Martin Grubinger

Grüß Gott, liebe „Krone“-Leser!

Salzburg
24.02.2019 08:00

Auf Einladung der „Krone“ darf ich künftig regelmäßig meine Sichtweisen zu den aktuellen Themen hier in der Zeitung mit Ihnen teilen. Es ist ein recht breites Feld, und es sind gewiss aufregende Zeiten, die man als interessierter und engagierter Beobachter derzeit erlebt. Persönlich empfinde ich das als inspirierend und motivierend. Ich kann mir allerdings sehr gut vorstellen, dass die aktuellen Vorgänge bei uns und rund um uns nicht alle als vorteilhaft wahrnehmen.

Dennoch: Wir leben in einem wunderbaren Land! Nach vielen berufsbedingten Reisen macht mich der Vergleich sicher. Allerdings gehen wir durch eine Phase gesellschaftlicher und politischer Umbrüche. Einige Veränderungen verfolge ich mit Skepsis. Und dabei, ich gebe es zu, wächst meine innere Unruhe.

Eine Frage drängt sich mir dabei immer auf: Geht es in unserem schönen Land wirklich fair zu?

Unlängst bin ich beispielsweise nach einem Konzert Ohrenzeuge einer, wie ich finde, recht typischen Unterhaltung zweier Städter geworden. Man unterhielt sich lebhaft über die Qualität diverser Schulen in Wien. Eine Dame meinte, man habe mit dem Sohn schon mehrere Schulen begutachtet und werde sich demnächst entscheiden. Ich muss vorausschicken: Ich lebe fast mein ganzes Leben auf dem Land. Ich bin sozusagen ein leidenschaftlicher Provinzler. Ein leider oft negativ besetzter Begriff, den ich mit Stolz trage.

Und bei der oben beschriebenen Unterhaltung wurde mir wieder einmal bewusst, wie weit die Lebensrealitäten zwischen Stadt und Land auseinanderliegen. In unserem Dorf in Oberösterreich etwa haben wir nur eine Schule, die muss funktionieren und Qualität bieten, was sie im Fall meines Sohnes in unserem Dorf glücklicherweise fantastisch tut. Bei der Infrastruktur wie dem öffentlichen Verkehr, der Nahversorgung, der Kinderbetreuung und vor allem der Gesundheitsversorgung werden die Probleme immer deutlicher. Besonders der Ärztemangel auf dem Land macht vielen, zumeist älteren Mitbürgern zu schaffen.

Oder die Lage für Start-up-Unternehmer, die sich auf dem Land mit Super-Slow-Internet rumärgern müssen, weil es den Anbietern schlicht zu wenig bringt, dort ordentlich Speed bereitzustellen.

Oder denken wir daran, wie schwer es oft ist, auf dem Land die tollen kulturellen Institutionen zu erreichen? Wann haben die mit Steuergeld finanzierten Musik- und Kunsthäuser zuletzt allen Bürgern des Landes eine Möglichkeit geboten, diese zu besuchen?

Oder die fehlenden Polizisten auf dem Land. Oder der Priestermangel. Das alles macht das Leben auf dem Land oft nicht leicht.

Das mag für lärmgeplagte Städter lächerlich klingen. Aber wenn wir uns die Wahlerfolge von Trump, Le Pen, der AfD oder das Brexit-Votum genauer anschauen, wird klar: Die politischen Eruptionen sind von Bürgern im sogenannten Hinterland ausgelöst worden, die sich nicht nur benachteiligt fühlen, sondern es oft in der öffentlichen Unterstützung auch sind.

Gerade für die Politik in Europa wäre dies ein wichtiges Thema. Geht es doch um Chancengerechtigkeit für alle, sowie um öffentliche Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen. Es bleibt keine Zeit zu verlieren, das anzugehen. Dazu braucht es Ideen und Begeisterung für politische Ziele, Kampfgeist und Interesse, den Bürger ohne Selbstinszenierung kennenlernen zu wollen. Also: raus aus dem vertrauten Umfeld und rein in die Wohnzimmer, Küchen und an die Stammtische der Bürger!

Ihr Martin Grubinger

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