Nach den massiven ukrainischen Drohnenangriffen auf mehrere russische Luftwaffenstützpunkte sollen am Montag in Istanbul erneut Friedensverhandlungen zwischen Kiew und Moskau stattfinden. Trotz der angespannten Lage bekräftigten beide Seiten ihre Bereitschaft zu direkten Gesprächen.
Ob die Gespräche jedoch planmäßig stattfinden können, ist nach den Ereignissen der letzten Stunden offen. Die Angriffe am Sonntag richteten sich laut ukrainischem Geheimdienst SBU gezielt gegen vier strategische Luftwaffenstützpunkte tief im russischen Hinterland. Russische Militärblogger sprechen von erheblichen Schäden: Zahlreiche strategische Bomber, darunter Tu-95 und Tu-22, sollen zerstört oder schwer beschädigt worden sein.
Offizielle Stellen in Moskau bestätigten lediglich Brände auf den Flughäfen in den Regionen Murmansk und Irkutsk, bestritten aber größere Schäden.
Insbesondere in russischen Telegram-Kanälen war von einem „russischen Pearl Harbor“ die Rede. Der Kanal „Rybar“ mit über 1,2 Millionen Abonnenten sprach von einem „schwarzen Tag für die Luftwaffe“. Experten wie Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität München warnten vor möglichen Vergeltungsschlägen durch Russland. Masala zufolge sei der Angriff zwar kein strategischer Wendepunkt, zeige aber deutlich die operative Reichweite der Ukraine.
Tag „wird in die Geschichte eingehen“
„Der 1. Juni 2025 wird als der schwarze Tag der russischen Luftwaffe in die Geschichte eingehen“, erklärte Jan C. Behrends, Osteuropa-Experte und Geschichts-Professor an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), gegenüber der deutschen „Bild“. „Auch wenn der Kreml es bestreitet: Russland verhandelt jetzt aus einer Situation der Demütigung und Schwäche“, so der Experte deutlich.
Der Angriff könnte ein belastender Faktor für die Gespräche sein: Aber auch Russland hatte nach der ersten Verhandlungsrunde Mitte Mai mit massiven Drohnenangriffen auf ukrainische Städte reagiert. Dass Verhandlungen über ein mögliches Kriegsende stattfinden, während auf dem Schlachtfeld weitergekämpft wird, ist somit keine neue Situation.
Daran führt für Ukraine kein Weg vorbei
Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf ein ihr vorliegendes Dokument berichtet, will die Ukraine einen mehrstufigen Friedensfahrplan vorlegen. Dieser sieht zunächst einen Waffenstillstand für mindestens 30 Tage, einen vollständigen Gefangenenaustausch („alle gegen alle“) und die Rückführung verschleppter ukrainischer Kinder vor. Anschließend soll ein Treffen der Präsidenten Selenskyj und Putin erfolgen. Zudem fordert Kiew den Verzicht auf internationale Anerkennung russisch besetzter Gebiete, keine Einschränkungen für die ukrainische Armee und Reparationszahlungen durch Russland.
Gegensätze bleiben groß
Die Gegensätze bleiben jedoch groß: Russland fordert weiterhin, dass die Ukraine auf einen NATO-Beitritt verzichtet und die von Moskau beanspruchten Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja, Cherson sowie die Krim an Russland abtritt. Für Kiew ist das ausgeschlossen – Selenskyj verlangt stattdessen einen vollständigen Rückzug der russischen Armee von ukrainischem Staatsgebiet.
Nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj wird die ukrainische Delegation erneut vom Verteidigungsminister Rustem Umerow angeführt. Auch eine russische Verhandlungsdelegation sei laut Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Tass bereits auf dem Weg nach Istanbul.
Aussichten auf Erfolg wohl bescheiden
Russland und die Ukraine hatten am 16. Mai zum ersten Mal seit mehr als drei Jahren direkte Gespräche geführt. Bei dem Treffen, das ebenfalls in Istanbul stattfand, hatte es jedoch keine Fortschritte in Richtung einer Waffenruhe gegeben. Beide Seiten einigten sich lediglich auf einen Gefangenenaustausch, der inzwischen auch stattgefunden hat.
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