Ski-Ass im Talk

Hirscher: “Ich freue mich so über Silber, es glänzt wie Gold”

Sport
15.02.2013 18:05
Marcel Hirscher hat am Freitag bei den alpinen Ski-Weltmeisterschaften in Schladming die Silbermedaille im Riesentorlauf gewonnen. Im Interview spricht der 23-Jährige darüber, was ihm diese Medaille bedeutet, wie viel Druck auf seinen Schultern gelastet hatte und mit welchem Gefühl er nun in den Slalom am Sonntag gehen wird.

Sie haben Ihre erste Einzelmedaille gewonnen. Wie fühlen Sie sich?
Marcel Hirscher: Ich bin glücklich. Ich freue mich so über Silber, es glänzt wie Gold. Es war vielleicht das härteste Rennen, das ich jemals gefahren bin. Um zwei Uhr in der Früh habe ich mir gedacht: Ist es möglich, macht es Sinn? Es war hart. In der Früh haben wir Ski getestet, denn das Training gestern war nicht so gut. Ich habe gesehen, dass Ted der Mann sein wird, den man schlagen muss. Er ist definitiv der wahre Weltmeister. Ich möchte ihm gratulieren. Ich habe ihm gesagt, ich kann nicht zornig auf ihn sein, weil es wunderbar war, was er gemacht hat. In Österreich bedeutet den Leuten und den Medien Skifahren so viel. Ich fühle mich um 300 Kilo erleichtert.

Woher rührte das Problem im Rücken?
Hirscher: Ich weiß nicht, was es war. Aber die ganze Situation ist außergewöhnlich. Normalerweise hat man Weltcuprennen am Wochenende und dann zwei, drei Tage Zeit, sich zu erholen. Seit Kitzbühel ist es durchgegangen, es war eine stressige Zeit. Und hier ist man immens unter Stress, das Zeitplanungs-Management ist extrem gefordert. Ich habe nicht geglaubt, dass die WM so viel Energieaufwand benötigt.

Wie sehr hat Sie das Rückenproblem behindert?
Hirscher: Das ist wurscht, ich weiß ja nicht, was die anderen teilweise haben, und die sudern auch nicht. Aber ich habe es heute und gestern nicht verheimlichen können.

Haben Sie gezweifelt, dass Sie überhaupt antreten oder was Sie leisten können?
Hirscher: Ich bin immer total benebelt, wenn ich so wenig schlafe. Und vier Stunden Schlaf reichen mir einfach nicht. Vier Stunden Schlaf ist Schlafentzug. Die Studien, die es zum Schlafentzug gibt, kennt man. Da gibt es die Vergleiche mit dem alkoholisierten Bereich. Aber das ist nicht nennenswert. Die Geschichte ist die, dass ich gut Ski gefahren bin, und nicht, dass ich wenig geschlafen habe. Ich habe zwischen den Durchgängen eine Stunde geschlafen.

Wie geht es Ihnen jetzt, haben Sie Schmerzen?
Hirscher: Nein. Das Kreuz ist zwischen den Durchgängen noch einmal wesentlich besser geworden. Mir geht es gut, ich bin müde, freue mich, wenn ich schlafen kann. Aber das ist alles. Ich bin überglücklich. Mit so einem großen Erfolg verschwinden natürlich auch die Kleinigkeiten.

Wie haben Sie die Stimmung im Zielraum erlebt?
Hirscher: Es war sehr emotional, so wie es vergangenen Frühling beim Finale war. Wohl 50 Prozent der Leute wollten sehen, dass ich eine Medaille hole. Es bedeutet mir viel, dass ich den Leuten die erste Silbermedaille für das österreichische Team gebracht habe. Die Medien haben es mir nicht leicht gemacht. Jetzt fühlt es sich gut an.

Was haben Sie selbst von sich erwartet?
Hirscher: Ich war so eingestellt, dass ich gesagt habe, es wäre cool, wenn ich zwei Medaillen hole. Und wenn nicht, dann hilft es nichts. Aber ich tue mir schwer, wenn es heißt, er muss. Müssen tue ich gar nichts.

Haben Sie den Druck stark gespürt?
Hirscher: Ich möchte die Zuschauer nicht enttäuschen und mehr oder weniger auch die Nation nicht. Wenn in der Öffentlichkeit die generelle Meinung so existiert, dass Marcel Hirscher Minimum zwei oder drei Medaillen holen muss, dann ist es natürlich für mich doch ein sehr großer Druck. Es war irrsinnig schön und ein unglaublich tolles Erlebnis heute, diese Medaille zu holen.

War es wegen der Heim-WM zu viel Druck?
Hirscher: Ich habe meine Leistung gebracht, aber es ist nicht leicht. Du musst es halten. Halten, halten, halten, halten, halten. Und wenn nicht, dann ist es eher schwierig. Druck ist positiv wie negativ. Für Ted war es wahrscheinlich leichter als für uns, weil die ganze Nation drauf hofft. Ich verstehe jeden, der hofft. Ich habe auch gehofft, dass Matthias Walkner MX3-Weltmeister wird. Und wenn er einen Patschen gehabt hat, habe ich geflucht und geschimpft: "Das gibt es doch nicht!" Drum verstehe ich jeden, der enttäuscht ist, wenn es nicht funktioniert, und jubelt, wenn es funktioniert.

Fühlen Sie sich befreit, weil Sie nach Team-Gold jetzt auch die erste Einzelmedaille geholt haben?
Hirscher: Mitunter. Sicherlich ist die Einzelmedaille nochmals was anderes als jene im Teambewerb. Im Teambewerb waren wir so souverän und solide. Das war aber nicht das, was die Leute von mir verlangt haben. Was die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit betrifft, war das selbstverständlich. Heute war sie wirklich immens hoch, jeder hat gesagt, Minimum Silber. Es ist irrsinnig schön, dass ich das speziell mit diesen "Vorgeschichten" so bringen kann.

Wie gehen Sie jetzt in den Slalom am Sonntag?
Hirscher: Das wird vielleicht das erste Rennen dieser WM werden, in das ich befreit gehe. Ich kann es feiern. Nun habe ich zwei Medaillen. Es ist egal, was am Sonntag passiert.

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(Bild: KMM)



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