„Electric First“ könnte die Devise bei BMW lauten. Zur ersten Fahrpräsentation der neuen 5er-Reihe hatten die Münchner ausschließlich i5-Modelle nach Portugal gebracht. Nun hatte ich die Gelegenheit, zu Hause den 520d xDrive zu fahren, also quasi einen i5 mit Verbrennungsmotor. Konkret den Basisdiesel mit Allradantrieb.
Optisch sind die beiden Fahrzeuge kaum zu unterscheiden. Auch beim Diesel ist die Niere aus Plastik mit eingelassener Sensorenabdeckung, kein klassischer, vollflächiger Kühlergrill, und einen Auspuff sieht man auch nicht. Natürlich auch keine Auspuffattrappen.
Im Video oben gehe ich mehr auf Details ein (auch hier im Videofahrbericht über den i5 gibt es einiges zu sehen, was für alle Antriebsvarianten zutrifft).
Der Kofferraum ist beim Verbrenner mit 520 Liter etwas größer als beim Stromer, die Rücksitzlehne lässt sich hier wie dort geteilt umklappen. Das Platzangebot auf der Rückbank ist aber für eine Business-Class-Limousine von 5,06 Meter Länge und drei Meter Radstand überraschend beschränkt - es mangelt an Kniefreiheit. Auf den vorderen Plätzen gibt es abgesehen von der etwas breit geratenen Mittelkonsole keine Einschränkung, allerdings wirkt der Türausschnitt beim Aussteigen etwas eng, die B-Säule ist im Weg.
Die Sitzposition an sich ist aber vom Feinsten, dank weiter Verstellmöglichkeiten von Sitz und Lenksäule findet man schnell eine ideale Einstellung. Die aufpreispflichtigen Komfortsitze sind bequem und bieten auch guten Seitenhalt, insbesondere im Sportmodus, wo sie die Seitenwangen der Sitzlehne verengen können.
Im Innenraum dominiert wie in allen BMWs der jüngsten Zeit das aufgesetzte Curved Display, statt dass sie dem 5er wie früher ein klassisches Cockpit mitgegeben hätten. Digitale Rundinstrumente gibt es weder für Geld noch für gute Worte. Die Mittelkonsole mit ihren zwei Handy-Ladeschalen ist etwas abgesetzt, geht also nicht fließend ins Armaturenbrett über. Der iDrive Controller genannte Drehdrücksteller blieb uns erhalten, auf der Fläche rund herum gibt es keine echten Knöpfe, sondern eine Klavierlack-Plastikfläche, auf der man Bereiche drücken kann. Das ist weder praktisch, noch wirkt es hochwertig.
Neues Bediensystem
Das neue Bediensystem des 5er-BMW macht manches richtig, etwa dass im Home-Modus immer die Navikarte im Vordergrund ist, während man am linken Rand Kacheln mit diversen Funktionen und Infos durchscrollen kann. Sehr praktisch, sehr übersichtlich. Manche Schrullen weist es aber auch auf, auf einige gehe ich oben im Video ein.
Tapferer Mildhybrid-Diesel
Der Antrieb bewegt das Auto naturgemäß nicht so geschmeidig, wie das im i5 der Fall ist, passt aber doch ziemlich gut zu dem Fahrzeug. Obwohl es sich nur um einen Vierzylinder-Diesel handelt und 197 PS für ein laut Zulassung gut 1,8 Tonnen schweres Auto nicht die Welt sind, wirkt der Motor weder angestrengt, noch schwach noch sonst wie unangenehm, weil er sehr gut gedämmt ist und mit seinen 400 Nm ab 1500 Touren plus 11-PS-Mildhybrid-Unterstützung gut zur Sache kommt.
7,3 Sekunden für den Standardsprint ist besser, als man das vielleicht erwarten würde, aber man wird den 520d ohnehin nicht dauernd als Sprinter missbrauchen. Jedoch reist es sich sogar auf langen Strecken auf freien deutschen Autobahnen sehr adäquat. Ein Reisetempo von rund 200 km/h ist entspannt zu machen, auch wenn man immer mal wieder vom Gas gehen muss, weil einem beim Beschleunigen auch in diesen Regionen nicht die Füße einschlafen. Hier wirkt sich sicher auch der cW-Wert von nur 0,23 etwas aus. Maximal läuft der Allradler übrigens 228 km/h.
Beim Verbrauch zeigt sich, dass ein Diesel eine vernünftige Wahl ist. Zwischen gut sechs und sechseinhalb Liter betrug der Verbrauch in Österreich. Der Testverbrauch insgesamt ergab 7,1 l/100 km, wobei da ein hoher Anteil deutscher Autobahnstrecken mit dabei war. Auch schnelles Fahren treibt den Verbrauch also nicht in schwindelerregende Höhen. WLTP-Verbrauch: 5,5-6,0 l/100 km.
