Nach all den Turbulenzen der Vergangenheit war man beim ÖFB im Rahmen der Bundeshauptversammlung um Einigkeit bemüht. Josef Pröll wurde am Sonntag einstimmig zum neuen ÖFB-Chef gekürt und die Strukturreform beschlossen, es gab Appelle, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen und sich einzig und allein der positiven Entwicklung des heimischen Fußballs zu widmen. Doch die altbekannten Brandherde schwelen weiter, und daran wird auch Pröll so schnell nichts ändern können.
Der Ex-Vizekanzler und frühere ÖVP-Chef dockt beim Verband an, ohne dass er einer bestimmten Fraktion des ÖFB zuzuordnen wäre. Das kann, wie Pröll betont, ein großer Vorteil sein, aber auch negative Konsequenzen haben. Österreichs größter Sportfachverband ist durchzogen von Seilschaften und Fallstricken – ein Durchnavigieren ohne Hausmacht und Allianzen dürfte ein schwieriges Unterfangen werden.
Für das Amt vorgeschlagen wurde Pröll von Niederösterreichs Landesverbandspräsidenten Johann Gartner, durchgesetzt haben seine Bestellung die Wahlausschussvorsitzenden Martin Mutz (Kärnten) und Josef Geisler (Tirol) gemeinsam mit Gerhard Götschhofer (Oberösterreich). Rund um Götschhofer und Geisler verläuft auch die Hauptfrontlinie im Präsidium und generell im ÖFB.
ÖFB-Team und Sponsoren für Neuhold, Präsidium für Hollerer
Das Duo gilt als Fürsprecher von Geschäftsführer Bernhard Neuhold, weiß in dieser Angelegenheit weite Teile der Sponsoren und – was besonders schwer wiegt – Teamchef Ralf Rangnick und die Teamspieler hinter sich. Die klare Mehrheit des Präsidiums hingegen steht hinter Generalsekretär Thomas Hollerer. Entlang dieses Grabens geht es um Posten, Macht und Geld.
Prölls Aufgabe ist es nun, Ruhe in den ÖFB zu bringen. Zwar hat er gemäß Strukturreform weniger Kompetenzen als die Präsidenten vor ihm, trotzdem ließ der 56-Jährige keinen Zweifel daran, sich aktiv in Verbandsangelegenheiten einzubringen. Eine baldige Entscheidung im Konflikt zwischen Hollerer und Neuhold ist von ihm allerdings nicht zu erwarten, womit es wohl zumindest vorerst bei der bisherigen Lagerbildung bleiben wird.
Dennoch könnte der Zeitfaktor für Pröll und für weniger Reibereien im Präsidium sprechen: Götschhofer, für viele im Präsidium seit Jahren eine Reizfigur, hat seinen Abschied für September angekündigt. Ihm folgt Stefan Sandberger – ein Bekannter Prölls – nach, der als deutlich konzilianter gilt.
Pröll vor Balanceakt
Pröll muss den Balanceakt schaffen, sowohl die Landeschefs im Präsidium als auch Rangnick zufriedenzustellen. Der Teamchef fordert höchste Professionalität, und das kostet Geld – Geld, das den Landesverbänden für den Breitensport fehlt. Hier kommt erschwerend dazu, dass die öffentlichen Zuwendungen für den ÖFB im Zuge des Sparpakets kleiner werden dürften. Zudem belastet das Infrastrukturprojekt in Wien-Aspern die Finanzen, nicht nur was die Errichtung, sondern auch was die Betriebskosten betrifft.
Die Herausforderungen für Pröll in seinem neuen Amt sind also groß, doch der neue Verbandschef hat neben seinen Erfahrungen in der Spitzenpolitik und als Generaldirektor eines Konzerns mit Milliardenumsatz noch einen weiteren Trumpf im Ärmel: Das Nationalteam hat sehr gute Chancen auf die erste WM-Teilnahme seit 28 Jahren, und in Zeiten des großen Erfolgs haben sich beim ÖFB traditionell alle lieb.
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