Mon-Chéri-Anschlag

Strafe angehoben: Lebenslange Haft für Helmut O.

Österreich
19.03.2009 17:20
Im Fall des vergifteten Spitzer Bürgermeisters Hannes Hirtzberger ist am Donnerstag vom Obersten Gerichtshof (OGH) die Nichtigkeitsbeschwerde des 56-jährigen Helmut O. (Bild) gegen das Urteil in erster Instanz abgewiesen worden. Der OGH gab der Berufung der Staatsanwaltschaft gegen die Strafhöhe statt und hob das Strafausmaß von 20 Jahren auf lebenslang an.

Der Oberste Gerichtshof maß vor allem dem Punkt, dass es sich um ein "heimtückisches Attentat" gehandelt habe, großes Gewicht zu. Der Umstand, dass Helmut O. bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt habe, relativiere sich. "Wir sind der Meinung, da gibt es nur eine Antwort: lebenslang", so der Vorsitzende. Hirtzberger befindet sich seit dem Anschlag im Februar 2008 im Wachkoma.

"Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann würde ich wollen, dass der Hannes wieder munter wird", erklärte Helmut O. vor dem OGH. "Ich kenne ihn seit 35 Jahren, wir sind gute Freunde." Das ihm vorgeworfene Motiv, Hirtzberger vergiftet zu haben, weil dieser einer Umwidmung nicht zustimmen wollte, stimme nicht: "Ich habe die Unterlagen dazu bereits seit vier Jahren in der Schublade. Ich habe keinen Grund, ihm etwas anzutun."

"388 Tage unschuldig in Haft"
Die Frau des Opfers stelle es so dar, "als wenn ich böse mit ihm wär' - aber das Gegenteil stimmt. Er hat mir oft Gäste von der Gemeinde geschickt", so der 56-Jährige. Die beiden verbinde "ein tiefes Band schon von den Eltern her. Ich bin heute 388 Tage unschuldig in Haft und das ist nicht besonders lustig, wenn man unschuldig ist."

"Wenn das nicht heimtückisch ist, dann weiß ich nicht"
Zum Punkt, dass es sich nicht um ein heimtückisches Verbrechen handle, meinte die Generalstaatsanwältin Christine Sperker: Das Vorgehen, dass man ein Mon Chéri so präpariert, wie man es präpariert hat, es wieder verschweißt, mit sich führt, eine Karte aussucht, beides am Auto festmacht, wo auch Kinder hingelangen - "wenn das nicht heimtückisch ist, dann weiß ich nicht, was das ist." Das sei "nicht nur heimtückisch, sondern auch wohlüberlegt" gewesen. "Hirtzberger hat jetzt ein Leben, das völlig verschieden ist von dem vorher als Rechtsanwalt, Bürgermeister, Familienvater." Nach Ansicht des Gerichtsgutachters bestehe keine Chance auf Heilung: "Das heißt, er hat ein Leben, in dem er 24 Stunden auf Pflege angewiesen ist."

Schon in erster Instanz werteten die Geschworenen die bisherige Unbescholtenheit von O. mildernd - ebenso, dass es beim Versuch geblieben ist. Das Gewicht dieses Milderungsgrundes sei jedoch zu hinterfragen, so die Generalstaatsanwältin.

Geschworener bei Verhandlung eingeschlafen?
Einer der Hauptkritikgründe von Verteidiger Nikolaus Rast war, dass in erster Instanz ein Geschworener bei der Verhandlung immer wieder eingeschlafen sei. Selbst wenn einer Ermüdungserscheinungen gezeigt und während den anstrengenden Verhandlungstagen einmal kurz nicht aufmerksam gewesen sei, bedeute das nicht, dass das Urteil nichtig sei, erklärte der Vorsitzende und Senatspräsident des OGH, Eckart Ratz. Er verglich dies mit einer "kaputten Glühbirne", deretwegen man auch nicht das gesamte Haus abreißen und neu aufbauen würde. Somit wurde das Urteil der Geschworenen im Landesgericht Krems vom Mai des Vorjahres rechtskräftig.

"Wir arbeiten bereits an einer Wiederaufnahme", erklärte Verteidiger Nikolaus Rast nach der Urteilsverkündung. Er erhalte immer mehr Hinweise aus der Bevölkerung, die gegen eine Schuld seines Mandanten sprächen. Die Leute hätten sich zuvor nur nicht getraut, sich zu äußern.

Praline hinter dem Scheibenwischer
Helmut O. wurde vorgeworfen, am Abend des 8. Februar 2008 eine mit einer mehrfach tödlichen Dosis Strychnin präparierte "Mon Chéri"-Praline unter Beilage einer Glückwunschkarte hinter den Scheibenwischer am Pkw des beliebten Spitzer Bürgermeisters gesteckt zu haben. Hirtzberger verzehrte das Naschwerk am nächsten Morgen, auf der Fahrt in seine Kremser Kanzlei wurde ihm plötzlich schlecht. Er konnte noch anhalten und Passantinnen zurufen, diese sollten einen Arzt verständigen, er habe ein "Mon Chéri" gegessen und sei vergiftet worden. Danach verlor er das Bewusstsein, erlitt einen Herzstillstand, konnte aber reanimiert werden.

DNA-Gutachten gab den Ausschlag
Ausschlaggebend für den Schuldspruch im Mai des Vorjahres waren vor allem die Zeugenaussagen der Söhne des 56-Jährigen und ein DNA-Gutachten, das den Angeklagten massiv belastete: Sein genetischer Fingerabdruck war auf der Innenseite des dem "Mon Chéri" beigelegten Billetts gefunden worden, wofür der Wirt keine plausible Erklärung bieten konnte. Darüber hinaus förderten seine Söhne zu Tage, dass ihr Vater sie gebeten hatte, in ein Marmeladeglas zu spucken, um mit ihrem Speichel die DNA-Probe zu verfälschen, um die ihn die Polizei Mitte Februar ersucht hatte: Als feststand, dass am Billett eine männliche DNA haften geblieben war, ging die Polizei mit dieser Information an die Öffentlichkeit und teilte mit, dass sie aus dem Kreis der Verdächtigen, zu denen Helmut O. von Anfang an zählte, nun mehr als ein Dutzend Personen um einen biologischen Fingerabdruck bitten werde.

Umwidmungsstreit als Tatmotiv
Als Motiv für den Mordversuch hatte Staatsanwalt Friedrich Kutschera die sich hinschleppenden Umwidmung für den "Klosterhof" samt angeschlossenen Grundbesitz des Angeklagten ins Treffen geführt. Helmut O. wollte seinen Besitz als Bauland gewidmet bekommen, um ihn verkaufen bzw. einem Hotel-Projekt zuführen zu können. Bürgermeister Hirtzberger soll dem zwar grundsätzlich nicht im Wege gestanden sein, aber unabdingbare Voraussetzungen - etwa die Vorlage eines Businessplanes oder die Zusage von Fördermitteln des Landes Niederösterreich - eingefordert haben, die O. nicht beibringen konnte oder wollte. Für diese Verzögerung habe O. den Bürgermeister verantwortlich gemacht, so der Anklagevertreter.

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