ORF-General im Talk

Weißmann: „Das ist unfair und unangebracht“

Unterhaltung
26.09.2025 20:00

Der Generaldirektor des ORF, Roland Weißmann, über seinen Sparkurs, die Programm-Höhepunkte 2026, den Personalabbau von prominenten Gesichtern, den damit einhergehenden Vorwurf der Altersdiskriminierung und die Causa prima - den Song Contest und ein möglicher Israel-Boykott. 

„Krone“: Herr Generaldirektor, in gut einem Jahr wird die neue Geschäftsführung gewählt. Haben Sie Lust auf eine zweite Amtszeit?
Roland Weißmann: Wir haben alle Hände voll zu tun mit den aktuellen Herausforderungen, und die Arbeit mit meinem Team macht mir nach wie vor große Freude. Für die Entscheidung, ob ich in eine Verlängerung gehe, ist fast noch ein Jahr Zeit.

Die Höhe der Haushaltsabgabe bleibt die nächsten Jahre eingefroren. Wie geht es dem ORF eigentlich finanziell und wie viel muss noch eingespart werden?
Ja, das ist eine große Herausforderung für uns. Alles wird teurer – auch für den ORF –, aber die Erlöse bleiben eingefroren und die Werbeerlöse sind stark unter Druck bzw. gehen zurück, das trifft die gesamte Branche. Diese Lücke müssen wir Jahr für Jahr schließen, nun kommen durch die kleine Beitragsreform, die Unternehmen entlastet, noch einmal zehn Millionen Euro mehr pro Jahr an Sparvolumen hinzu. Trotzdem sind unsere Finanzen stabil, unsere Anstrengungen sind erfolgreich. Wir werden dieses Jahr mit ausgeglichenem Ergebnis abschließen und planen das auch für 2026 trotz des unvorhersehbaren „großen Brockens“ ESC. Mein Anspruch ist, dass die Menschen beim Programm so wenig wie möglich merken.

Verena Scheitz, Birgit Fenderl, Claudia ReitererRobert KratkyChrista KummerThomas Brezina – der Abgang großer Namen setzt sich fort. Waren die Stars zu teuer und verliert der Rundfunk damit nicht ein Stück Geschichte?
Ich halte diese Darstellung bei aller Wertschätzung für die Kolleginnen und Kollegen, die uns verlassen haben, für unangebracht und grob unfair gegenüber den vielen anderen ORF-Publikumslieblingen, die tagtäglich ein Ankerpunkt für Millionen Menschen in Österreich sind. Und auch gegenüber allen Jungen, denen wir die Chance geben, Stars zu werden. Ja, wir hatten jetzt eine gewisse Häufung an prominenten Abgängen, aber das ist Zufall – und eigentlich nur dem persönlichen Veränderungswillen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschuldet.

Was mir wichtig ist und oft falsch dargestellt wird: Alle Abgänge waren einvernehmlich, transparent und in gegenseitiger Wertschätzung. Dass manche nachher ihre Wahrnehmung geändert haben und ihren ORF-Abschied nicht immer faktengetreu darstellen, finde ich persönlich schade und nicht notwendig, ist aber vielleicht mit der Sentimentalität des Abschieds erklärbar. Alle von Ihnen Genannten haben große Verdienste um den ORF und waren und bleiben zu Recht Publikumslieblinge, in ganz unterschiedlichen Segmenten. Ich sehe das so, dass Abschiedsschmerz auch immer Rückschlüsse auf unsere Attraktivität als Arbeitgeber zulässt. Diese Wertschätzung seitens ORF und des Publikums hat sicherlich den Bildschirmabschied erschwert. Persönlich trifft es mich dann jedoch sehr, wenn uns hier plötzlich und nachträglich über die Medien Diskriminierung vorgeworfen wird. Das weise ich scharf zurück. Was sollen sich denn da auch die vielen Frauen 50+ denken, die im ORF weiterhin ihre tolle Arbeit leisten? In der Information sind mehr Frauen 50+ am Schirm als Männer, in Summe haben wir mehr als 50 Frauen über 50 on air. Sie alle leisten – wie unsere Mitarbeitendenden in anderen Alterssegmenten – hervorragende Arbeit. Ein „ORF für alle“ hat auch Stars für alle – in allen Altersgruppen.

Und wie will man künftig neue Stars aufbauen? Immerhin gibt es heute ein multimedial breit aufgestelltes Feld diesbezüglich.
Wir bauen permanent neue Personalitys auf in TV und Radio – und manchmal holen wir uns auch tolle junge Leute von der Konkurrenz, wie vor ein paar Jahren Alexandra Wachter für die „ZiB“ oder jetzt Anna Kratki für den ö3-„Wecker“.

Aller Abschied ist schwer, als Christa Kummer das letzte Mal über den Bildschirm flimmerte, war ...
Aller Abschied ist schwer, als Christa Kummer das letzte Mal über den Bildschirm flimmerte, war die öffentliche Empörung groß.(Bild: ORF/Hans Leitner)

Im Raum steht speziell bei den Frauen auch der Vorwurf der Altersdiskriminierung. Was sagen Sie dazu?
Ganz einfach, die gibt es nicht. Die Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen ist ein zentrales Unternehmensziel des ORF und wird von vielen Initiativen und Maßnahmen sichergestellt, denn dem ORF kommt aufgrund seiner öffentlich-rechtlichen Ausrichtung und seiner Positionierung in der Medienwelt eine besondere Vorbildwirkung auch in gesellschaftspolitisch wichtigen Bereichen wie der Gleichstellung von Frauen und Männern zu. Der ORF ist auch in diesem Aspekt eines der meistgeprüften Unternehmen Österreichs. Was es schon gibt, sind Befindlichkeiten, aber auch das ist ok, übrigens bei Männern mindestens so viel wie bei Frauen. Das Unternehmen und auch ich persönlich halten es so, dass wir Details der Beendigung von Dienstverhältnissen nicht öffentlich kommunizieren und diskutieren, das macht es dann halt etwas schwierig, solche Debatten sachlich zu führen. Die in den Medienberichten angeführten Einzelbeispiele sind als Exempel für unterstellte Ungleichbehandlung jedenfalls völlig haltlos.

