Polizei dementiert

Rechtes Netzwerk in OÖ: Haben Beamte Neonazis gewarnt?

Österreich
04.02.2013 13:40
Das Nachrichtenmagazin "profil" erhebt schwere Vorwürfe gegen den oberösterreichischen Verfassungsschutz: Laut einem Bericht in seiner aktuellen Ausgabe hätten zwei mit dem Problemfeld Rechtsradikalismus beschäftigte Beamte selbst enge Beziehungen zur Szene. Die Verfassungsschützer könnten dabei die Rechtsextremisten vor Hausdurchsuchungen gewarnt haben, heißt es in dem Beitrag. Die Polizei weist die Vorwürfe scharf zurück.

"profil" stützt sich bei seinen Anschuldigungen auf einen Bericht des Datenforensikers Uwe Sailer. Demnach seien im oberösterreichischen Verfassungsschutz nur noch drei Beamte mit rechtsextremistischen Untersuchungen beschäftigt, zuvor seien es fünf gewesen. Einer der Mitarbeiter habe sich mehrmals öffentlich für die Abschaffung des Verbotsgesetzes ausgesprochen. Der Mann sei außerdem "sympathisierendes Mitglied" der Burschenschaft "Arminia Czernowitz", die vom Dokumentationszentrum des österreichischen Widerstands als rechtsextrem eingestuft wird. Einer seiner Kollegen habe in kleinem Kreis wiederholt die Grünen als "Linksextremisten" bezeichnet und Stimmung gegen Homosexuelle gemacht.

"Böcke zu Gärtnern gemacht"
"Wie es aussieht, hat das Innenministerium Böcke zu Gärtnern gemacht", sagte Willi Mernyi vom Mauthausen Komitee am Montag. Er verlangte sofortige Aufklärung und verwies auf eine Aussage von Erich Ruzowitzky, in dessen Bauernhof (Bild) sich das vor Kurzem ausgehobene rechtsextreme Netzwerk "Objekt 21" einquartiert hatte: Der Vater von Regisseur Stefan Ruzowitzky berichtete im ORF, die Neonazis hätten ihm gegenüber auf Freunde bei der Polizei verwiesen, die sie vor anstehenden Hausdurchsuchungen gewarnt hätten.

"Wenn auch nur ein Teil der Vorwürfe stimmt, sind die Zustände im österreichischen Verfassungsschutz so katastrophal wie im deutschen", meinte Mernyi. Er spielte dabei auf die Affäre rund um die neonazistische Zwickauer Terrorzelle in Deutschland an, die zehn Morde verübt haben soll, obwohl sie vom Verfassungsschutz beobachtet worden war (siehe Infobox).

Polizei: Vorwürfe "haltlos und falsch"
Die Landespolizeidirektion Oberösterreich wies alle Vorwürfe zurück. Sprecher David Furtner verwehrte sich "auf das Entschiedenste" gegen die Anschuldigungen. Diese seien "haltlos und falsch". Im Verfassungsschutz seien weiterhin fünf Mitarbeiter für Rechtsextremismus zuständig, keiner von ihnen habe eine rechte Gesinnung. Weder sei ein Beamter "sympathisierendes Mitglied" einer rechtsextremen Burschenschaft, noch habe ein anderer die Grünen als "Linksextreme" bezeichnet. Alle Mitarbeiter seien politisch völlig neutral.

"Natürlich" hätten die Beamten Kontakte zur rechten Szene – das sei ihre Aufgabe, so Furtner weiter. Diese Praxis sei vergleichbar mit der Tätigkeit von Drogenfahndern, die Befragungen im entsprechenden Milieu durchführen. Die beschuldigten Ermittler würden "arbeiten, arbeiten, arbeiten – nicht selten auch in ihrer Freizeit". Offenbar könne man dem Verfassungsschutz auf inhaltlicher Ebene nichts anhaben, deshalb greife man jetzt die Beamten an.

Furtner machte weiters darauf aufmerksam, dass der Verfasser des brisanten Dossiers, das die Anschuldigungen enthält, niemals in einer Planstelle im Verfassungsschutz tätig gewesen sei. Sailers Vorwürfe seien "schleierhaft", könnten allerdings auf persönlichen Differenzen beruhen, sagte Furtner.

Nazi-Netzwerk ausgehoben
In Oberösterreich war im Jänner ein kriminelles Netzwerk mit teils rechtsextremem Hintergrund zerschlagen worden (siehe Infobox). Sechs Personen sind in U-Haft. Die Bande soll Einnahmequellen in Gewalt-, Eigentums- und Vermögensdelikten, in der Rotlicht-Szene sowie im Waffen- und Drogenhandel gehabt haben. Den Gesamtschaden bezifferten die Ermittler mit mindestens 3,5 Millionen Euro.

Einige Verhaftete sollen in Verbindung mit der rechtsextremen Gruppe "Objekt 21" stehen. In deren Unterkunft stellte die Polizei unter anderem Fahnen mit NS-Symbolen und einschlägige Schriften sicher. Das Netzwerk wurde von einer Sonderkommission der Kriminalpolizei ausgehoben, obwohl es bereits vorher zahlreiche Hinweise auf rechte Umtriebe gegeben hatte. Das hatte in Oberösterreich zu Kritik am Verfassungsschutz geführt.

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