Düstere Aussichten

Tiefrotes Budget als “Kampfansage an die Krise”

Österreich
22.04.2009 07:18
Der von Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) vorgestellte Haushalt 2009/2010 ist tiefrot. Fast alle Ressorts müssen sparen. Pröll bezeichnete das Budget in seiner Rede im Parlament als "klare Kampfansage an die Krise". Die jährliche Neuverschuldung wird heuer 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen und in den Jahren bis 2012 bei jeweils 4,7 Prozent liegen. Verantwortlich für die Neuverschuldung - 4,7 Prozent bedeuten das dritthöchste Defizit seit 1976 - ist laut Pröll die "katastrophale Wirtschaftslage". Die Staatsschulden werden bis 2013 auf 78,5 Prozent der Wirtschaftsleistung anwachsen - das sind 247,3 Milliarden Euro. "Machen wir uns nichts vor: Die nächsten Jahre werden kein Spaziergang", erklärte Pröll am Dienstag.

Die Ausgaben für die stetig zunehmende Arbeitslosigkeit und Pensionen steigen, die Steuereinnahmen sinken. Eine Entspannung ist vorerst nicht absehbar. Die Regierung geht davon aus, dass die durchschnittliche Jahresarbeitslosigkeit 2011 die 300.000 übersteigen wird und erst 2013 wieder leicht sinkt, erklärte Pröll im Parlament.

Die markantesten Zitate aus Prölls Budgetrede findest du in der Infobox!

Den noch deutlich pessimistischeren OECD-Prognosen zum Defizit schenkt man im Finanzministerium keinen Glauben. Die Pariser Organisation hält auch ein Budgetloch von 4,8 Prozent 2009 und 7,7 Prozent 2010 für möglich. Das Finanzministerium hält dagegen die eigenen Einschätzungen - 4,7 Prozent bedeuten das dritthöchste Defizit seit 1976 - für realistischer.

Über zehn Milliarden für Bankenhilfspaket
Hauptursache für den wachsenden Schuldenberg ist neben der jährlichen Neuverschuldung das Bankenhilfspaket: Dafür sind heuer 10,3 Milliarden Euro eingeplant, die direkt auf die Staatsverschuldung durchschlagen (ein Teil davon wurde bereits im Vorjahr schlagend). Bereits heuer wird damit eine neue Rekordverschuldung von 68,4 Prozent der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt/BIP) erreicht. Zum Vergleich: 2007 lag der Schuldenstand noch bei 59,4 Prozent.

Pröll verteidigte einmal mehr das Bankenpaket. Man habe den Banken oder Managern das hart erarbeitete Steuergeld nicht geschenkt, sondern mit harten Auflagen verbunden.

Starker Rückgang bei den Steuereinnahmen
Einen scharfen Rückgang erwartet man bei den Steuereinnahmen: Während die Steuerzahler im Vorjahr noch 68,5 Milliarden Euro für die Staatskasse ablieferten, sollen es heuer nur noch 64,8 Milliarden Euro sein und im kommenden Jahr überhaupt nur noch 64 Milliarden Euro.

Mehr als die Hälfte des Rückgangs entfallen auf die Steuerreform, allerdings macht sich auch die Wirtschaftskrise deutlich bemerkbar: Die Einnahmen aus der Gewinnbesteuerung der Unternehmen ("Körperschaftssteuer") dürften von 5,9 Milliarden Euro 2008 auf heuer nur noch 4,8 Milliarden Euro zurückgehen und 2010 nur noch 4,5 Milliarden Euro einbringen. Die Lohnsteuereinnahmen sollen von 21,3 Milliarden Euro 2008 auf heuer 20 Milliarden Euro sinken und 2010 wieder leicht auf 20,3 Milliarden Euro ansteigen. Und die Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer stagniert heuer bei 21,9 Milliarden Euro, erst 2010 ist wieder ein leichter Anstieg auf 22,1 Milliarden Euro geplant.