Nächstes Jahr stehen die Olympischen Winterspiele und – hoffentlich mit Österreich erstmals seit 28 Jahren – die Fußball-WM an. Werden Sie vermehrt im Sportbereich Kooperationen, etwa mit ServusTV, eingehen?
Unsere Kooperationen im Sportbereich laufen sehr gut, und ehrlich gesagt gibt es dazu gar keine Alternative, weil einer allein in Österreich das nicht finanzieren kann. Ich hoffe, dass wir am österreichischen Standort weiterhin in der Lage sein werden, solche Kooperationen einzugehen und die großen Sportevents für das Publikum nicht hinter der Bezahlschranke verschwinden.

Auf welche Programm-Höhepunkte kann sich der Zuseher 2026 noch freuen?
Neben dem ESC und den schon erwähnten Sport-Events wird es 2026 sehr viele weitere Höhepunkte geben. „Kommissar Rex“ kommt ebenso zurück wie „Aktenzeichen XY“ als Eurovisionssendung. Zudem feiern wir 70 Jahre „ZiB“. Außerdem verbinden wir mit „Universum – Die Show“ Naturwissen mit Ratespaß. Der Sommer gehört wieder den Kulturevents zwischen Neusiedlersee und Bodensee. ORF ON bietet die besten österreichischen Serien und Filme als Stream und ORF KIDS startet 2026 neue Formate für das junge Publikum. Und für die Jugendlichen bauen wir unser Social-Media-Angebot aus.

Wo wird man im Umkehrschluss beim Programm Abstriche machen müssen?
Wir verschieben zum Beispiel den diesen Herbst geplanten Event „Große Chance der Blasmusik“ und einen geplanten großen Show-Event im kommenden Jahr aufgrund des Song Contests. Und wir drehen jeden Cent in der Produktion um und drehen an vielen kleinen Schrauben, damit unser vielfältiges hochwertiges Programmportfolio erhalten werden kann.

Längst ist der Song Contest zum Politikum geworden. Und das nicht erst, seit Sieger JJ (im Bild ...
Längst ist der Song Contest zum Politikum geworden. Und das nicht erst, seit Sieger JJ (im Bild mit Kulturminister Andreas Babler, Bundeskanzler Christian Stocker, Außenministerin Beate Meinl-Reisinger) mit einer Pro-Palästina-Aussage aufhorchen ließ.(Bild: AFP/JOE KLAMAR)

Was halten Sie von der von Stiftungsrat Schütze aufgeworfenen Idee über nur mehr einen „ZiB 1“-Moderator als Sparmaßnahme? 
Der Vorschlag ist ja nicht neu und nach einer Diskussion darüber auch im Stiftungsrat werden wir das durchrechnen.

Ihr Motto für den ESC in der Wiener Stadthalle ist „spektakulär, aber sparsam“. Jetzt drohen aber immer mehr Länder und TV-Stationen wie BBC offen mit einem Boykott, wenn Israel daran teilnimmt. Wie stehen Sie zur Entscheidung der EBU, die Mitglieder über die Teilnahme Israels abstimmen zu lassen, und würde allenfalls der ESC in Wien auch ohne Israel über die Bühne gehen?
So wie ich das seit Monaten in der EBU vertrete, habe ich das auch zuletzt im EBU Aufsichtsrat gemacht: Der ORF ist unmissverständlich für die Teilnahme des öffentlich-rechtlichen israelischen Rundfunks KAN beim Song Contest. Dafür werbe ich und werde das auch weiterhin tun, vor allem mit Blick auf die Geschichte Österreichs. Die Entscheidung liegt aber bei der EBU, wo jetzt alle Mitglieder zu einer geheimen Abstimmung aufgerufen sind.

Sehen Sie hier das Ergebnis der großen krone.at-Umfrage zum Thema:

Stichwort „Einsparungen“: Wo wollen Sie künftig noch den Sparstift ansetzen, um letztinstanzlich auf das „Plan-Soll“-Budget zu kommen? Und bei welcher potenziellen Sparmaßnahme legen Sie sich quer und machen sich dafür stark?
Der ORF muss bis 2026 320 Millionen Euro einsparen, bis 2029 kommt ein weiterer dreistelliger Millionenbetrag hinzu. Das stellt uns natürlich vor große Herausforderungen. Die Erarbeitung des Einsparungsprogramms ist ein sehr komplexes Unterfangen, sodass ich hier keine Einzelmaßnahmen herausgreifen möchte. Grundsätzlich ist aber kein Bereich des ORF von den Überlegungen ausgenommen. Aber wir werden jedenfalls nicht an der Qualität unserer Programme sparen, wie allein die vielen Programmhighlights des kommenden Jahres zeigen.

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Der ORF muss bis 2026 320 Millionen Euro einsparen, bis 2029 kommt ein weiterer dreistelliger Millionenbetrag hinzu. Das stellt uns natürlich vor große Herausforderungen.

Roland Weißmann über Sparziele des ORF

Sie sind Marathonläufer, auf welchem Streckabschnitt befinden Sie sich aktuell mit dem ORF auf Ihrem General-/Master-Plan?
(lacht) Netter Versuch, auf die erste Frage zurückzukommen – ob diese fünf Jahre dann ein Halbmarathon oder ein Marathon gewesen sein werden, werde ich zeitgerecht bekannt geben. 

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