Adaptivfahrwerk, Allradlenkung
Der Testwagen ist mit dem optionalen „Adaptiven Fahrwerk Professional“ samt Hinterradlenkung ausgestattet. Dieses erlaubt den Wechsel zwischen komfortablem Gleiten (wenn auch nicht Schweben) und durchaus sportlicher, aber nicht übertriebener Härte. Die Lenkung vermittelt im Sportmodus mehr Verbindlichkeit. Die Hinterräder lenken „nur“ um bis zu 2,5 Grad mit, was einerseits die Agilität fördert, andererseits aber nicht mit „eckigem“ Fahrverhalten irritiert. BMW hat den geringen Winkel bewusst gewählt, damit sich der 5er „natürlich“ anfühlt.
Feiner Autopilot
In Österreich ist zwar die autonome Fahrfunktion noch nicht erlaubt, der einfache Spurführungsassistent mit Adaptivtempomat funktioniert aber sehr zuverlässig. Und angenehm: Das Lenkrad ist mit einer leichten Berührung zufrieden, um das automatisierte Fahren zuzulassen, und das Auto folgt sogar relativ engen Autobahnkurven brav. Das Setzen des Blinkers löst auf Wunsch einen Spurwechsel aus - wenn gerade kein anderes Fahrzeug überholt. Leider geht der BMW auch dann davon aus, dass ein anderer Wagen gerade überholt, selbst wenn der andere Fahrer gar nicht schneller fährt, weil er den Spurwechsel zulassen will.
Diverse Software-Probleme
Im Testwagen hat nicht alles immer reibungslos funktioniert. So war es ein Kunststück, die passende Innenraumtemperatur einzustellen. Trotz Anmeldung per BMW-ID stellt der Wagen irgendwas ein, was nicht gepasst hat, zum Beispiel war beim Losfahren immer mal wieder das Heckrollo geschlossen. Manchmal aber auch nicht.
Außerdem versagten drei Tasten auf der Mittelkonsole den Dienst, wenn Apple CarPlay war und via Google Maps navigiert wurde oder via Spotify ein Podcast lief. Zum Testende hat das dann plötzlich funktioniert.
An einer Stelle an der hinteren Tür wird der Funkschlüssel nicht erkannt. Kommt man vom Kofferraum, kann es also passieren, dass man die Tür nicht öffnen kann, weil sie sich inzwischen verriegelt hat. Das massivste Problem war jedoch, dass einmal der Funkschlüssel nicht erkannt wurde. Zwar war (unter dem Getöse der Alarmanlage) ein Einsteigen mit dem integrierten mechanischen Schlüssel möglich, mehr aber auch nicht. Der Schlüssel wurde auch an dem dafür vorgesehenen Feld an der Lenksäule nicht erkannt. Nach einer Viertelstunde außer Reichweite war das Problem plötzlich gelöst. Ein Service-Mitarbeiter konnte aus der Ferne nur noch Fehlercodes auslesen.
Die Preise
In der Preisliste steht der BMW 520d xDrive mit 67.200 Euro. Mit Hinterradantrieb kostet der 520d 4200 Euro weniger. Billiger ist nur noch der 208 PS starke 520i um 62.100 Euro. Doch da die Aufpreisliste einiges hergibt und bei der Bestellung des Testwagens viele der Optionen angeklickt wurden, stehen knapp über 100.000 Euro im Datenblatt. Es sind also Extras im Wert von rund 35.000 Euro an Bord. Allerdings: Beim Adaptiven Fahrwerk Professional gibt es derzeit Lieferprobleme, deshalb wird es (vorerst) bis einschließlich Februar 2024 nur für die Plug-in-Hybriden und den i5 angeboten. Für den Testwagen haben sie im Werk Dingolfing eine Ausnahme gemacht.
Fahrzit
Wenn man vorher nicht den i5 gefahren hat, kommt einem nichts komisch vor, wenn man in den 520d xDrive einsteigt und den Motor anlässt. Der Antrieb ist kräftig genug, sparsam und leise. Und doch kommt nicht gar so ein BMW-Gefühl auf wie früher. Das Cockpit nimmt den Fahrer nicht so ein, wie das in der Vergangenheit in einem BMW der Fall war. Dennoch ist er ein angenehmer Weggefährte, weil er sich geschmeidig fährt und jeden Komfort bietet. Nun muss BMW nur schleunigst Sicherheit in die digitalen Funktionen bringen. Diese Vielzahl an Problemen ist für ein offizielles Presse-Testfahrzeug ungewöhnlich. Der Antrieb ist jedenfalls absolut ausreichend für den 5er - wer mehr will, kann aber auch mehr bekommen. Die elektrischen und elektrifizierten gibt es schon, im Frühjahr kommt die restliche Palette dazu. Und der Touring.
Warum?
Der Vernunftantrieb ist kein Fehler
Feines Fahrverhalten
Warum nicht?
Nicht der Geräumigste
Oder vielleicht ...
... Mercedes E-Klasse, Audi A6
Kommentare
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