Seit dem Crash der türkis-blauen Regierung haben die Abgeordneten des Nationalrats alles in der Hand: Sie fassen einen Beschluss nach dem anderen, das Parlament ist so lebendig wie nie zuvor. Die Kehrseite: Gesetzesanträge durchlaufen nicht wie sonst üblich die sechswöchige Begutachtungsphase.
Die Aufregung war zu Recht immer dann groß, wenn die mittlerweile zerbrochene türkis-blaue Regierung Gesetze nicht als Regierungsvorlage ins Parlament schickte, sondern höchst trickreich als Initiativantrag ihrer Koalitionsparteien einbrachte. Das hatte für ÖVP und FPÖ zweifellos den angenehmen Nebeneffekt, dass die sechswöchige Begutachtungsphase entfallen ist - dieser wird ein Gesetz immer dann unterzogen, wenn es nicht von den Fraktionen, sondern eben von der Regierung vorgelegt wird.
Fehlerhafte oder verfassungswidrige Anträge als mögliche Kehrseite
Dass sämtliche Gesetzesanträge, über die in den vergangenen Tagen im Parlament abgestimmt wurde, keine Begutachtungsphase durchlaufen müssen, sehen nicht alle positiv. „Der Hauptnachteil daran ist, dass Bürger, Betroffene und Organisationen nicht in der Form eingebunden werden, wie das bei Regierungsvorlagen der Fall ist“, kritisiert der Parlamentsexperte und Ex-ÖVP-Klubdirektor Werner Zögernitz. „Auf diese Art und Weise geht die Transparenz verloren.“ Er warnt auch vor „Schnellschüssen“ im Rahmen des sogenannten freien Spiels der Kräfte - diese könnten nämlich dazu führen, dass Anträge fehlerhaft oder verfassungswidrig sind. Die Folge: Die Gesetze müssen wieder aufgehoben oder zumindest repariert werden.
Seit gestern Abend befinden sich die Parlamentarier in der Sommerpause. In der nächsten Sitzung vier Tage vor der Nationalratswahl wird noch über ein Dutzend Anträge abgestimmt. Darunter das Gewaltschutzpaket, Teile der Steuerreform und die Schuldenbremse in der Verfassung.
Sandra Schieder, Kronen Zeitung
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