15 große Highlights

Rückblick auf 2018: Die besten Alben des Jahres

Musik
22.12.2018 07:00

Es ist schwierig bei der unendlichen Fülle an Alben aus allen verschiedenen Genres die großen Favoriten zu küren - wir haben es dennoch wieder versucht und uns für die zehn (+ fünf) besten Alben des Jahres 2018 entschieden. Natürlich streng subjektiv und alphabetisch geordnet. Welche Werke sind Ihre Favoriten?

(Bild: kmm)

Daughters - You Won’t Get What You Want
Auf Ipecac, dem Label von Faith-No-More-Frontmann Mike Patton, wird gemeinhin keine leichte Kost veröffentlicht, doch das vierte Studioalbum der Daughtersist an roher, ungehobelter Aggressivität kaum zu überbieten. Acht Jahre sind seit dem Vorgänger verstrichen, dazwischen gab es eine Bandauflösung und Reunion. Möglicherweise ist das der Grund, warum „You Won’t Get What You Want“ wohl das unheimlichste Album des Jahres geworden ist. Bedrohliche Synthie-Einsätze, dissonantes Drumming und der ständig zwischen Sprechgesang und Geschrei mäandernde Vokaleinsatz von Frontmann Alexis S.F. Marshall lassen stets Unbehagen in der Magengegend aufkommen. Terror aus der Tonkonserve, wie ihn auch Metz, die Swans oder Listener praktizieren. Das Noise/Hardcore/Art-Metal-Geschredder ist jedenfalls nichts für sanfte Gemüter.

DJ Koze - Knock Knock
Mit der Hip-Hop-Band Fischmob praktizierte er in den 90er-Jahren auf zwei Alben eine eigenwillige Form von Dadaismus, doch Stefan Kozalla aka DJ Koze ist 20 Jahre später längst tief in der Elektronik verwurzelt. In seiner deutschen Heimat gilt der Hamburger Tausendsassa sogar als einer der allerschönsten Szenediamanten, weil er sich auf seinem neuen Album „Knock Knock“ einmal mehr jedweden Trends verweigert und statt opulenter Berghain-Beatstafetten lieber auf eine entspannt ursprüngliche Form des DJings setzt. Das mag den Szene-Hipstern vielleicht etwas zu altertümlich und untanzbar erscheinen, doch gerade diese alternative Zugangsweise zu seinem Electro-Sound lässt DJ Koze angenehm aus dem Wulst der höher/schneller/weiter-Geifernden herausstechen. Mithilfe von Gästen wie Justin Vernon oder Roisin Murphy taucht er in psychedelische, funkige, krautrockige Welten ein und kreiert somit den perfekten Soundtrack für den Sonnenaufgang am beduselten Day After.

Ghost - Prequelle
Im Hard Rock/Heavy Metal-Sektor gibt es seit geraumer Zeit keine umstrittenere Band als die Schweden von Ghost. Manche hassen sie für ihre mediale Omnipräsenz, andere knien vor dem einzigartigen Melodienreichtum von Frontmann Tobias Forge. Dieser muss nicht nur mit seinem schwierigen Selbst klarkommen, sondern die Band auch immer weiter an die Spitze steuern und Rechtsstreitereien mit Ex-Mitgliedern austragen. Das hohe Arbeitspensum hält ihn aber nicht davon ab, sich weiter unnachahmlich Richtung Festival-Headliner der Zukunft zu spielen. „Prequelle“ ist in seiner Gänze ein in diesem Jahr unerreichtes Stück Melodic-Rock mit memorablen Hymnen und wundervollen Melodiebögen, die sonst niemand zusammenbringt. Die Beatles mit Corpsepaint haben noch Großes vor - u.a. im Sommer als Vorband von Metallica im Happel-Stadion zu spielen.

Idles - Joy As An Act Of Resistance
Die Brexit-Verhandlungen stocken, das Land ist in allen Bereichen tief gespalten und die ungewisse Zukunft sorgt für ständige Ungewissheit. Es ist kein Wunder, dass vom System und der Welt angepisste Bands in England derzeit wie Schwammerl aus dem Boden sprießen. Haben sich letztes Jahr die Sleaford Mods gegen die Irrungen und Wirrungen der Gegenwart ausgesprochen, strecken uns dieses Mal die Bristoler von Idles den Mittelfinger entgegen. Nur ein Jahr nach dem Bombendebüt „Brutalism“ folgt mit „Joy As An Act Of Resistance“ das nächste Lebenszeichen aus dem Untergrund. Mit einer Mischung aus Punk, Rumpel-Rock und Post-Hardcore wettern sie gegen Homophobie, Fremdenhass und die Verrohung der Gesellschaft. In „June“ besingt Sänger Joe Talbot die Totgeburt seiner Tochter. Ein wichtiges Album in Zeiten der glattgebügelten Oberflächlichkeit.

