Korruption
EU droht Bulgarien mit Geld-Stopp
Auch die für die EU-Fonds zuständige stellvertretende Regierungschefin Meglena Plugtschiewa ist besorgt. "Der EU-Bericht wird äußerst streng und kritisch gegenüber unseren Fehlern und unerfüllten Verpflichtungen sein", sagt sie in einem Interview mit der Zeitung "24 Tschassa".
Seit sie vor zwei Monaten die Kontrolle über die Gelder aus Brüssel übernommen habe, seien "keine Wunder" möglich gewesen. Wegen Missbrauchs von Geldern hatte die EU bereits Zahlungen in Millionenhöhe gestoppt, die in Bulgarien dringend zur Verbesserung der maroden Infrastruktur sowie zur Modernisierung des Agrarsektors benötigt werden.
Gefälschte Unterlagen, Geldwäsche, Freunderlwirtschaft
"Wir bezahlen einen außerordentlich hohen Preis", beschreibt die frühere bulgarische Botschafterin in Berlin das gestörte Finanzverhältnis zu Brüssel. Bulgarien müsse deshalb das Vertrauen der EU wiederherstellen. Denn gefälschte Unterlagen, Steuerbetrug, Geldwäsche und Freunderlwirtschaft gehörten bisher zu den Missständen bei der Nutzung von EU-Geldern, wie die Anti-Korruptionsbehörde OLAF nach einer Prüfung in Sofia im Juni feststellte. Die Regierung in Sofia war allerdings mehr darüber empört, dass das vertrauliche Dokument von OLAF an Medien gelangt war, als über seinen Inhalt.
EU-Gelder missbraucht - Staatspräsident unterstützt
Die OLAF-Prüfer enthüllten etwa, dass ein dubioser Geschäftsmann, der EU-Gelder missbraucht haben soll, den Wahlkampf von Staatspräsident Georgi Parwanow finanziert habe. Parwanow bestätigte, dass der umstrittene Unternehmer 50.000 Lewa (rund 25.000 Euro) für seinen Wahlkampf 2006 gespendet habe. Die Opposition will unmittelbar nach dem EU-Bericht ihren sechsten Misstrauensantrag gegen die Regierung stellen. "Die Regierung ist einfach gescheitert", urteilte Nationalisten-Chef Wolen Siderow.
Bulgarien eines der korruptesten Länder der Welt
Tausende bulgarische Bauern, die wegen der bereits ausgesetzten EU-Gelder vor der Pleite stehen, setzen die Regierung zusätzlich unter Druck. Da sie nun ihre Kredite nicht begleichen können, drohten sie der staatlichen Behörde für EU-Zahlungen gerichtliche Schritte an. Nach Angaben der Antikorruptionsorganisation Transparency International gehört Bulgarien zu den korruptesten EU-Ländern. Korrupte Machenschaften gelten zum Beispiel als die wahrscheinlichste Ursache für eine Explosion in einem Munitionslager, die Anfang Juli die Hauptstadt Sofia in Schrecken versetzt hatte.
Für Schlagzeilen sorgte auch die Korruption und Freunderlwirtschaft bei der Vergabe von EU-finanzierten Projekten zum Ausbau der Autobahninfrastruktur. Zur täglichen Korruptionspraxis gehören die zusätzliche Bezahlung für Ärzte und Krankenschwestern oder das Behörden häufig gezahlte Schmiergeld, damit diese Genehmigungen erteilen oder Unterlagen weiter leiten. Auch Zöllnern und Polizisten wird Korruption im großen Stil nachgesagt.
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