Bei Mobbing-Verdacht

Schüler müssen Schulen Facebook-Kennwort verraten

Web
22.01.2015 08:32
Eltern im US-Bundesstaat Illinois haben kürzlich Post von den Schulen erhalten, die ihre Kinder besuchen. In dem offiziellen Brief heißt es, Schüler sollen im Falle des Verdachts, dass ein Schüler die Regeln seiner Schule verletze, zur Herausgabe von Facebook-Passwörtern und anderen Login-Daten für soziale Medien gezwungen werden können. Wer nicht mitspielt, muss mit Konsequenzen rechnen.

Arbeitgeber, die nach Facebook-Passwörtern ihrer Mitarbeiter fragen, machen sich mit dieser Forderung in vielen US-Bundesstaaten strafbar. Universitäten, die nach den Login-Daten ihrer Studenten fragen, ebenfalls – und zwar sogar in Illinois. Wie das US-Technikportal "Motherboard" berichtet, verhält sich die Sache bei Schulen allerdings anders. Die dürfen in Illinois wegen eines neuen Gesetzes beim Verdacht auf Cybermobbing oder sonstige Regelverstöße künftig ganz offiziell die Social-Media-Passwörter der Schüler erfragen und haben Eltern nun per Brief vorgewarnt.

Wer nicht kooperiert, dem droht Strafe
Im Brief heißt es: "Wenn Ihr Kind ein Konto bei einem sozialen Netzwerk - also Facebook, Instagram, Twitter, ask.fm et cetera - hat, seien Sie sich bitte bewusst, dass das Gesetz des Bundesstaats uns vorschreibt, Sie darüber zu informieren, dass von Ihrem Kind verlangt werden kann, Schulvertretern das Passwort für diese Konten unter bestimmten Voraussetzungen mitzuteilen." Zu diesen Voraussetzungen gehöre etwa der Verdacht, dass sich auf einer Social-Networking-Seite eines Schülers Beweise für eine Verletzung des Disziplinarregeln der Schule - etwa Cybermobbing - finden.

Wer sich der Anordnung widersetzt, muss mit Konsequenzen rechnen. "Wenn wir in einer Angelegenheit ermitteln, die mit sozialen Medien zu tun hat, haben wir das Recht, nach diesen Passwörtern zu fragen", bestätigte die zuständige Bezirksschulinspektorin dem Technikmagazin. Auf die Frage, was passiere, wenn Eltern oder Kinder die Herausgabe der Passwörter verweigern, antwortet sie: "Wir würden unsere Bezirksstaatsanwälte einschalten, weil sie das Gesetz verletzen." Das würde freilich nur in schweren Fällen passieren.

Datenschützer halten Gesetz für übertrieben
Bürgerrechtler sind angesichts der neuen Gesetzeslage in Illinois alarmiert und laufen Sturm gegen die Regelung. "Das ist ein tragisches Beispiel staatlicher Überregulierung und die Facette, dass es einen substanziellen Unterschied zwischen Mobbing und Cybermobbing geben soll, ist verwirrend", sagt etwa Kade Crockford von der Massachusetts American Civil Liberties Union. "Immer, wenn eine Schule versucht, das Verhalten der Schüler außerhalb der Schule zu kontrollieren, ist das eine ernste Bedrohung für die Privatsphäre und die Zukunft der Schüler", so Crockford weiter.

Die Bürgerrechtlerin argumentiert zudem, es bestehe eine Chance, dass das Gesetz in Illinois – oder zumindest die Umsetzung an den Schulen – nicht verfassungskonform sei. "Behalten Sie im Hinterkopf, dass die Gesetzgeber die ganze Zeit verfassungswidrige Gesetze verabschieden", so Crockford. Im vorliegenden Fall sei das Gesetz auch gar nicht nötig, schließlich hätten die Strafverfolgungsbehörden bei schwerwiegendem Verdacht auf Cybermobbing auch jetzt schon die Möglichkeit, nach einem Gerichtsbeschluss die Facebook-Korrespondenz von Verdächtigen offenlegen zu lassen.

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