Janelle Monáe - Dirty Computer
Auch Janelle Monáe ist weit davon entfernt, mit biederen Standardsätzen über die Probleme in einem reichen Haushalt im sonnigen Beverly Hills zu singen. Die Königin des futuristischen Funk mit R&B-, Soul- und Psychedelic-Anleihen bewegt sich bewusst im Fahrwasser ihres großen Idols, dem unersetzbaren Prince, ohne dabei aber an eigener Identität einzubüßen. Dass so bunte Künstler wie Beach-Boys-Mastermind Brian Wilson, Pharrell Williams oder die famose Grimes auf dem Album zu hören sind, soll jedenfalls nicht darüber hinwegtäuschen, dass Monáe mutig und aktiv gegen Rassismus, Homophobie und die Aggressionen unter Menschen ansingt. „Dirty Computer“ ist ein rundes Meisterwerk für Queerness, Feminismus und das Erkennen des eigenen Selbstwerts. Ein untrügliches und tanzbares Statement gegen aktuelle Verrohungstendenzen.

Jesper Munk - Favourite Stranger
Es ist beeindruckend, mit welcher Selbstsicherheit sich der 26-Jährige Wahlberliner in den letzten drei Jahren entwickelt hat. Anstatt das Erfolgskonzept Blues von „Claim“ einfach weiterzuführen und sich wohlig ins gemacht Nest zu kuscheln, dreht der artifizielle Blondschopf auf „Favourite Stranger“ einfach an den Reglern und gibt sich dem Soul mit einer zeitlos-schönen Noir-Atmosphäre hin. Anstatt sich dreckig durch die Gitarren-Botanik zu rumpeln, sind die Melodien und Sounds zumeist feinst ausziseliert, im viel zu großen Anzug und der obligatorischen Hipster-Brille haucht uns Jesper dazu in eindringlicher Crooner-Form seine Erfahrungen und Erlebnisse zu. Das klingt mal nach Jimi Hendrix, mal nach The Cure und ganz selten sogar ein bisschen nach Nick Cave. Wer soll dieses Talent noch stoppen?

Nakhane - You Will Not Die
Was tut man, wenn man als Homosexueller in einer streng christlichen Gemeinde in Südafrika aufwächst und nicht weiß, wie man sich selbst authentisch und echt zeigen kann? Im Fall des 30-jährigen Nakhane lässt man alle Sorgen, Ängste und Probleme in die Musik einfließen und teilt diese Erfahrungen ehrlich mit der Öffentlichkeit. „You Will Not Die“, Botschaft und Mantra zugleich, ist das vielleicht spannendste Album des Jahres, das textliche Wertigkeit und musikalische Spannung unnachahmlich passend vereint. Soul, Electronic, Pop und Gospel vereinen sich wunderbar, stimmlich pendelt das Multitalent zwischen Anohni und Benjamin Clementine - je nachdem, was der Text gerade mitteilen will. Mehr Facettenreichtum und Authentizität gab es 2018 nicht zu finden.

Rhye - Blood
Wer auf elegischen Designer-Pop mit viel Gefühl und einer künstlerisch-sanften Ästhetik steht, ist beim Zweitwerk des Duos Rhye richtig. Wobei der Terminus Duo mit Vorsicht zu genießen ist, denn das sanft-funkige Werk lebt vor allem von der androgynen Stimme Mike Miloshs, der sich im Vergleich zum Debüt aus 2013 noch einmal gewaltig steigern konnte. Dass dabei unentwegt Vergleiche mit Sade und The xx angestellt werden, müssen Rhye aufgrund ihrer musikalischen Ausrichtung aber akzeptieren. Manche Tracks schrammen vielleicht nur knapp am Kitsch vorbei, doch die Schönheit der filigranen Inszenierungen überwiegt auf „Blood“ in jedem Maße. Mit „Taste“ hat sich sogar ein richtiger Radiohit auf das Album geschlichen - für die ruhigen Stunden zu zweit gibt es kaum einen besseren Soundtrack.