Den sinkenden Steuereinnahmen stehen heuer stark wachsende Ausgaben gegenüber: Im Vergleich zum Vorjahr steigen sie um rund 3,5 auf 77,492 Milliarden Euro. Dies ist allerdings vor allem auf das Bankenpaket zurückzuführen. 2010 sollen die Ausgaben wieder auf 70,779 Milliarden Euro sinken.

Deutlich im Plus liegen u.a. die Ausgaben für Sozialversicherung und Pensionen (wegen steigender Arbeitslosigkeit und sinkenden Beitragseinnahmen) sowie Infrastruktur (u.a. weil ÖBB-Bauvorhaben finanziert werden müssen).

Zu den Budgets für die einzelnen Ressorts und den Reaktionen der Minister siehe Story in der Infobox!

Pröll: Wünsche der Minister deutlich "reduziert"
Im internationalen Vergleich sieht Pröll Österreich trotz des steigenden Defizits noch vergleichsweise gut positioniert: Er geht davon aus, dass das durchschnittliche Minus in der Eurozone heuer bei 5,4 Prozent des BIP liegen wird, im kommenden Jahr bei 7,0 Prozent. Außerdem verweist Pröll darauf, dass er die Wünsche der einzelnen Ministerien mit "restriktiven Budgetverhandlungen" deutlich "reduzieren" konnte: Wären die Minister mit sämtlichen Vorstellungen durchgekommen, hätte laut Pröll 2011 und 2012 ein Defizit von 6,4 Prozent des BIP gedroht. Pröll erklärte daher, er habe bei der Erstellung des Budgets eisernen Sparwillen gezeigt.

Keine neuen Steuern für Vermögende
Ein klares Nein des Finanzministers kam zu den vor allem in der SPÖ angestellten Überlegungen zu neuen Steuern für Vermögende: "Man kann sicherlich vieles über Österreich behaupten, aber doch sicher nicht, dass es unserem Land an Verteilungsgerechtigkeit mangelt", tönte Pröll und wies darauf hin, dass seit der Steuerreform auf jeden Steuerzahler ein Bürger komme, der keine Steuern zahle. Wer jetzt über neue Steuern rede, stellte der Wirtschaft ein Bein. Gleichzeitig verteidigte Pröll einmal mehr das Bankenpaket. Man habe den Banken oder Managern das hart erarbeitete Steuergeld nicht geschenkt, sondern mit harten Auflagen verbunden.

Was die Oppositionsparteien zum Budget zu sagen haben, findest du in der Infobox!

Das Doppelbudget 2009/2010 wurde übrigens erstmals nach den Regeln des neuen Haushaltsrechts erstellt. Wesentlichste Änderung: Statt wie bisher nur für ein oder zwei Jahre werden nun für insgesamt fünf Jahre im Voraus Einnahmen-Schätzungen sowie Ausgaben-Obergrenzen vorgelegt. Insgesamt läuft die Budgetplanung also bis ins Jahr 2013, was eine bessere Steuerung der Staatsfinanzen ermöglichen soll. Dieser "Finanzrahmen" wird künftig alljährlich im Frühjahr neu beschlossen - im Herbst folgt dann der Budgetbeschluss, wenn er nicht - wie im Vorjahr - wegen einer Neuwahl verschoben werden muss.

Auch Budgetbegleitgesetz auf Schiene
Gemeinsam mit den Bundesfinanzgesetzen für 2009 und 2010 und dem Bundesfinanzrahmengesetz für die nächsten Jahre hat der Ministerrat auch das Budgetbegleitgesetz 2009 beschlossen. Es enthält u.a. das Krankenkassen-Sanierungspaket, das Justiz-Entlastungspaket, die Medienförderung für Private, Regelungen zur Infrastrukturoffensive, das KMU-Förderungsgesetz und die Erhöhung der Basisabgeltung für Bundesmuseen und Bundestheater.

Das Budgetbegleitgesetz wird schon am 19. Mai im Nationalrat beschlossen. Am 20. Mai steht dann die Generaldebatte des eigentlichen Budgets am Programm, das - nach vier Tagen Debatte der einzelnen Budgetkapitel - am 29. Mai abgesegnet wird.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele