Nach Strafanzeige

Richter stoppt “Anti-Minarett-Spiel” der FPÖ

Österreich
04.09.2010 13:27
Das umstrittene "Anti-Minarett-Spiel" der steirischen FPÖ ist seit Freitagnachmittag vom Netz. Auf der Homepage der steirischen Freiheitlichen heißt es an der Stelle, an der bisher das "Spiel" positioniert war: "Liebe Besucher, aufgrund der politischen Einflussnahme unserer Gegner wurde dieses Spiel durch die Justiz verboten." Die FPÖ kündigte gegen den Bescheid bereits Berufung an.

Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Hans-Jörg Bacher, bestätigte, hatte die Anklagebehörde am Donnerstag einen Antrag bei Gericht gestellt, nach dem Mediengesetz eine Beschlagnahme bzw. Sperre der Website durchführen zu lassen. Diesem Antrag sei das Gericht rasch gefolgt. Weiters wurde beantragt, die parlamentarische Immunität des steirischen FPÖ-Chefs Gerhard Kurzmann für Ermittlungen wegen Verhetzung - nach einer Anzeige - aufzuheben.

Kurzmann bestätigte den Erhalt des Beschlusses am Freitagnachmittag: "Unser Rechtsvertreter hat uns geraten, das Spiel vom Netz zu nehmen und eine Erklärung zu veröffentlichen". Man werde volle Rechtsmittel einlegen, zumal man nicht mit der Entscheidung der Justiz übereinstimme. 214.00 Zugriffe bis zuletzt zeigten, dass das Thema interessiere.

"Wollten nur Diskussion anregen"
Das Hauptziel des "Spiels", eine Diskussion zu initiieren und der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, per Abstimmung Einfluss zu nehmen, sei jedenfalls erreicht worden, so Kurzmann.

Das "Spiel" mit dem Titel "Moschee ba ba" hatte zum Inhalt, Moscheen und Minarette sowie Muezzine per Mausklick "zu stoppen" und dafür Punkte zu sammeln. Es erinnerte in Aufmachung und Bedienung stark an das populäre Schieß-Spiel "Moorhuhnjagd".

Grüne erstatteten bereits am Dienstag Anzeige
Die Anzeige wegen des "Spiels" war bereits am Dienstag von den steirischen Grünen erstattet worden. Der Inhalt lautet auf Verdacht auf Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren. Am Mittwoch wurde die Causa dann durch Medienberichte österreichweit bekannt. Die Staatsanwaltschaft betraute inzwischen die Sicherheitsdirektion Steiermark mit den Ermittlungen.

Kurzmann ließ am Donnerstag in einer Reaktion auf die Ankündigung der Staatsanwaltschaft wissen, dass er kein Problem mit einer Einvernahme bzw. Aufhebung der parlamentarischen Immunität hätte. Bereits am Mittwoch seien "zwei Herren von der Polizei" bei ihm gewesen, hätten ihn aber gleich darauf hingewiesen, dass sie ihn wegen seiner Immunität nicht einvernehmen könnten.

Website von der Schweiz aus angemeldet
Kurzmann, der am Mittwoch noch vor laufender krone.tv-Kamera "Moschee ba ba" spielte (siehe Infobox), hatte zuvor erklärt, seine Partei habe das "Spiel" gemeinsam mit der Werbefirma des Schweizers Alexander Segert gemacht. Dieser hat auch schon die Werbelinie für ein Minarettverbot in der Schweiz gestaltet. Die Website bzw. Domain mit dem "Spiel" wurde offenbar von der Schweiz aus angemeldet. Darauf lässt zumindest eine Abfrage in der sogenannten "Whois"-Datenbank schließen.

Doch selbst innerhalb der FPÖ war das "Spiel" umstritten. Nach Meldungen aus Ober- und Niederösterreich ging am Donnerstag auch Bundesparteichef Heinz-Christian Strache deutlich auf Distanz. Das "Spiel" sei eine persönliche Entscheidung des steirischen Spitzenkandidaten Gerhard Kurzmann gewesen, sagte Strache bei einer Pressekonferenz in Wien. "Ich hätte ihm das nicht angeraten."

Vor allem beim Thema "Islamismus" habe man in Wien keinen "spielerischen Zugang". Eine Rüge für Kurzmann werde es aber trotz aller Distanz zur Kampagne der FPÖ Steiermark nicht geben - "Ich bin nicht sein Kindermädchen". Und weiter: "Ich kann den Ländern nur Hilfe anbieten, viele nehmen das auch an." Kurzmann habe allerdings beschlossen, seinen eigenen Wahlkampf zu führen.

OÖ-FPÖ schießt scharf gegen "ständige Provokationen"
Die FPÖ-Landesparteigruppen in Nieder- und Oberösterreich fuhren indes schwere Geschütze gegen ihr steirisches Pendant auf. "Man sollte sich Aufmerksamkeit durch Sachlichkeit verschaffen, nicht durch ständige Provokationen", meinte der oberösterreichische Landesrat Manfred Haimbuchner, der das Amt erst im vergangenen Jahr für die dortige FPÖ zurückerobert hatte.

Es sei ein "Ärgernis, wenn man sich als freiheitlicher Spitzenpolitiker ständig für Provokationen rechtfertigen muss, mit denen auch ein Großteil unserer Funktionäre nichts anfangen kann."

"Gefahr, wie bei der BP-Wahl ins Eck gedrängt zu werden"
Der niederösterreichische FP-Abgeordnete Christian Höbart sah angesichts der negativen Reaktionen die laufenden Landtagswahlkämpfe gefährdet. "Dieses Spielchen überspannt meiner Meinung nach schlicht den Bogen", hieß es am Mittwoch in einer auch Journalisten zugeleiteten internen Mitteilung Höbarts an den "lieben Gerhard" in der Steiermark.

Höbart gab darin zu bedenken, dass die FPÖ ohnehin die "absolute Themenführerschaft" in der Islam-Debatte habe. "Man hat uns Wähler geradezu zugetrieben […] nun sind wir auf einmal in der Defensivposition und laufen Gefahr, wie bei der Bundespräsidenten-Wahl ins Eck gedrängt zu werden! Das ist verheerend und mit aller Kraft zu vermeiden." Die Rückmeldungen zum steirischen Wahlkampf seien "katastrophal", denn "mit einem 'Abschießen' anderer Religionen will kein Mensch etwas zu tun haben", schrieb Höbart.

Bei FPK fand "Spiel" offenbar Gefallen
Gefallen haben dürfte die steirische Aktion hingegen einigen der FPÖ-Verbündeten in Kärnten. Auf dem offiziellen Facebook-Profil des FPK-Chefs Uwe Scheuch soll "Moschee ba ba" zu Wochenbeginn verlinkt gewesen, jetzt aber wieder gelöscht worden sein. Scheuch meinte am Donnerstag, "nichts von dem Eintrag gewusst" zu haben. Er stehe aber dazu, dass der Link auf seiner Facebook-Seite zu sehen gewesen war. "Das Spiel ist sicher im Bereich des Möglichen, wenn auch grenzwertig", so Scheuch.

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