wird in sozialen Netzwerken der pure Hass entgegengeschleudert. Darauf reagieren auch die Literatur und die Film- und Fernsehbranche, wo „Climate-Fiction“, kurz „Cli-Fi“, der neueste Trend ist.

(Bild: kmm)

„Es breitet sich aus wie ein Lauffeuer“, sagt der US-Autor und Cli-Fi-Fan Dan Bloom über das neue Genre. Dazu trage nicht zuletzt Trump mit seinem Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen bei. „Es gibt viele Leute, die sagen, dass der Klimawandel nicht real ist“, ärgert sich Bloom. „Diese Leute machen uns andere sehr wütend, und in der Folge gewinnt Cli-Fi mehr und mehr an Kraft.“

Laut dem Literaturprofessor Andrew Milner von der Monash University im australischen Melboune muss Cli-Fi aber erst noch aus dem Schatten der traditionellen Science-Fiction heraustreten. Sowohl die Cli-Fi-Werke als auch ihre Autoren, Regisseure und Fans stützten sich „in erster Linie auf die Science-Fiction-Tradition“. Das Unter-Genre Cli-Fi sei allerdings „in den vergangenen Jahren sehr schnell gewachsen“, sagt Milner.

Genre ist „eine Antwort auf Sorgen in der realen Welt“
Für den Wissenschaftler J.R. Burgman ist der Cli-Fi-Trend eine logische Folge der Protestbewegungen wie Fridays for Future und Extinction Rebellion, die das Bewusstsein für die Erderwärmung deutlich geschärft hätten. Das neue Genre sei „eine Antwort auf Sorgen in der realen Welt“, sagt der Ko-Autor einer Studie mit dem Titel „Science Fiction und Klimawandel: Ein soziologischer Denkansatz“.

Und auch wenn die Literatur aus seiner Sicht auf den Klimawandel eher langsam reagiert habe, „scheint sie jetzt jedenfalls die verlorene Zeit aufzuholen“, sagt Burgman. Und das zeigt sich nicht nur in englischsprachigen Ländern. So zeigte der NDR erst im September im Rahmen eines Themenschwerpunkts zum Klimawandel die sechsteilige niederländisch-belgische Koproduktion „Wenn die Deiche brechen“. In der Katastrophen-Serie werden die Bürger unserer Nachbarländer durch einen Monstersturm über der Nordsee zu Klimaflüchtlingen.

Im französischen Fernsehen wurde in den vergangenen Wochen die Cli-Fi-Serie „La Derniere Vague“ (Die letzte Welle) gezeigt, vergangene Woche lief dort eine weitere mit dem Titel „L‘effondrement“ (Der Zusammenbruch) an. In der Literatur ist „Blackout Island“ der isländischen Schriftstellerin Hagalin Björnsdottir ein Beispiel für erfolgreiche fiktive Stoffe über den Klimawandel.

Von vereinzelten fiktiven Geschichten zum globalen Trend
Schon in den vergangenen Jahrzehnten gab es fiktive Geschichten über Folgen des Klimawandels. Auch in John Steinbecks bedeutendem Roman „Früchte des Zorns“ aus dem Jahr 1939 ging es im Grunde um Klimaflüchtlinge. Und auch der britische Autor J.G. Ballard widmete sich Anfang der 1960er-Jahre dem Thema Klimawandel. In seinem auf deutsch unter dem Titel „Paradiese der Sonne“ erschienenen Roman haben gigantische Sonneneruptionen das Klima global aufgeheizt. Die Polkappen sind geschmolzen, weite Teile Europas gänzlich von Wasser bedeckt. Nur jenseits der Polarkreise ist Leben noch möglich. Prominent schrieb zuletzt Science-Fiction Autor Kim Stanley Robinson in „2140“ über die geflutete Erde einer nahen Zukunft, in der die Hochhäuser New Yorks zu Inseln wurden.

Fürs Kino hatte sich Blockbuster-Regisseur Roland Emmerich 2004 in „The Day After Tomorrow“ dem Thema höchst spektakulär angenommen: Klimaerwärmung, der Anstieg der Wasserpegel in Küstenregionen und die Problematik rund um den Golfstrom könnten 2019 aktueller und relevanter nicht sein. Dabei war es noch vor 15 Jahren nicht einmal für einen Erfolgsregisseur wie Emmerich einfach, einen Film mit einer solch eindringlichen Klima-Warnung wie „The Day After Tomorrow“ ins Kino zu bringen. Die Geschichte bereitete den meisten Studios wegen dem alles andere als hoffnungsvollen Ende Sorgen. Denn am Ende sind die Helden zwar in Sicherheit, auf der Erde ist aber eine neue Eiszeit angebrochen.

Heute beklagt Emmerich den Mangel an Präsenz des Klimawandels in vielen der aktuellen Blockbuster, wie etwa den Filmen des Marvel Cinematic Universe, wo Katastrophen häufig anderer Natur sind. „Es ist ein bisschen das, was ich derzeit an Hollywood hasse“, sagte Emmerich kürzlich dem Branchenblatt „Variety“. „Sie könnten sehr leicht in einem der Marvel-Filme eine Situation schaffen, die eindeutig eine Klimakrise ist. Aber sie tun es nicht.“

„Der Klimawandel braucht Geschichten“
Nach vereinzelten Werken wie Steinbecks „Früchte des Zorns“ und Emmerichs „The Day After Tomorrow“ seien solche Stoffe mittlerweile angesichts der immer deutlicheren Folgen des Klimawandels „kaum zu ignorieren“, ist der erfolgreiche Cli-Fi-Autor Jean-Marc Ligny überzeugt. In Lignys preisgekrönten Roman „Aqua™“ geht es etwa um den Kampf um Trinkwasser in der von globaler Erwärmung geprägten Welt des Jahres 2030. „Der Klimawandel braucht Geschichten, und für die Leser ist es wichtig, dass sie erzählt werden“, sagt der französische Autor. Seiner Einschätzung nach macht Cli-Fi „den Leuten die Lage bewusster“ und kann damit im Kampf gegen die Erderwärmung mehr bewegen als harte Fakten wie Zahlen und Statistiken.

Vielleicht ist es auch endlich an der Zeit für ein Comeback von „Captain Planet“, um die Superhelden-Krktik von Regisseur Emmerich aufzugreifen. Schließlich wollte der Öko-Superheld aus der gleichnamigen Zeichentrickserie - die übrigens von CNN-Gründer Ted Turner erfunden wurde - schon in den 1990ern Jugendliche auf die Umweltverschmutzung aufmerksam machen und dementsprechend zu umweltfreundlichem Verhalten anhalten ...

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