Tödlicher Schuss

Erste Erkenntnisse nach der Tatrekonstruktion

Niederösterreich
28.08.2009 12:52
Etwa dreieinhalb Stunden hat in der Nacht auf Donnerstag im Kremser Merkur-Markt die gerichtlich angeordnete Rekonstruktion jener Tat gedauert, die am 5. August in den frühen Morgenstunden den Tod eines 14-jährigen zur Folge hatte. Der Lokalaugenschein am Tatort brachte dabei einige aufschlussreiche Erkenntnisse, etwa auch, welcher der beiden Polizisten den Schuss auf den getöteten Jugendlichen abgegeben hat.

Laut Ö1-Abendjournal kam der tödliche Schuss aus der Waffe des männlichen Polizisten, seine Kollegin habe demnach die beiden anderen Schüsse abgefeuert.

"Abwehr eines Angriffs"
Für Hans-Rainer Rienmüller, den Rechtsvertreter der beiden Polizisten, gegen die die Staatsanwaltschaft Korneuburg wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen ermittelt, hat die Tatrekonstruktion im Kremser Merkur-Markt die bisherige Verantwortung seiner Mandanten bestätigt. "Sie hatten Gelegenheit, konkret fallbezogen zu zeigen, wie ein Beamter in so einer Situation reagiert. Es war die Abwehr eines Angriffs entsprechend ihrer Ausbildungsrichtlinien", sagte der Wiener Anwalt am Donnerstagabend.

"Ein Beamter muss blitzschnell entscheiden"
Wie Rienmüller betonte, sei es in der Nacht auf den 5. August in einem dunklen, schlecht beleuchteten Raum zu der Begegnung zwischen den mutmaßlichen Einbrechern und den Uniformierten gekommen. Dabei hätte sich aus Sicht der Polizisten eine gefährliche Situation ergeben, die vermummten, daher nicht als solche erkennbaren Jugendlichen hätten sich ihnen mit einem Schraubenzieher bzw. einer Gartenharke in den Weg gestellt. "Ein Beamter muss blitzschnell in Sekundenbruchteilen entscheiden, wie er darauf reagiert", meinte Rienmüller. Er verwies auf § 7 Waffengebrauchsgesetz, die gesetzliche Grundlage, die den lebensgefährdenden Waffengebrauch durch Exekutivbeamte regelt.

Demnach ist der mit Lebensgefahr verbundene Gebrauch einer Waffe gegen Menschen im Falle gerechter Notwehr zur Verteidigung eines Menschen ebenso zulässig wie zur Erzwingung der Festnahme oder Verhinderung des Entkommens einer Person, die einer gerichtlich strafbaren Handlung dringend verdächtigt ist: Dabei muss es sich um ein Vorsatzdelikt handeln, das mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist.

Die gerichtlich strafbare Handlung, der der Betroffene verdächtigt wird, muss bei Erwachsenen mit ein bis zehn Jahren, bei Jugendlichen mit sechs Monaten bis zu fünf Jahren bedroht sein. Im konkreten Fall wäre bei einer ex post-Betrachtung dieser Strafrahmen bei gewerbsmäßigem schwerem Einbruchsdiebstahl gegeben gewesen - in diese Richtung ermittelt die Staatsanwaltschaft Krems gegen den mittlerweile 17-Jährigen.

Drei Sachverständige bei der Tatrekonstruktion
Bei der Tatrekonstruktion waren laut dem Korneuburger Staatsanwalt Friedrich Köhl auch drei Sachverständige anwesend - ein Mediziner, ein Schießtechniker und ein Chemiker. Sie sollen in den kommenden Wochen ihre Gutachten abliefern. Die Staatsanwaltschaft werde danach zur Enderledigung schreiten. Dabei handelt es sich um die Entscheidung, ob das Verfahren gegen die Polizisten, eine Frau und ein Mann, die dreimal geschossen hatten, eingestellt oder Strafantrag - in welche Richtung auch immer - erhoben wird, erläuterte Köhl. Derzeit ermittelt die Korneuburger Anklagebehörde wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen (Strafrahmen bis drei Jahre Haft) gegen die Beamten.

17-Jähriger mit tief über den Kopf gezogener Kapuze
Die Tatrekonstruktion hatte plangemäß am Mittwoch gegen 21.30 Uhr begonnen. Zuvor waren Fenster und die Eingangstür des Supermarktes abgeklebt worden (siehe Bilder in der Infobox). Der Parkplatz vor der Filiale wurde gesperrt. Bereits ab 20.40 Uhr trafen Vertreter des Gerichtes und der Polizei, die bestellten Sachverständigen, Rechtsvertreter und die beiden Beamten ein, die sich in einem gegen Blicke von außen geschützten Wagen befanden. Der 17-jährige, der in U-Haft ist, wurde um 21.20 Uhr in einem Auto der Justizwache vorgeführt. Er trug Jeans und einen grau-schwarzen Sweater, dessen Kapuze er tief über den Kopf gezogen hatte.

Der Lokalaugenschein dauerte bis gegen 1.00 Uhr am Donnerstag. Wie die Autos mit den insgesamt mehr als 30 beteiligten Personen auf die polizeilich gesperrte Fläche eingefahren waren, fuhren sie auch wieder aus. Bei der Abfahrt duckten sich in einem Wagen eine Frau und ein Mann - mutmaßlich die Polizeibeamten, die gefeuert hatten.

Bei der Rekonstruktion der Tat dürfte zunächst der 17-Jährige seine Sicht der Dinge dargestellt haben - er wurde nämlich bereits gegen 23.15 Uhr wieder zurück in die Justizanstalt Krems gebracht. Von außen war er zuvor in dem Supermarkt nur zu sehen, als er von fünf Beamten begleitet offensichtlich die Toilette aufsuchen musste. Die beiden Polizisten dürften im Anschluss an den 17-Jährigen bei der Rekonstruktion am Zug gewesen sein.

Staatsanwalt: Beteiligte blieben bei bisherigen Aussagen
Laut Köhl bestätigten die Beamten in der Nacht auf Donnerstag ihre Angaben, dass sie sich von den mutmaßlichen Einbrechern angegriffen gefühlt und daher zur Wehr gesetzt hätten. Die maskierten Einbrecher, infolge ihrer Vermummung nicht als Jugendliche erkennbar, wären im Begriff gewesen, auf sie, die Polizisten, loszugehen. Der 17-Jährige wiederum hatte ausgesagt, er und sein Freund hätten sich bereits auf der Flucht befunden, als die Schüsse fielen. Dabei sei er auch bei der nächtlichen Tatrekonstruktion geblieben, so Köhl.

Für die Außensicherung des Areals bei dem Merkur-Markt in Krems waren etwa 30 Beamte, u. a. der Einsatzeinheit Niederösterreich, aufgeboten. Dass die Tatrekonstruktion stattfindet, hatte in Krems-Lerchenfeld schnell die Runde gemacht. Immer wieder kamen Schaulustige, unter ihnen vor allem Jugendliche, vorbei - wenn auch nicht in großer Zahl.

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