Arbeitslosengeld neu

EU-Bürokratie greift jetzt unseren Sozialstaat an

Österreich
13.12.2016 16:50

Da hat die Europäische Kommission wieder einmal einen tollen Sozialplan ausgeheckt. In einem 46 Seiten umfassenden Regelwerk, das jetzt in der EU-Hochbürokratie kursiert, wird empfohlen, das Arbeitslosengeld für ehemals in Österreich Beschäftigte auf heimisches Niveau anzuheben. Das soll auch dann gelten, wenn sie gar nicht mehr hier wohnen.

Das komplizierte Regelwerk an zwei Beispielen erklärt: Derzeit gibt es für einen ungarischen Grenzgänger, der in Österreich arbeitet, aber in seinem Herkunftsland lebt, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeldbezug. Auch für einen Polen nicht, der einmal im Monat nach Hause fährt und dort seine Familie hat. Das will die EU-Kommission jetzt völlig ändern.

Konkret sieht das bereits in seiner vertraulichen Endfassung der "Krone" vorliegende Papier vor, dass etwa der ungarische Grenzgänger nach zwölf Monaten Beschäftigung sehr wohl Arbeitslosengeld auf österreichischem Niveau, nicht nach ungarischem Standard erhält. Das würde nach ersten Berechnungen von Experten aus dem Sozialministerium die Kosten um 227 Millionen Euro pro Jahr erhöhen und nach derzeitigem Stand etwa 13.400 Personen betreffen. Diese Personen fallen dann auch in die österreichische Arbeitslosenstatistik, was einer Erhöhung der Arbeitslosenrate um etwa vier Prozent gleichkäme.

Arbeitslosengeld künftig sechs statt drei Monate
Ein anderes Beispiel: Ein EU-Bürger lebt in Österreich, wird arbeitslos und sucht dann in einem anderen europäischen Land nach Arbeit. Nach derzeitiger Regelung hat diese Person während der Arbeitssuche in einem anderen EU-Land den Rechtsanspruch, drei Monate lang das heimische Arbeitslosengeld auch ins Ausland mitzunehmen. Auch das will die Europäische Kommission ändern. Laut dem Papier aus Brüssel sollen arbeitslose Ausländer statt eines dreimonatigen Anspruchs auf das Arbeitslosengeld in Zukunft ein halbes Jahr den Arbeitslosengeldbezug bekommen.

Kontrollen im Ausland praktisch unmöglich
Heimische Sozialexperten kritisieren das nicht nur wegen der zu erwartenden hohen Kosten. Das größte Problem werde dann sein, dass es keine Kontrollmöglichkeiten gibt, ob die ausländischen Arbeitslosen dann in ihrer eigentlichen Heimat oder in einem anderen EU-Land tatsächlich nach einem Job suchen. Zudem sind die Vermittlungsstellen für Jobsuchende und entsprechende Anreize in einigen anderen, vor allem osteuropäischen Staaten nicht in dem Maße entwickelt wie in Österreich.

Einen positiven Vorschlag hat die EU-Kommission allerdings: Um Arbeitslosengeld in Österreich beziehen zu können, sind bestimmte Voraussetzungen nötig. Etwa, dass man in 24 Monaten zumindest 52 Wochen versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein muss. Diesen Anspruch kann man derzeit aus dem Ausland mitnehmen. Was schon dazu geführt hat, dass man nach nur einem Tag versicherter Arbeit auch Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Dieser Zeitraum soll nun auf drei Monate ausgedehnt werden.

Kommentar von Claus Pándi: Eine Politik, die Europa spaltet
Wenn sich Politiker an Utopien orientieren, aber nicht an der Realität, kommt das heraus, was die Europäische Kommission jetzt wieder einmal vorhat. Der neueste Plan aus Brüssel sieht folgendermaßen aus: Arbeitslose aus jüngeren EU-Mitgliedsstaaten mit schwacher Wirtschaftsleistung, schlechtem Sozialniveau und hoher Korruptionsneigung sollen mit den Steuerleistungen wirtschaftsstarker Länder alimentiert werden.

Das mag sehr sozial gedacht sein. Vielleicht ist das auch ein besonderes Verständnis von Gerechtigkeit der europäischen Hochbürokratie. Oder auch das Ergebnis der romantischen Idee, dass doch alle Europäer gleich sind. Daher der Rumäne oder Pole genauso viel Arbeitslosengeld bekommen soll wie der Österreicher oder der Deutsche.

Bezahlen können das naturgemäß nur die sogenannten reichen EU-Staaten für die armen EU-Länder. Geht auch gar nicht anders. Die Gerechtigkeit wird sich spätestens dann einstellen, wenn alle gleich arm sind, weil wir an den Sozialtransfers ausgeblutet sind.

Dass diese Solidarität eine Einbahnstraße ist, wissen wir spätestens seit dem Ausbruch der Flüchtlingskrise. Da haben die sozialen Skandinavier, die Österreicher, die Deutschen den größten Anteil zu tragen. Die Osteuropäer, wie etwa die Ungarn, Polen oder Tschechen, machten dicht und halten uns für völlig plemplem.

Das ist eine Brüsseler Politik, die Europa nicht eint, sondern brutal spaltet.

Claus Pándi, Kronen Zeitung

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