Mit der Enthaftung des 39-Jährigen hat das Wiener Oberlandesgericht einer Haftbeschwerde der Rechtsvertreterin des Mödlingers Folge geleistet. Die OLG-Entscheidung steht in eklatantem Widerspruch zur Rechtsansicht der Justizbehörden in Wiener Neustadt. Diese hatten über den Mann nach der bewilligten Wiederaufnahme seines Verfahrens die U-Haft verhängt und dies damit begründet, dass sich am Verdacht des versuchten Mordes nichts geändert habe.
"Kein dringender Tatverdacht"
Im OLG sieht man das anders: "Aufgrund der Ereignisse, die zur Wiederaufnahme geführt haben, kann der dringende Tatverdacht nicht mehr aufrechterhalten werden", betonte OLG-Sprecher Raimund Wurzer am Dienstag.
Von Ehefrau schwer belastet
Der Mödlinger war vor zwei Jahren in Wiener Neustadt wegen versuchten Mordes rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden, nachdem seine Ehefrau behauptet hatte, dass ihr Mann sie von hinten erdrosseln habe wollen. Ein neues Gutachten nährte im Mai 2009 Zweifel an der Version der Gattin. Demnach könnten ihre Würgemale auch von einer Abwehrreaktion des 39-Jährigen stammen, wie dieser auch stets beteuert hatte.
Das Oberlandesgericht ließ schließlich am 12. Mai eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu. Die Causa befindet sich damit wieder im Ermittlungsstadium: Die Staatsanwaltschaft hat neue Untersuchungen angeordnet und das Institut für Rechtsmedizin in Bern beauftragt, die Verletzungen, die der Verdächtige erlitten hatte, einer neuerliche Befundung zu unterziehen. Zusätzlich wird das Schweizer Ärzteteam eine computeranimierte 3D-Rekonstruktion erstellen. Danach könnte ein nochmaliger Lokalaugenschein mit einer Tat-Rekonstruktion angeordnet werden.
Droht 39-Jährigem erneute Anklage?
Von diesen Ergebnissen wird abhängen, ob gegen den Mann neuerlich Anklage wegen versuchten Mordes erhoben wird. Derzeit ist nicht absehbar, wann diesbezüglich mit einer Entscheidung zu rechnen ist. Bis dahin bleibt der 39-Jährige auf jeden Fall auf freiem Fuß.
Enthafteter Mödlinger "nur glücklich"
In einer ersten Reaktion auf seinen nunmehrigen Freigang zeigte sich der Mödlinger "einfach nur glücklich". Er habe "711 Tage" im Gefängnis verbracht, die Enthaftung sei "gefühlsmäßig unbeschreiblich". Dass er wieder in Freiheit sei, habe er "nicht gleich" realisieren können. Er glaube auch nicht, dass es für ihn wieder zurück ins Gefängnis gehen könnte, so der 39-Jährige. "Das kann ich mir nicht vorstellen."
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