Vorwürfe irreführend

Genozid an Weißen? Trumps Kritik unter der Lupe

Außenpolitik
22.05.2025 16:15

Donald Trump hat den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa im Oval Office vorgeführt. Der US-Präsident prangerte seinen Amtskollegen an, nichts gegen einen „Genozid an weißen Bauern“ in seinem Land zu unternehmen. Dafür kramte er „Beweise“ hervor, die bei genauerem Hinsehen keine sind.

Trump hat es schon wieder getan. Er führte einen Gast im Weißen Haus vor versammelter Presse vor. Wirklich erfolgreich war er damit aber nicht. Aber von vorne: Was war passiert?

Der US-Präsident warf der südafrikanischen Delegation im Oval Office am Mittwochabend „Genozid an weißen Bauern“ vor und präsentierte Ramaphosa und der Presse Medienberichte, Videos und Social-Media-Posts, die Trump mit „Tod, Tod, Tod, schreckliche Tode“ kommentierte. Seine Belege erweisen sich nach näherer Prüfung allerdings als sachlich falsch oder aus dem Kontext gerissen.

Plötzlich wurde es dunkel
Trump ließ zur Überraschung seiner Gäste im Oval Office das Licht dimmen, um den Anwesenden eine Reihe von Videos zu zeigen. Eines davon zeigt den damaligen südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma bei einer Feier anlässlich des 100-jährigen Bestehens des African National Congress (ANC) im November 2012, bei dem er das umstrittene Apartheid-Lied „Dubul‘ ibhunu“ (etwa „Töte den Buren“) anstimmte.

Die beschriebene Szene im Video:

Trump ließ auch einen Clip von einer Rede abspielen, die der umstrittene kommunistische Oppositionelle Julius Malema im November 2022 hielt. Südafrikanische Delegationsmitglieder wiesen umgehend darauf hin, dass beide keine politischen Ämter in Ramaphosas Kabinett ausüben.

Darauf folgte ein Social-Media-Video, in dem weiße Kreuze in der südafrikanischen Landschaft zu sehen waren. Trump behauptete, dies sei eine Grabstätte für „Tausende“ von weißen Landwirten und deren Familien. Im Video ist eine temporäre Gedenkstätte zu sehen – laut Medienberichten eine Protestaktion, die nach der Ermordung eines weißen Landwirt-Paares am 6. September 2020 nahe Newcastle (Provinz KwaZulu-Natal) stattfand.

Die Kreuze wurden nach der Aktion, an der schwarze und weiße Menschen teilnahmen, wieder entfernt. Sie stellen also keine Grabstätten dar. Ramaphosa sagte, die Aufnahmen seien ihm bisher nicht bekannt gewesen.

Der US-Präsident und seine „Beweise“
Trump ließ sich nach Abspielen der Videos von seinem Vizepräsidenten J.D. Vance Ausdrucke diverser Artikel aushändigen. Das erste Dokument, das Trump in die Kamera hielt, ist auf ein Facebook-Posting vom 19. Mai zurückzuführen. Das geteilte Bild zeigt die Gesichter eines südafrikanischen Paares, das laut dem Posting in Mbombela attackiert wurde. Das Ehepaar lebt noch, obwohl Trump es für tot erklärte.

Trump fuchtelte mit ausgedruckten Berichten herum.
Trump fuchtelte mit ausgedruckten Berichten herum.(Bild: AFP/JIM WATSON)

Einen weiteren Artikel, der sich mit der Ankunft von 49 weißen Südafrikanern am Washingtoner Flughafen in Dulles (US-Staat Virginia) beschäftigt, kommentierte Trump mit: „Diese Familie wurde ausgelöscht.“ Dazu gibt es jedoch keinerlei Berichte, nicht einmal aus der rechten Bloggerszene.

Ein Ausdruck, den Trump als vermeintlichen Beweis für den Genozid präsentierte, stammt vom US-amerikanischen Blog „American Thinker“. Der Blogpost thematisiert Tribalismus (große Bedeutung von Stammeszugehörigkeiten) in Afrika, liefert jedoch keine Quellen, die die Behauptungen des vermeintlichen Genozids an weißen Bauern in Südafrika verifizieren könnten. Das Foto des Artikels, das Trump hochhielt, stammt von einem Youtube-Video, das Morde und Vergewaltigungen an Frauen im Kongo thematisiert.

Weißen Südafrikanern wird in den USA mittlerweile ein Flüchtlingsstatus zugesprochen. Im Bild werden Neuankömmlinge begrüßt.
Weißen Südafrikanern wird in den USA mittlerweile ein Flüchtlingsstatus zugesprochen. Im Bild werden Neuankömmlinge begrüßt.(Bild: AFP/CHIP SOMODEVILLA)

Sieben getötete Landwirte im Vorjahr
Laut der offiziellen Kriminalstatistik der südafrikanischen Polizei wurden im Vorjahr von April bis Dezember 19.696 Morde verzeichnet. Davon waren sieben Farmer, die in Südafrika häufig weiß sind. Die anderen 29 Opfer waren überwiegend Arbeiter, viele von ihnen sind schwarz. Ein Großteil der landwirtschaftlichen Fläche ist noch immer im Besitz der weißen Minderheit. 

In der Kriminalstatistik wird die Hautfarbe oder ethnische Herkunft der Mordopfer nicht angeführt. Ein Jahr zuvor sieht das Bild ähnlich aus. Laut „NBC“ kam es in ganz Südafrika auf knapp 300 Farmen in weißem Besitz zu Gewaltdelikten, wobei 49 Menschen getötet wurden. Zur Einordnung: Im Jahr 2023 verzeichnete Südafrika täglich 75 Morde. 

Während des Staatsbesuchs war auch der gebürtige Südafrikaner Elon Musk anwesend. Musk hatte bereits in der Vergangenheit das rechtsextreme Narrativ des „Genozids“ an weißen Bauern in Südafrika verbreitet. Trump selbst griff die Behauptung bereits in einem Tweet aus dem Jahr 2018 auf.

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