Soccer Mommy - Clean
Aus dem US-Musikmekka Nashville kommt schon die nächste musikalische Wunderwaffe, die bereit ist, die Welt im Sturm zu erobern. Soccer Mommy heißt eigentlich Sophie Allison und wurde in der Schweiz geboren - die Welt darf aber dankbar dafür sein, dass ihre musikalische Sozialisation über den großen Teich stattfand. Für ihr Debütalbum „Clean“ hat sie erstmals eine ganze Band um sich geschart und außerdem das Schlafzimmer gegen ein richtiges Studio eingetauscht. Aus dem Lo-Fi-Indie reift hier damit eine wundervolle Singer/Songwriter-Platte mit sanften Grunge-Anleihen und 90s-Attitüde. Und von den träumerischen Melodien sollte man sich nicht zu sehr verwirren lassen - textlich referiert sie über klassische Coming-Of-Age-Probleme, zerschundene Beziehungen und Unsicherheiten ob ihrer Zukunft. Da kommt noch Großes auf uns zu.

Watain - Trident Wolf Eclipse
2018 war für den Black Metal wahrscheinlich das beste Jahr seit den seligen 90ern - tonnenweise Top-Alben aus Norwegen, Island, Frankreich, Schweden oder Griechenland beweisen, wie vital die Szene ist. An der Spitze ebenjener stehen die schwedischen Teufelsanbeter von Watain, die ihre „Pink-Floyd-Phase“ überwunden haben und auf „Trident Wolf Eclipse“ in unzweideutigen Songs wie „Nuclear Alchemy“, „Teufelsreich“ oder „The Fire Of Power“ gerne knüppeln, was das Zeug hält. Wer die Möglichkeit hat, die Hohepriester des Bösen einmal live zu sehen, sollte sich die Chance nicht entgehen lassen - im gesamten Black Metal gibt es derzeit nichts vergleichbar Opulentes zu sehen und dass dieses Album in vielen Ländern sogar respektable Platzierungen in den Mainstream-Charts einfuhr beweist, dass die oft so gefürchtete Szene klar am Vormarsch ist.

Nun ja, zehn Alben sind gut, 15 aber noch besser. Hier haben wir für Sie noch weitere fünf Werke, die uns nachhaltig positiv im Gedächtnis geblieben sind:

(Bild: Awol, Beach, Morris, Priest, Tribu, stock.adobe.com, krone.at-Grafik)

Awolnation - Here Come The Runts
Der Erfolg des Megahits „Sail“ hängt Awolnation-Mastermind Aaron Bruno unweigerlich bis ans Lebensende nach, doch mittlerweile hat der kalifornische Surfer aufgehört, sich dagegen zu verwehren. „Here Come The Runts“ ist nach vermehrten Ausflügen in die Elektronik ein Album voll Herz, Liebe und Seele. Bruno ist in seinem Leben angekommen und kann dieses Gefühl wundervoll weitervermitteln.

Beach House - 7
Seit knapp 15 Jahren sorgen Victoria Legrand und Alex Scally unter dem Namen Beach House für Indie-lastigen Dream Pop, der sich für die besonders entspannten Stunden eignet. Geplant waren zwar stärkere Modifikationen im Grundsound, doch im Endeffekt landeten die beiden Amerikaner doch wieder bei Synthie-geschwängerten Traumkaskaden, die von sanfter Stimme und akzentuiertem Drumming verstärkt werden. Nichts Neues, aber zeitlos gut.

Judas Priest - Firepower
Nach mehr als 40 Jahren ihres Bestehens und einigen mediokren kehrten die britischen Heavy-Metal-Götter heuer mit „Firepower“ so gewaltig zurück, wie sich das im Vorfeld niemand ausmalen konnte. Dank des emsigen „Neulings“ Richie Faulkner und einem in der Herbstblüte seines Lebens stehenden Rob Halford am Mikro, haben die Kult-Metaller ihr bestes Album seit „Painkiller“ (1991) veröffentlicht. Hoffen wir nun noch inständig auf weitere Touren.

Rae Morris - Someone Out There
Die Kritiker überschlagen sich Anfang Februar mit Lobeshymnen für das Zweitwerk der sympathischen Britin mit der Goldstimme. „Someone Out There“ ist tatsächlich eine unfassbar profunde Verfeinerung ihres Grundsounds, der sich irgendwo zwischen Electronica, Art Pop und Björk-Referenzen verorten lässt. Keine schlechte Entwicklung für jemanden, der noch vor wenigen Jahren beim britischen Drittligamittelständler Blackpool FC Bier verkaufte.

Tribulation - Down Below
Ein drittes Mal kommt in dieser Bestenliste Schweden vor und es ist wieder hochverdient. Tribulation haben sich innerhalb weniger Jahre vom Death Metal wegbewegt und sind mittlerweile unerreicht in ihrer unikalen Auffassung von Dark Rock mit Gothic- und Heavy-Metal-Referenzen. Gepaart mit der intensiven, sehr theatralischen Bühnenshow steht Tribulation noch eine große Karriere bevor. Sich zwischen Dissection, The Cure und Christian Death zu bewegen, ist zudem nicht so schlecht.

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